c_g hat geschrieben:Desweiteren wird noch ein Schreiben des IDAV Oder-Spree e. V. nachgereicht.
(Leider ging es nicht mit pdf)
Interessenverband für Dezentrale Abwasserbehandlung und Verwertung - IDAV Oder-Spree e. V. -
Mitglied im ,,Aktionsbündnis für eine nachhaltige Abwasserpolitik im Land Brandenburg“
und Mitglied im Bundes-Bürger-Bündnis „Wasser in Bürgerhand (WIB)“
Ernst-Thälmann-Straße 44
15890 Fünfeichen, den 03.01.2008
„Abwasser-Beseitigung oder Schmutzwasser- Verwertung“? das ist hier die Frage.
1. Vorbemerkungen
- Die folgenden Ausführungen sollen der Entwicklung einer nachhaltigen (zukunftsfähigen) Abwasserpolitik in Siedlungsgebieten
und im ländlichen Raum dienen.
- Der hier verwendete Abwasserbegriff geht von den beiden rechtsrelevanten Kriterien für Abwasser aus,
a) den durch Gebrauch eintretenden Veränderungen der Eigenschaften von Trinkwasser zu Schmutzwasser und
b) den durch Abfließen des Schmutzwassers dokumentierten Willen des Schmutzwassererzeugers, sich seines Eigentums als
Abwasser zu entledigen. Für Rechtsauffassungen analog dem Lüneburger „Kaffeesatzurteil“ aus 2002, wonach die
Abfließgrenze im Interesse der Abwasserlobby einfach mal bis an den Wasserhahn im Haus vorverlegt wird, und so der Zugriff zum häuslichen Schmutzwasser, dem Eigentum des Erzeugers, möglich wird, ist hier kein Platz.
2. Abwasserbeseitigung
Nachdem in Deutschland vor ca. 130 Jahren die „end-of-pipe“-Philosophie, die mit der Schwemmkanalisation verbundene Abwasserbehandlung und -beseitigung in Zentralkläranlagen, eingeführt wurde, gewinnt seit den 30er Jahren des vorigen
Jahrhunderts die dezentrale Behandlung häuslicher Schmutzwässer an Bedeutung. Die dezentrale Schmutzwasserbehandlung ohne kilometerlange Kanalsysteme bringt nicht nur entscheidende ökonomische, sondern auch wesentliche soziale und ökologische Vorteile. Der Hauptvorteil aus ökonomischer Sicht besteht in der Einsparung von 70-80% der Kosten einer Abwasserinvestition, da dieser Anteil allein auf den Bau der Kanalsysteme entfällt (Kanalisationskosten je Kilometer zwischen 100.000 und 400.000 €). Auch die dezentrale Beseitigung des behandelten häuslichen Schmutzwassers wird über
Abwasseranlagen mit kürzesten Abfließwegen realisiert. Unter Beachtung der ökologischen Forderungen zur Nachhaltigkeit (Zukunftsfähigkeit) der Abwasserbehandlung besteht der besondere Vorteil der Dezentralisation darin, dass die
Behandlung an der Quelle der Entstehung der Schmutzwässer erfolgt, und dass dadurch die Vermischung der mit Abstand harmlosesten Schmutzwässer aus Haushalten mit den gefährlichen Inhaltsstoffen z.B. aus Krankenhäusern, Industrie und Gewerbe gar nicht erst erfolgt. Beide Wege, die Zentralisation und die Dezentralisation der Schmutzwasserbehandlung
und -beseitigung erfolgen nach dem gültigen „Stand der Technik“, wonach „gefährliche Stoffe“ behandelt werden müssen. Der „Stand der Technik“ wird durch „Regeln der Technik“ dokumentiert, welche in Deutschland vor allem im Regelwerk der DIN (Deutsche Industrie-Norm) und im Regelwerk der ATV (Abwassertechnische Vereinigung)
niedergelegt sind. Die Beschreibung von kleinen Abwasserbehandlungsanlagen (< 8m³/Tag) nach § 18c WHG (Wasserhaushaltsgesetz) in Verbindung mit den für die Abwasserbeseitigung erforderlichen Abwasseranlagen nach § 18b WHG erfolgt detailliert in der DIN 4261- Kleinkläranlagen (siehe Abbildung 1). Die eindeutige formale und inhaltliche Beschreibung
des Begriffes - Kleinkläranlage (KKA) - durch das Deutsche Institut für Normung impliziert den Standpunkt, dass eine anderweitige Verwendung des Begriffes KKA für kleine Anlagen anderer Bauart und Funktionsweise zu Irrtümern und Fehlentscheidungen führen muss.
Leider gibt es im Land Brandenburg zunehmend Erscheinungen der Art, dass insbesondere durch Behörden und Verwaltungen mit dem technisch eindeutigen Begriff KKA mehrdeutig im Sinne des Aufbaus und der Funktion umgegangen wird, um so
fiskalischen Zwang ausüben zu können. Von entscheidender Bedeutung für die Anwendung, Bemessung und Ausführung von KKA
ist neben der in den o. g. Gesetzen genannten Größenbegrenzung (8 m³ tägliche Einleitung) die Funktion dieser Anlagen. Diese Funktion geht unabhängig davon, ob neben der grundsätzlichen mechanischen Klärung in einer Mehrkammergrube zusätzlich eine biologische Reinigung (z.B. Pflanzenbeet) erfolgt, davon aus, dass das behandelte häusliche Schmutzwasser, wenn es die Behandlungsanlage verlässt, durch eine Abwasseranlage abfließt und erst damit zu Abwasser wird. Die Abwasser- und Stoffströme folgen der „Linearen Technologie“ nach Abbildung 1a und stellen durch Beseitigung über Oberflächengewässer einen vollständigen Verlust des Wassers und der Inhaltsstoffe dar.
Diese Abwasseranlage besteht entweder aus Sickergräben, und/oder aus Sickergruben, oder aus einer Vorflut zum Abfluss in ein Oberflächengewässer. Die beiden grundlegenden Funktionen einer KKA bestehen also
1. in der Behandlung des häuslichen Schmutzwassers und
2. in der Beseitigung, d.h. in der Einleitung des behandelten häuslichen Schmutzwassers in ein Gewässer (Grundwasser oder
Oberflächengewässer).
Beide Funktionen sind in ihrer Einheit bestimmend dafür, ob es sich bei einer technischen Lösung zur Behandlung häuslicher Schmutzwässer um eine Kleinkläranlage handelt. Das bedeutet ganz konkret, dass z.B. die bloße Existenz einer Behandlungsanlage ohne Abwasseranlage nicht die Funktion einer Kleinkläranlage erfüllt und demzufolge auch
fachlich und juristisch nicht als solche bewertet werden kann. Dass eine KKA ausschließlich der Abwasserbeseitigung dient und deshalb immer mit einer Gewässerbenutzung verbunden ist, steht außer Zweifel, denn bereits in der KKAVerordnung
des Landes Brandenburg vom 27.05.1994 hieß es dazu: “Mit dem Betrieb einer KKA ist stets auch eine Gewässerbenutzung im Sinne der §§ 2 und 3 des Wasserhaushaltsgesetzes (WHG) verbunden“.
Dass eine KKA nicht nur zur Behandlung häuslicher Schmutzwässer dient, sondern zugleich mit einer Abwasseranlage für die Einleitung des Abwassers verbunden ist, wird auch im Entwurf zur neuen KKA-Verordnung des Landes Brandenburg vom 12.03.2002 erneut unterstrichen. Es heißt dort: “Die dezentrale Abwasserbeseitigung mittels KKA im Sinne dieser Richtlinie ist stets mit dem Einleiten von behandeltem Abwasser in ein fließendes Gewässer (i. S. der Nr. 4 Abs. 1 § 3 WHG) oder durch den Boden ins Grundwasser (i. S. der Nr. 2 Abs. 2 § 3 WHG) verbunden und stellt somit eine
Gewässerbenutzung dar. Die immer wieder von Behörden und Verwaltungen vorgetragene Behauptung, allein aus der Größenordnung einer Behandlungsanlage (bis 8 m³ täglicher Zufluss) lasse sich das Vorhandensein einer KKA begründen, entbehrt nicht nur jeglicher Fachkunde, sondern zeugt vor allem von fehlendem Sachverstand. Häufig handelt es sich hier um eine Zwecklüge, um denjenigen Bürgern, welche ihr behandeltes häusliches Schmutzwasser nicht einleiten, dennoch eine Einleiterlaubnis aufnötigen zu können.
Erst aus der Einleitfunktion, d.h. aus der Gewässerbenutzung, ergeben sich entscheidende Anforderungen an den Gewässerschutz, da das behandelte Schmutzwasser noch immer eine Vielzahl von Inhaltsstoffen mit sich führt, die nach den
Gesetzen der Natur weder in das Grundwasser, noch in ein Oberflächengewässer gehören. Diese vor allem anorganischen Bestandteile wie Stickstoff, Phosphor und Kohlenstoffverbindungen gehören im Sinne der Nachhaltigkeit in die Bodenkrume und
dienen im natürlichen Stoffkreislauf der Sicherung der Bodenfruchtbarkeit.
3. Verwertung häuslicher Schmutzwässer
Die bisherige, unter Vernachlässigung der ökologischen Dimension vollzogene Entwicklung, die behandelten Schmutz- und Abwässer aus Groß- und Kleinkläranlagen durch Einleitung zu beseitigen, führt nicht nur zu schwerwiegenden ökologischen Schäden, sondern schafft zunehmend auch ökonomische und soziale Verwerfungen. Diese Konflikte unserer bisherigen Entwicklung haben insbesondere für den ländlichen Raum zu neuen Lösungsansätzen geführt, die bis heute ein hohes Maß an technischer Reife erreicht haben. Mit diesen Lösungen wird der Paradigmenwechsel von der 120-jährigen veralteten Technologie der Beseitigung hin zur vollständigen Verwertung häuslichen Schmutzwassers vollzogen.
Das betrifft sowohl die Entwicklung unterschiedlicher Verfahren zur Behandlung häuslicher Schmutzwässer als auch die Vermeidung der Einleitung durch Entwicklung technologischer Linien, bei denen das behandelte Schmutzwasser nicht weggeleitet wird, sondern am Entstehungsort zur Wiederverwendung verbleibt, z.B. als Toilettenspülwasser
oder als Teichwasser für Gartenteiche. Als Synonym für solche Lösungen gelten Begriffe wie „Abwasserfreies Grundstück“ oder
„Nutzwasser-Rückgewinnungs-Anlage (NRA)“ (siehe Anlage 2).
All diesen Lösungen ist gemeinsam, dass sie das häusliche Schmutzwasser biologisch und chemisch-bakteriell behandeln und danach in der Regel in Gartenteichen stapeln, damit es zum günstigsten Zeitpunkt erneut in Haus und Garten Verwendung findet. Weil mit solchen Anlagen dem Land seine Wasser- und Nährstoff-Ressourcen erhalten bleiben und zugleich durch Nichteinleitung ein vollständiger Gewässerschutz gewährleistet wird, verkörpert diese technische Lösung der Schmutzwasseraufbereitung den bisher höchsten Umweltstandard, denn die Wasser- und Stoffströme folgen nun nicht mehr den
Gesetzen der Ressourcenvernichtung, sondern den Gesetzen der Kreislauswirtschaft (siehe Abbildung 2a).
Diese Technologie folgt den Leitbildern der kurzen Stoffkreisläufe und erfüllt damit bekanntlich am ehesten die Anforderungen an Nachhaltigkeit. Diese dezentralen technischen Lösungen werden unabhängig von der technischen Art und Weise der
Schmutzwasserbehandlung in vollem Umfang den Forderungen des Kreislaufwirtschaftsund Abfallrechts gerecht, denn sie erzeugen nicht Abwasser, sondern Abfall. Noch immer vorhandene Versuche, solche Lösungen mit Kleinkläranlagen gleichzustellen und mit den vorhandenen Gesetzen für Kleinkläranlagen zu bewerten, widersprechen dem heutigen Stand der Technik und sind gegen den wissenschaftlich-technischen Fortschritt gerichtet. In diesem Sinne vorhandene kontraproduktive Rechtsprechungen richten mit der Zeit erheblichen volkswirtschaftlichen, ökologischen und sozialen Schaden an.
Da auf Grund des technischen Fortschritts im letzten Jahrzehnt einerseits und durch den Druck der außerparlamentarischen Opposition andererseits in den Bundesländern zunehmend Bekenntnisse der Landesregierungen zu dezentralen Lösungen als Alternative bei der Abwasserbeseitigung entstanden sind, werden nun als Antwort der Wasser/Abwasserlobby alle Ebenen der drei staatstragenden Säulen (Legislative, Exekutive, Judikative) im Sinne der Zentralisation zurückfunktionalisiert. Das maximale Zugeständnis ist die Abwasserbeseitigung durch Kleinkläranlagen. Dagegen wird den Bürgern die Aufbereitung ihres häuslichen Schmutzwassers nach dem Stand der Technik sowie die Wiederverwendung und vollständige Verwertung des gewonnenen Nutzwassers nach den Regeln der Technik und des Umweltschutzes mit unglaublichen Mitteln und
Methoden der Gewalt verwehrt. Obwohl die in Abbildung 2 dargestellte Strategie der Verwertung des häuslichen
Schmutzwassers als Abfall vollständig gesetzeskonform mit dem geltenden Kreislaufwirtschafts- und Abfallrechts ist, wird von funktionalisierten Richtern die Inanspruchnahme dieses Gesetzes ohne Begründung einfach untersagt.
Deshalb ist hier nochmals festzustellen, dass Nutzwasserrückgewinnungsanlagen (NRA) gemäß Abbildung 2 das häusliche Schmutzwasser weder in ein Gewässer noch in Abwasseranlagen einleiten, und dass somit gemäß § 2 (6) des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes kein Abwasser sondern Abfall entsteht. Um gegen diese unübersehbare Entwicklung der Konterkarierung des Hilferufs der Umwelt - „Lasst das Wasser im Land“ - ein Zeichen zu setzen, hatte der Bundespräsident Horst Köhler bereits im Herbst 2006 die Firma Huber aus Bayern mit dem Deutschen Umweltpreis ausgezeichnet. Diese Auszeichnung der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) für die Entwicklung innovativer Technologien zur Wiederverwendung von Abwasser nach dem einzigen Nachhaltigkeitsprinzip - „Weg vom Abwasser, hin zum Wertstoff“ - hat jedoch bisher zu keiner nachhaltigen politischen Reaktion, sondern lediglich zu immer mehr Gewalt durch die Abwasserlobby geführt.
Diese zunehmende Wut der Lobby und ihrer funktionalisierten kommunalen Einrichtungen ist durchaus verständlich, denn im Gegensatz zu politischen Gesetzen lassen sich weder die Gesetze der Natur noch das Prinzip der Subsidiarität auf Dauer ignorieren. Das Führerprinzip ist Gott sei Dank mit dem III. Reich untergegangen. Wir folgen mit den technischen Lösungen nach Abbildung 2 und 2a den Gesetzen der natürlichen Kreisläufe ebenso wie den geltenden politischen Gesetzen der
Kreislaufwirtschaft, nach denen wir zur Wiederverwendung und Verwertung unseres Abfalls nicht nur berechtigt sondern gesetzlich verpflichtet sind. Wir überlassen unsere Abfälle (häusliches Schmutzwasser) der öffentlichen Hand erst dann zur Beseitigung, wenn wir gemäß § 13 (1) des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes diesen Abfall ganz oder in Teilen nicht mehr verwerten können oder wollen.
Die Pioniere der Abwasserpolitik haben seit Mitte der 90er Jahre nicht nur die Wende von der zentralen zur dezentralen Abwasserbeseitigung, sondern bereits den zweiten entscheidenden Schritt, den Paradigmenwechsel - „Weg von der Beseitigung, hin zur Verwertung“ - bereits vollzogen. Diese Entwicklung hält niemand auf!
4. Genehmigungen
Die Krönung jeder Macht - egal auf welcher Ebene - besteht erfahrungsgemäß darin, Erlaubnisse oder Genehmigungen erteilen zu dürfen. Da, wie im Punkt 2. Abwasserbeseitigung beschrieben, die Beseitigung des behandelten häuslichen Schmutzwassers immer durch Einleitung in ein Gewässer erfolgt, und damit immer eine Gewässerbenutzung nach § 3 Wasserhaushaltsgesetz vorliegt, wird natürlich dafür eine Einleiterlaubnis (Wasserrechtliche Erlaubnis) durch die jeweilige Untere Wasserbehörde erforderlich. Eine solche Erlaubnis erteilt die Behörde in der Regel immer erst dann, wenn zuvor durch den zuständigen Abwasserzweckverband die Befreiung vom Anschluss- und Benutzungszwang erteilt wurde. Daran gewöhnt, dass Macht nicht ohne Genehmigungen und Erlaubnisse existieren kann, taucht nun natürlich immer wieder die unterwürfige Annahme auf, dass auch die Verwertung des häuslichen Schmutzwassers ohne Erlaubnis gar nicht möglich sei. Um hier den Verdacht individueller Auslegungen gar nicht erst aufkommen zu lassen, zitiere ich hier aus einem Leitfaden des Bundeswirtschaftsministeriums zur Kreislaufwirtschaft:
„Nach dem Kreislaufwirtschaft- und Abfallgesetz sind die Erzeuger und Besitzer von Abfällen nicht nur berechtigt, sondern rechtlich verpflichtet, Abfälle… zu verwerten. In dieser Verpflichtung des Besitzers zur Verwertung liegt eine einschneidende
Beschränkung der Beseitigungsoption. Ihre strukturelle Bedeutung kann gar nicht hoch genug eingeschätzt werden. Dem Abfallbesitzer ist nach neuer Rechtslage das verboten, wozu er früher gesetzlich verpflichtet war, nämlich den Abfall der öffentlichen Hand zur Beseitigung zu überlassen.“
Dieses unser Recht zur genehmigungsfreien Verwertung schließt jedoch eine vorherige wesentliche Handlungsvollmacht der Unteren Wasserbehörden ein. Die UWB haben auf Antrag zu bestätigen, dass im jeweils vorliegenden Fall kein Einleittatbestand nach § 3 WHG und damit keine Gewässerbenutzung erfolgt, und dass somit keine wasserrechtliche Erlaubnis erforderlich wird. Um den Vollzug dieser Verpflichtung der Unteren Wasserbehörde muss erforderlichenfalls durch Feststellungsklage gestritten werden.
Zabel
AG Recht
Anlagen: Abbildung 1 und 1a
Abbildung 2 und 2a