Frankfurt und die Nöte der anderen

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Frankfurt und die Nöte der anderen

Beitragvon sachsenjäger am Fr 10. Mai 2013, 19:24

Frankfurt und die Nöte der anderen

Der Deutsche Städtetag trifft sich in Frankfurt. Der Gastgeber bildet so etwas wie eine Insel der Seligen im Meer der 5100 Städtetags-Mitglieder. Armutswanderung, Investitionsmöglichkeiten - Frankfurt ist von vielem viel weniger betroffen als andere Kommunen. Ein Problem wird Frankfurt aber genau wie alle anderen massiv treffen.
Lange, sehr lange haben die Kommunalpolitiker im Römer auf diesen Tag warten müssen. Vor genau 30 Jahren kam die Hauptversammlung des Deutschen Städtetages schon einmal in Frankfurt zusammen. Damals hatte Oberbürgermeister Walter Wallmann (CDU) die Gäste aus der ganzen Republik begrüßt. Und jetzt also wieder ein Treffen der deutschen Kommunen am Main. Eingefädelt hatte das noch die frühere OB Petra Roth (CDU) – eigentlich hatte sie, die langjährige Städtetags-Präsidentin, die Hauptversammlung noch willkommen heißen wollen.

Aber dann kam alles anders. Roth räumte frühzeitig den OB-Sessel. Und der von ihr erhoffte Nachfolger, der hessische Innenminister Boris Rhein (CDU), verlor im März 2012 die OB-Wahl.

Als Städtetags-Präsident Christian Ude (SPD) am Dienstagmittag den Raum „Spektrum 2“ im Congress Center Messe betritt, ist nichts zu sehen von Petra Roth, der Frau, mit der Ude sich seit 2005 im Vorsitz des Städtetages abgewechselt hatte. Der Sozialdemokrat gibt sich aufgeräumt und leutselig wie immer – doch auch er ist jetzt auf Abschiedstour. Mit 65 Jahren darf er nicht noch einmal antreten. Sein designierter Nachfolger, der Nürnberger OB Ulrich Maly (SPD), steht schon bereit.

Einen wirklichen Aufbruch für die deutschen Städte hat auch Ude in seiner Amtszeit nicht erreichen können, eher führte er wie Roth politische Abwehrkämpfe. Gegen eine Abschaffung der Gewerbesteuer zum Beispiel: Da war der Sozialdemokrat erfolgreich. Aber er konnte nicht verhindern, dass die meisten deutschen Kommunen unter der Last ihrer Schulden ächzen. 2008 waren es noch 30 Milliarden, mittlerweile sind es 48 Milliarden Euro.

Helmut Himmelsbach, Udes parteiloser Stellvertreter und OB von Heilbronn, muss den Journalisten mitteilen, dass etliche Städte „keine Möglichkeit mehr haben zu investieren.“ Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland sind solche Krisenzonen und die neuen deutschen Bundesländer. Da ist Frankfurt trotz Sparpakets immer noch gut dran mit seinen mehr als 280 Millionen Euro an Investitionen im Jahr.

Die Sparpläne im Römer treffen auch Kinder, Kultur und Kliniken. Ein Blick auf vier Beispiele.
Höhere Gebühren in Kitas und Krippen: Die Erhöhung der Gebühren für Kindertagesstätten und Krippen ist sicherlich den Grünen besonders schwer gefallen. Sie soll 2014 in Kraft treten wie die meisten anderen Anhebungen der städtischen Tarife und Eintritte auch. Wie hoch, ist noch offen. Unter dem Strich will die Stadt auf diese Weise Mehreinnahmen von drei Millionen Euro im Jahr erzielen.

Schon im Jahr 2012 hatte Stadtkämmerer Uwe Becker (CDU) eine Anhebung der Kitagebühren angekündigt. Die Kraftanstrengung der Kommune, die Zahl der Betreuungsplätze ständig weiter auszubauen, lasse sich anders nicht aufrechterhalten. Die Stadt wird den gesetzlichen Anspruch auf einen Kitaplatz für alle Kinder von ein bis drei Jahren auf keinen Fall erfüllen können. Er gilt vom 1.August 2013 an. Rund 3500 Kita-Plätze fehlen noch immer, um allein eine Versorgungsquote von nur 50 Prozent zu erreichen....

Noch einmal sieht sich Ude mit den Problemen der Mitglieds-Kommunen konfrontiert, der „Armutswanderung“ zum Beispiel: Das ist der Euphemismus dafür, dass Menschen aus Europas Osten vermehrt in deutsche Städte kommen. Wieder darf Frankfurt aufatmen: Die Kommune ist viel weniger betroffen als andere.

Der Gastgeber des Deutschen Städtetages bildet also so etwas wie eine Insel der Seligen im Meer der 5100 Städtetags-Mitglieder. Ein Problem wird freilich auch Frankfurt massiv treffen. Vom 1. August an gibt es den Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz für jedes bis zu dreijährige Kind. „Wir ahnen, dass es zu Klagen von Eltern kommen wird“, sagt Ude. Denn natürlich gibt es auch in Frankfurt viel zu wenige Kita-Plätze.

„Bund und Land müssen sich an der Schadensregulierung finanziell beteiligen, denn sie haben den Rechtsanspruch in die Welt gesetzt“, sagt Ude grimmig. Das ist natürlich, jeder im Raum „Spektrum 2“ weiß es, ein frommer Wunsch.
sachsenjäger
 
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