von Grünrock am Sa 7. Jul 2018, 09:48
Hallo Romulus,
natürlich würde es helfen, "europäische Handelsschranken und Subventionen abzubauen" … und nicht mehr die "afrikanische Küste durch EU-Schiffe leer zu fischen". Aus meiner Sicht dämpft das dann den Prozess zur Entwicklung von Arm und Reich etwas - beendet diesen aber nicht. Das bedeutet, dass sich die Schere von Arm und Reich weiter öffnen wird, bis ganz wenige allen Reichtum besitzen und der Rest bettel arm ist. Schau Dich um in den USA. Was hat denn zu den jetzigen Prozessen geführt?
Für mich wäre es auch nicht eine Frage der Definition von Arm und Reich in Europa oder in Afrika. Die Gesellschaft wird immer mehr gespalten und auch die Welt erlebt z. Z. diese Spaltung. Die Angst vor der Globalisierung erreicht die Bevölkerungen in aller Welt. Es ist eigentlich die Angst vor der Konzentration und Zentralisierung des Kapitals - verbunden mit grenzenloser Profitgier. Wir haben weltweit eine Stufe der gesellschaftlichen Entwicklung erreicht, die dazu geführt hat, dass sich ein tendenzieller Fall der Ertragsrate in den weltweit operierenden Konzernen vollzieht. Das heißt, dass durch die Entwicklung von Wissenschaft und Technik immer weniger Menschen mehr produzieren müssen, womit der zu erlösende Mehrwert je Arbeitskraft immer geringer wird. Das hat zur Folge, dass man dem tendenziellen Fall der Ertragsrate nur noch durch territoriale Ausbreitung des Produktions- und Absatzfeldes, begegnen kann. Praktisches Resultat dessen ist, dass in vielen Ländern die Arbeitsplätze in der eigenen Wirtschaft verloren gehen und damit Steuereinnahmen fehlen und die sozialen Sicherungssyteme zusammenbrechen. Die Länder, die bereits daran kranken, braucht man nicht zu benennen, denn es ist bereits die Mehrheit der Euroländer, von Afrika, Lateinamerika, Indien usw. ganz zu schweigen. Wie bereits festgestellt, führt der tendenzielle Fall der Ertragsrate auch dazu, dass mehr Güter produziert werden müssen, um zu den "überlebenswichtigen" Steigerungsraten der Konzerne zu gelangen. Das hat bereits eine riesige Überproduktion geschaffen, die zusätzlich die Ertragsrate der Großkonzerne sinken lässt. Genau das bremst z. Z. natürlich auch die weltweiten Investitionen, da keine Unternehmung Erweiterungsinvestitionen anfasst, wenn der Absatz einbricht. Deshalb versucht man z. B. von Seiten der EU mit einer negativen Zinspolitik die Investitionen wieder anzukurbeln. Aus meiner Sicht hilf- und zwecklos. Ferner wird hilf- und zwecklos versucht, die Prozesse durch nationale Abschottung, internationalen Handelsschranken und vermehrten Kriegen "entgegenzutreten". Damit wird aber lediglich der Widerspruch zwischen Arm und Reich oder besser zwischen Kapital und Arbeit etwas gebremst - aber eben nicht aufgehoben.
Ich bin mir sicher, dass wir auch in Deutschland alsbald grundsätzliche Einschnitte erleben werden, da wir einer der Treiber der sog. Außenhandelsüberschüsse sind und bei Ausgleich der Überschüsse den Lebensstandart drastisch senken müssten. Das wird eine weitere Gefahr heraufbeschwören, denn nach der nationalen Abschottung und dem Handelskrieg folgten geschichtlich oft sehr bald heiße Kriege.
Volkswirtschaftlich stellt sich deshalb u. a. die Frage, ob und inwieweit die Steigerungsraten in der Wirtschaft noch vertretbar sind, weil diese eine Stufe erreicht haben, die eine Weltwirtschaftskrise (gemeinsam mit einer Überproduktionskrise, Umweltkrise u. a. m.) oder eben weltweite Kriege auslösen müssen. Das ist keine linke oder rechte Theorie, sondern wird gegenwärtig bei namhaften Volkswirtschaftlern diskutiert. Alles in Allem - wir werden gesellschaftliche Umbrüche erleben, so oder so! Natürlich hängt eine Mehrheit in Deutschland an dem was ihnen gerade noch geblieben ist - und Veränderungen werden eher weniger gewünscht. Deshalb hängt man auch an Merkel, da diese für die meisten Menschen "Kontinuität" und Bewahrung des Bisherigen verspricht". Diese Versprechen wird man zukünftig nicht mehr einlösen können. Jeder von uns bemerkt, dass das Vertrauen in die Regierung schwindet. Als erstes wird der bisherige Überbau der Staaten kaputt gehen. Die Menschen glauben vermehrt nicht mehr daran, dass die Parteien und die Parteiendemokratien die Probleme der Menschen lösen können. Aber auch die sich herausbildenden Bewegungen können die Hoffnungen der Menschen auch nicht erfüllen, da sie in der Tat nicht regieren, denn Profit und das Geld regieren. Das wird dazu führen, dass die Menschen nach den "grundlegenden gesellschaftlichen Konstruktionsfehlern" suchen. Sie werden diese finden und ein neues gesellschaftliches Zusammenleben entwickeln. Das dann, wenn es uns vergönnt ist, einen weltweiten Krieg zu vermeiden.