Krieg in Europa und der deutsche Schlingerkurs

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Re: Krieg in Europa und der deutsche Schlingerkurs

Beitragvon Heinze am Fr 14. Apr 2023, 19:04

Baerbock trifft Xi - doch dem sind ihre Ermahnungen jetzt egal - Prof. Görlach, 13.04.2023, u.a. Focus-Online

Annalena Baerbock reist nach Peking. Xi Jinping indes weiß, dass er den deutschen Bundeskanzler und den französischen Staatspräsidenten bereits „im Sack“ hat. Die Außenministerin wird ihm angesichts dieser Tatsache eher wie eine lahme Ente erscheinen.

Im Herbst reiste Scholz bereits mit einer Wirtschaftsdelegation nach Peking, um Aufträge für die deutsche Industrie einzuheimsen. Einer chinesischen Firma erlaubte er eine Investition in einen Terminal des Hamburger Hafens, obwohl ihm wirklich alle Experten abgeraten hatten, Peking so nahe an kritische Infrastruktur in Deutschland zu lassen.

Für den Moment allerdings gilt, dass die Bundesregierung immer noch nicht die lange erwartete China-Strategie vorgelegt hat und Baerbock daher mit ihrer eigenen Agenda, einer "wertegeleiteten, feministischen Außenpolitik" in Peking aufschlägt.

Baerbock hat in der Vergangenheit China aufgefordert, von seinem Kriegstreiben abzusehen und wurde dafür von Peking gemaßregelt. Zudem hat Peking ihre Warnungen in den Wind geschlagen und mit der jetzigen Seeblockade der Insel noch einmal jene aus dem vergangenen August, als die US-Politikerin Nancy Pelosi das demokratische Taiwan besuchte, übertroffen.

Xi Jinping weiß, dass er den deutschen Bundeskanzler und den französischen Staatspräsidenten "im Sack" hat. Die Außenministerin wird ihm angesichts dieser Tatsache wie eine lahme Ente erscheinen.

Es kam genau so schlimm, wie es erwartet wurde: Die deutsche Außenministerin liefert sich auf der Pressekonferenz mit ihrem chinesischen Amtskollegen in Peking einen verbalen Schlagabtausch, belehrt ihn und droht China.

Wie gewohnt trat sie auch bei der Pressekonferenz mit ihrem chinesischen Amtskollegen anlässlich ihres Besuchs in China als Lehrmeisterin auf und sorgte dafür, dass Deutschland auf der Beliebtheitsskala in China erneut Boden verlor. "Aber ich muss offen sagen, dass ich mich frage, warum die chinesische Positionierung bisher nicht die Aufforderung an den Aggressor Russlands beinhaltet, den Krieg zu stoppen", sagte sie beispielsweise.

Baerbock lieferte sich einen regelrechten Schlagabtausch, belehrte den chinesischen Außenminister Qin Gang über Menschenrechte, zog rote Linien hinsichtlich von Waffenlieferungen Chinas an Russland und warnte China vor den Folgen einer militärischen Eskalation in der Straße von Taiwan. Im Grunde ist das eine grobe Verschätzung des Kräfteverhältnisses in der Welt und der tatsächlichen Chancen und Möglichkeiten von Deutschland.

Es blieb unklar, was Baerbock in China wirklich konkret erreichen wollte. Erreicht hat sie, dass man künftig um sie einen noch größeren Bogen machen wird. Ein misslungener Antrittsbsuch. Ein Teil der deutschen Presse sieht das anders - aber Schönmalerei und ein Hofknicks der Leitmedien helfen uns nicht weiter. Auch der SPD-Seheimerkreis sieht die Reise Bärbocks sehr kritisch, weil sie wohl nicht so genau wisse, was für Deutschland in China z. Z. auf dem Spiel steht.
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Re: Krieg in Europa und der deutsche Schlingerkurs

Beitragvon biene am Mo 17. Apr 2023, 16:13

UN-Menschenrechtsrat fordert Ende der Sanktionspolitik westlicher Staaten - "Amerika21", von Ben Norton am 16.04.2023

Die "Resolution zu den negativen Auswirkungen einseitiger Zwangsmaßnahmen auf die Wahrnehmung der Menschenrechte" wurde mit großer Mehrheit angenommen (QUELLE:@UN_HRC)

Genf: Der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen hat sich mit überwältigender Mehrheit gegen Sanktionen ausgesprochen. Die einzigen Länder, die dagegen stimmten, waren die USA, Großbritannien, Mitgliedstaaten der Europäischen Union, Georgien und die Ukraine.

Das Dokument A/HRC/52/L.18, "fordert die Abschaffung solcher Maßnahmen, da sie gegen die Charta der Vereinten Nationen und die Normen und Grundsätze für friedliche Beziehungen zwischen den Staaten verstoßen". Eingebracht wurde die Resolution von Aserbaidschan im Namen der Bewegung der Blockfreien Staaten.

In der Resolution heißt es, dass der Rat "Die fortgesetzte einseitige Anwendung und Durchsetzung solcher Maßnahmen durch bestimmte Mächte als Druckmittel, einschließlich politischen und wirtschaftlichen Drucks, gegen jegliches Land, insbesondere gegen die am wenigsten entwickelten Länder und sich entwickelnde Länder, mit dem Ziel, diese Länder an der Ausübung ihres Rechts zu hindern, aus freiem Willen über ihr eigenes politisches, wirtschaftliches und soziales System zu entscheiden, nachdrücklich verurteilt".

Sanktionen führten zu "schwerwiegenden Verletzungen der Menschenrechte der betroffenen Bevölkerungsgruppen", mit "besonderen Konsequenzen für Frauen, Kinder, sowie Jugendliche, ältere Menschen und Menschen mit Behinderungen".

Das Dokument zitiert zahlreiche frühere Resolutionen der Generalversammlung und des Menschenrechtsrates sowie Berichte des Hochkommissariats für Menschenrechte, die einseitige Sanktionen ebenfalls verurteilten.

Die Verhängung von Zwangsmaßnahmen durch westliche Staaten ist in den letzten Jahrzehnten sprunghaft angestiegen. Laut dem Bericht des US-Finanzministeriums von Oktober 2021 wurden bis dahin 9.421 Parteien von der US-Regierung mit Sanktionen belegt, was einem Anstieg von 933 Prozent seit dem Jahr 2000 entspricht.
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Re: Krieg in Europa und der deutsche Schlingerkurs

Beitragvon Hagemann am Mi 19. Apr 2023, 10:03

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bildschirmfoto-2023-04-19-um-073333-635x442.png (439.06 KiB) 387-mal betrachtet
Da gibt es mit dem Leopard-Panzer bereits beim üben tote und die Panzer werden schon auf dem Truppenübungsplatz zu Schrott gefahren. Was soll das erst werden, wenn nicht mehr NUR geübt wird, sondern scharf geschossen. Hier der Beitrag dazu:

Ukrainer crashen millionenteuren Leopard-2-Kampfpanzer - 19.04.2023, Exxpress.at

Die Bilder vom Unfallwrack auf dem polnischen Truppenübungsplatz sollten unter Verschluss gehalten werden: Bei einem Leopard-2A4, mit dem ukrainische Panzersoldaten übten, ist der Geschützturm des drei Millionen Euro teuren Waffensystems etwas verrutscht. Ein Crash soll die Ursache dafür gewesen sein.

Die polnische Regierung hat den Vorfall auf dem Truppenübungsplatz der 10. Armored Cavalry Brigade in Swietoszow im westlichen Teil Polens bestätigt: Ja, es hätte den Ausfall eines Leopard-2-Kampfpanzers gegeben – und tatsächlich sei der MBT (Mainbattletank) beschädigt worden. Und: Möglicherweise sei der Leopard-2A4 nach einer Reparatur auch wieder einsetzbar.

Aktuell im Web aufgetauchte Bilder zeigen die ziemlich heftigen Folgen eines möglichen Crash zweier Kampfpanzer, mit denen derzeit ukrainische Panzersoldaten üben: Bei dem je nach Ausführung drei bis neun Millionen Euro teurem Fahrzeug liegt der tonnenschwere Geschützturm nur noch schief auf der Panzerwanne.

Während die Website Eurasian Times bereits über “vielversprechende Trainingserfolge” spöttelt, sind die NATO-Partner bemüht, den Vorfall kleinzureden: So sei zu befürchten, dass die Crash-Bilder von russischen Propaganda-Seiten verwendet werden – und das Wrack als Folge eines Gefechts in der Ostukraine “verkauft” wird.

Auf Telegramseiten kommentiert der polnische Offizier Pjotr ​​​​Pavelka den Zwischenfall: “Was einen derartigen Unfall betrifft, kann ich mich ehrlich gesagt nicht erinnern, irgendwo ein so inkompetentes Fahren gesehen zu haben.” (Anmerkung: Sind doch aber Ukrainer, die können alles und wissen alles! - kein Unterschied zu den Russen, die bekommen nach einer Flasche Wodka alles kaputt.)

So wird vermutet, dass die ukrainischen Panzersoldaten, die aktuell in Polen stationiert sind, mit einem anderen Kampfpanzer den Leopard-2A4 gerammt haben. Sie hätten nämlich nicht allzu großes Interesse, möglichst schnell gut ausgebildet zu sein, um dann rasch an extrem umkämpfte Frontabschnitte geschickt zu werden, wo aktuell hunderte ihrer Kameraden täglich sterben.

Auf Twitter bereits Thema: der Panzer-Vorfall in Polen. :lol:
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Re: Krieg in Europa und der deutsche Schlingerkurs

Beitragvon Heinze am Mi 19. Apr 2023, 10:32

Das kann ich mir gut vorstellen, dass die in Polen und D. ausgebildeten Panzersoldaten nach einem Kurzle(e)hrgang nicht darauf erpicht sind, im Gefecht mit tatsächlich geübten Panzerbesatzungen "abgeschossen" zu werden. Denn da sieht das dann anders aus und dort kommt keiner mehr ins Krankenhaus, sondern wird in der ukrainischen Erde untergepflügt.

Das kommt davon wenn man in 3 Wochen all das lernen will - für was andere Jahre brauchen - um es wirklich zu beherrschen.
Damit wird der Erfolg einer Gegenoffensive auch sehr bescheiden bleiben.

Insbesondere die deutschen Medien FORDERN nun regelrecht die Gegenoffensive der Ukrainer - im Wissen, dass das huntertausende Tote fordern kann und im Ernstfall auch den Einsatz atomarer Mittel und NATO-Soldaten. Ist man denn wirklich so erpicht darauf für die USA den III. WK auszulösen. Letztlich wird das zur Folge haben, dass die Russen erneut in Deutschland stehen werden und diesmal ziehen die ihre Soldaten nicht wieder voorschnell ab. Denn eines ist klar: Die Amerikaner ziehen sich da raus, wenn es für ihren egenen Kontinent gefährlich wird.
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Re: Krieg in Europa und der deutsche Schlingerkurs

Beitragvon sachsenjäger am Mo 24. Apr 2023, 10:25

Sachsens Ministerpräsident zu Klimagesetzen
Kretschmer erwartet „Deindustrialisierung und Aufruhr in der Bevölkerung“


Der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) sieht aufgrund der Klimagesetze der Bundesregierung den Wohlstand in Deutschland gefährdet und rechnet mit Aufruhr in der Bevölkerung.

„Die Ampel kündigt das Gleichgewicht von Ökonomie, Ökologie und Sozialem gerade auf“ sagte Kretschmer der „Bild am Sonntag“. „Die Pläne dieser Regierung führen zu Deindustrialisierung und zu Aufruhr in der Bevölkerung.“ Das Gesetz sei mit der Brechstange gemacht, so der stellvertretende CDU-Vorsitzende. „Die Ampel gefährdet damit den Wohlstand von Millionen Menschen in Deutschland.“

Bürger können sich Umbau nicht leisten
Kretschmer bemängelte konkret, dass sich viele Bürger „den geforderten Umbau ihres Häuschens oder ihrer Wohnung schlicht nicht leisten können“. Er fügte hinzu: „Die Energiewende wird für die Bürger unbezahlbar und die Politik wird damit einen großen Teil der Bevölkerung verlieren. Die Menschen wenden sich ab, weil sie Angst bekommen.“ Klar sei: „Auf Hausbesitzer kommen Sanierungskosten von zehntausenden Euro zu. Wer eine kleine Rente hat, dem nutzen 30 Prozent Zuschuss wenig. Notwendig wären längere Übergangsfristen für den Einbau von Gasheizungen.“

Kretschmer bezeichnet Grünen-Politik als „ökologischen Irrsinn“
Die Politik der Grünen bezeichnete Kretschmer als „ökologischen Irrsinn“ und sagte zur Begründung: „Gerade wird deutlich mehr CO2 ausgestoßen, als vor einem Jahr. Deutschland schaltet Atomkraftwerke ab und verfeuert dafür mehr Gas und Kohle. Das ist kein Beitrag zum Klimaschutz, sondern völlig verfehlte Politik.“ Der stellvertretende CDU-Vorsitzende weiter: „Die Grünen haben das Grundvertrauen der Bevölkerung verspielt. In Deutschland galt immer: Erst geht es um die Interessen des Landes, dann um parteipolitische Ziele. Damit haben die Grünen gebrochen. Kohleausstieg, Verbrenner-Aus, Heizungstausch – das Ergebnis ist: Die Wirtschaft wird abgewürgt, sehr viele Unternehmen haben ihre Investitionsentscheidungen aufgeschoben. Es wird zu massiven Standortverlagerungen weg aus Deutschland kommen. Wir sägen an dem Ast, an dem der Wohlstand unseres Landes hängt.“
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Re: Krieg in Europa und der deutsche Schlingerkurs

Beitragvon rose am Di 25. Apr 2023, 09:14

Ist Deutschland Kriegspartei? - Gastbeitrag in Sarcasticus in "Das Blättchen" vom 13.02.2023

Kaum hatte unsere Außenministerin mal wieder diplomatisches Porzellan zerschlagen, indem sie vor der Parlamentarischen Versammlung des Europarats in Straßburg, wenn auch eher beiläufig, aber doch immerhin erklärte: „we are fighting a war against Russia“, da schwoll ein vielstimmiger Chor einschlägiger deutscher Dementierer – Politiker, Experten, Medien – an, wohl nicht zuletzt um die Öffentlichkeit zu beschwichtigen: Das sei nicht wörtlich gemeint gewesen und schon gar keine quasi offizielle Kriegserklärung an Moskau:

Trotzdem darf der Aufreger nicht als bewusster Vorsatz, von jetzt auf gleich mal eben den Dritten Weltkrieg auszurufen, aufgefasst werden. Ganz abgesehen davon, dass die Abgabe von förmlichen Kriegserklärungen als Akt staatlicher Politik nach den Regularien des Kriegsvölkerrechts seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges gänzlich aus der Mode gekommen ist und dass sie auch in den Zeiten davor üblicherweise nicht in freier Rede, an unpassendem Ort und in Abwesenheit des Adressaten erfolgte.

Auf einem ganz anderen Blatt hingegen stehen die permanenten politischen und medialen Bemühungen hierzulande, bei jeder Ausweitung der Waffenlieferungen des Westens an Kiew diesen Schritten einen Anstrich gleichbleibender Harmlosigkeit zu verpassen – die NATO, Deutschland eingeschlossen, werde damit nicht zur Kriegspartei im Ukraine-Konflikt. So gerade erst wieder bei der Entscheidung schwere Kampfpanzer und auch die deutsche Genehmigung MIG-29 ins Kriegsgebiet zu versenden.

„Völkerrechtlich ist klar: Wer ein Land darin unterstützt, sich zu verteidigen, wird dadurch nicht zur Kriegspartei“, Bundesjustizministerium.
„Kriegspartei wird ein Staat […] erst, wenn er mit eigenen Soldaten in die Kampfhandlungen eingreift“, DIE WELT, 27.01.2023.
„Nein, auf keinen Fall“ werde Deutschland mit Leopard-Lieferungen an Kiew Kriegspartei, Bundeskanzler Olaf Scholz im ZDF, 25.01.2023.
Ob solche Äußerungen aus Halbwissen resultieren oder einem (womöglich unbewussten) Trieb zur Selbstbeschwichtigung entspringen mag dahingestellt bleiben. Die Frage an sich – ob Deutschland und andere NATO-Staaten im Ukraine-Konflikt bereits Kriegspartei sind oder ab wann sie es gegebenenfalls sein könnten – hat zwei grundsätzliche Aspekte, einen völkerrechtlichen und einen sicherheitspolitischen.

Was die völkerrechtliche Seite anbetrifft, so hat sich damit nach Ausbruch des Ukraine-Krieges der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages mehrfach befasst. In einem Sachstands-Papier vom 5. Mai 2022 mit dem Titel „Lieferung von ‚schweren Waffen‘ an die Ukraine“ heißt es, dass die Frage, ob Waffenlieferungen an Kriegsparteien mit dem traditionellen Neutralitätsgebot gemäß Haager Konvention (V) vom 18. Oktober 1907 prinzipiell zu vereinbaren seien, völkerrechtlich als weitgehend geklärt angesehen werden dürfe: „Die militärische Unterstützung einer Konfliktpartei in Form von Waffenlieferungen – und zwar unabhängig von deren Art und Umfang – überschreitet nicht [Hervorhebung im Papier – W.S.] die Grenze zur Konfliktteilnahme.“

Exkurs: Zugleich machte das Papier darauf aufmerksam, dass entsprechende Militärtransporte, die etwa „die gelieferten Panzer auf Sattelschleppern oder per Bahn von der ukrainischen Westgrenze nach Kiew oder in den Donbas an die ‚Front‘ bringen“, ein „legitimes militärisches Ziel“ gemäß Art. 48 Zusatzprotokoll I/Genfer Konvention darstellten. Und zwar nicht unbedingt erst ab Landesgrenze Ukraine, wie ein anderes Sachstands-Papier („Rechtsfragen der militärischen Unterstützung der Ukraine durch NATO-Staaten zwischen Neutralität und Konfliktteilnahme“, 16.03.2022) im Hinblick auf die seinerzeit diskutierte Lieferung polnischer MiG-29-Kampfjets an Kiew bereits einige Wochen zuvor unterstrichen hatte: „Die polnische Air Base […] wäre nach dem ius in bello ein legitimes militärisches Ziel und dürfte gemäß humanitärem Völkerrecht […] von Russland angegriffen werden.“

Herausgearbeitet hat der Wissenschaftliche Dienst im letztgenannten Sachstands-Papier darüber hinaus, wann die militärische Unterstützung einer Kriegspartei die Grenzen des Neutralitätsgebots gemäß Haager Konvention möglicherweise überschreitet: „Erst wenn neben der Belieferung mit Waffen auch die Einweisung der Konfliktpartei [Hervorhebung im Papier] bzw. Ausbildung an solchen Waffen [Hervorhebung im Papier] in Rede stünde, würde man den gesicherten Bereich der Nichtkriegsführung verlassen.“

Bloß – „in Rede“ steht diese Grenzüberschreitung längst nicht mehr. Bereits am 26. April 2022 hatte die damalige deutsche Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) erklärt: „Wir arbeiten gemeinsam mit unseren amerikanischen Freunden bei der Ausbildung von ukrainischen Truppen an Artilleriesystemen auf deutschen Boden.“ Da war die Ausbildung ukrainischen Militärs auf amerikanischen Basen in Deutschland offenbar schon einige Zeit angelaufen, wie ein Sprecher des US- Verteidigungsministers – Medienberichten zufolge – am 29. April 2022 bestätigt hatte. Und aktuell? Dieser Tage wurde die hiesige Öffentlichkeit informiert: „Ukrainische Soldaten zur Marder-Ausbildung eingetroffen“ (NDR, 27.01.2023).

Insgesamt werden bis Juni 2023 im Rahmen der sogenannten EU Military Assistance Mission zunächst 15.000 ukrainische Militärangehörige auf EU-Gebiet ausgebildet und weitere 15.000 sollen folgen.

Doch damit nicht genug. Dass US-Militärpersonal, das bereits vor Ausbruch des Krieges in der Ukraine agierte, seither eine maßgebliche Rolle bei der Kriegführung Kiews spielt, insbesondere in Sachen Einsatz gelieferter US-Waffen und hinsichtlich der Zielzuweisungen für diese Systeme, ist kaum noch ein Geheimnis. Experten meinen überdies, dass etwa im Falle der Versenkung des Flaggschiffes der russischen Schwarzmeerflotte, des Lenkwaffenkreuzers Moskva, durch einen ukrainischen Raketenangriff im April 2022 und bei der Zerstörung einer Unterkunft der russischen Streitkräfte im Donbas durch einen Luftangriff Anfang Januar 2023, die zu den bisher schwersten russischen Verlusten an einem einzigen Kriegstag führte, die dafür maßgebliche Aufklärung der militärischen Zielkoordinaten durch westliches Militär geleistet wurde.

Eine dieser Tage publizierte Studie der US-amerikanischen RAND-Corporation mit dem Titel „Avoiding a Long War. U.S. Policy and the Trajectory of the Russia-Ukraine Conflict“ („Einen langen Krieg vermeiden. Die US-Politik und der Verlauf des Russland-Ukraine-Konflikts“) enthält folgende summarische Bewertung: „Das Ausmaß der indirekten Beteiligung der NATO-Verbündeten an diesem Krieg ist atemberaubend. Die Unterstützung umfasst Waffen und andere Hilfsgüter im Wert von Dutzenden von Milliarden Dollar für die Ukraine, taktische Nachrichtendienst-, Überwachungs- und Aufklärungsunterstützung für das ukrainische Militär […].“

Exkurs: In den sozialen Medien zirkulieren Zahlenangaben über die bisherigen Kriegsverluste in der Ukraine, die vom israelischen Geheimdienst stammen sollen – darunter: 2458 tote NATO-Soldaten (Polen, Deutschland, Litauen …). Diese Angaben können allerdings nicht unabhängig überprüft werden.

Die in der Überschrift dieses Beitrages gestellte Frage, ob Deutschland im Ukraine-Konflikt Kriegspartei ist oder nicht, kann also leider nicht so klar beantwortet werden, die der Bundeskanzler und andere dies immer wieder weismachen wollen. Eher im Gegenteil.

Dieser Befund leitet unmittelbar zu der Frage über, wie sich die Angelegenheit sicherheitspolitisch darstellt. Das ist im Kern die Frage, wie Russland sich dazu verhält.

Dass Moskau westliche Waffenlieferungen an Kiew als legitime Angriffsziele für seine Streitkräfte betrachtet, hat der russische Außenminister Lawrow bereits im April 2022 öffentlich erklärt, und diese Position ist seither mehrfach bekräftigt worden. Deutschland als Kriegspartei im Ukraine-Konflikt an den Pranger gestellt hat Lawrows Sprecherin, Maria Sacharowa, bereits im Dezember 2022. (Wohl eher nicht selbstermächtigt.) Und zur jüngsten westlichen Entscheidung bezüglich der Lieferung von Kampfpanzern an Kiew erklärte Kreml-Sprecher Peskow: Diese werde „in Moskau als direkte Beteiligung am Konflikt aufgefasst. Wir können sehen, dass sie wächst.“

Mit einem solchen Gesamthintergrund, da sollte man sich nichts vormachen, liegt die Entscheidung, ob Deutschland (und andere NATO-Staaten) von Russland demnächst nicht nur als Kriegspartei betrachtet, sondern auch als solche behandelt werden, allein in Moskau. Auch wenn Peskow gerade abgewiegelt hat: „Im Moment haben wir ein solches Thema nicht auf unserer Tagesordnung.“

Bisher haben westliche Länder allerdings nur Waffen und weiteres Kriegsmaterial an die Ukraine in einem Umfang geliefert, der bestenfalls dazu beiträgt, dass Kiew den Krieg nicht verliert. Wirkliche Chancen auf einen militärischen Sieg wurden damit nicht eröffnet. Das wird sich nach Auffassung von Experten mit den nunmehr zugesagten modernen NATO-Panzern nicht grundlegend ändern. Auch zwei, drei Dutzend westliche Kampfjets, deren Lieferung Washington und Paris – Medienberichten zufolge – nicht mehr grundsätzlich ausschließen, würden das militärische Kräfteverhältnis zwischen der Ukraine und Russland nicht wesentlich verändern. Insofern dürfte sich Moskau womöglich noch längere Zeit oder gar grundsätzlich mit direkten militärischen Gegenschlägen Richtung Westen zurückhalten. Denn auch im Kreml weiß man natürlich, dass dies den Bündnisfall für die NATO auslösen und zu einem Atomkrieg führen könnte, der für keine Seite zu gewinnen wäre.

Gleichwohl sollte nie vergessen werden, wie russische Reaktionen, wenn die Führung des Landes rote Linien erst einmal als endgültig überschritten betrachtet, ausfallen können. Sage also hinterher niemand, das habe man doch nicht wissen können …

P.S.: Am 25. Januar 2023, als Kanzler Scholz seine Erklärung zur Leopard-Entscheidung im Bundestag abgab und abends via ZDF das deutsche Volk beruhigte, lieferte das russische Staatsmedium RT DE – durch Sperrung seitens der EU auch hierzulande Gott sei Dank regulär nicht mehr zu empfangen – dazu folgende Begleitmusik: „Um den allzu Begriffsstutzigen einmal auszumalen, was das bedeuten könnte: Wenn man in Deutschland eines Morgens aufwacht und der Strom ist weg, wenn es dann auch kein Fernsehen gibt und das batteriebetriebene Radio gerade noch berichten kann, dass das Regierungsviertel in Berlin eine Trümmerlandschaft ist, dann dürfte der Grund dafür darin bestehen, dass Russland Deutschland nun als Kriegspartei anerkannt hat. Auch die Anwohner diverser Kommandoeinrichtungen der Bundeswehr dürften durch einen lauten Knall bestenfalls noch einmal geweckt worden sein.“

Ist das selbstredend nur russische Gräuelpropaganda, um den deutschen Wehrwillen zu unterminieren ? Anton Hofreiter von den Grünen, Agnes Strack-Zimmermann (FDP), Vorsitzende des Verteidigungsausschusses des Bundestages, und so manche andere werden sich davon nicht beirren lassen. Zumindest bis zu einem nächsten 24. Februar … Es ist die Frage, wieviele rote Linien noch überschritten werden - bis Russland Polen und Deutschland angegriffen wird. Wir sollten uns da nicht so sicher fühlen, dass das nicht passiert. Die Russen vergleichen diesen Krieg gegenwärtig mit den "Großen Vaterländischen Krieg" und werden auch vergleichbar handeln. Zumindest hat Putin nun die Einsatzbereitschaft der Abschreckungskräfte befohlen. Wir werden sehen, was das bedeutet. In jedem Fall nichts gutes - und nicht nur eine Drohung. Fakt ist doch, die NATO und die USA überschreiten eine rote Linie nach der Anderen. Der USA wird das egal sein, solange nur Europa zum Trümmerfeld wird. Irgendwann wird es nämlich in der Eskalationsspirale zwangsläufig passieren. Stehen wir in Europa schon soweit am wirtschaftlichen Abgrund, dass es egal ist einen III. WK zu riskieren ?
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Re: Krieg in Europa und der deutsche Schlingerkurs

Beitragvon biene am Di 25. Apr 2023, 10:21

Interessanter Bericht, den Du da herausgesucht hast, Rose. Natürlich macht man sich über diese Dinge wirklich Gedanken. Was passiert denn, wenn die Ukraine diesen Krieg nicht gewinnen kann ? Was wird mit Bidens Wahl ? Was wird mit Scholz ? Was wird mit der NATO ? Was wird mit der EU ? Natürlich wird die Sache mitlerweile als entscheidende Systemauseinandersetzung angesehen, in welchem ein System unterzugehen droht. Der französiche Präsident setzt sich deshalb von den USA bereits ab. Nehmen wir Frankreich in diesen Tagen. Wer glaubt, dass es den Franzosen z. Z. nur um die Rente geht, der täuscht sich sehr. Paris brennt und man versucht z. Z., dass sich dieser Brand nicht ausdehnt. "Existenzangst" wird so auch in Deutschland verbreitet, dass ist doch ganz offensichtlich.

Hier mal ein kürzlicher Beitrag aus den USA in der konservativen "Judge Napolitano":

US-Oberst Douglas Macgregor in einem Video-Interview mit dem prominenten konservativen Judge Napolitano antwortete er auf die Frage, wie derzeit die Lage in der Ukraine ist:

Judge Napolitano wendet sich u. a. der Veröffentlichung der streng geheimen US-Dokumente über die militärische Lage in der Ukraine zu. In den Dokumenten sei klar geworden, dass die Lage in der Ukraine desolat ist und das Land keine Chance habe, den Krieg zu gewinnen. Zugleich aber habe die Biden-Regierung vor dem Kongress behauptet, die Ukraine werde den Krieg gewinnen. In der Tat sei die Ukraine, so Macgregor: "nur ein Instrument, um Russland anzugreifen. Das Ziel sei stets gewesen, Russland zu schaden, Russland zu zerstören, Russlands Regime zu stürzen, seine Regierung auszutauschen, Präsident Putin abzusetzen."

"Wenn man nun genau hinschaut, was in der Ukraine passiert, dann ist dies eine humanitäre Katastrophe – verursacht durch die USA. Dies ist ein Verbrechen gegen das ukrainische Volk, nicht nur gegen uns Amerikaner und gegen die Menschen, die in den NATO-Ländern leben.

Aber ich glaube nicht, dass das den Leuten in Washington besonders wichtig ist. Das sind Ideologen. Egal, ob es sich um Außenminister Blinken oder Victoria Nuland oder US-Sicherheitsberater Sullivan oder einen der Mitarbeiter des Nationalen Sicherheitsrates handelt.

In ihren Köpfen ist ihr Ziel bis zu einem gewissen Grad erreicht worden. Denn sie glauben, dass wir Russland geschadet haben. Die Wahrheit ist jedoch, dass sie dies gerade nicht getan haben. Russland ist stärker als je zuvor geworden - weil es sich auf seine eigenen Kräfte beruft. Die Wirtschaft hat nicht gelitten. Russland ist jetzt wieder da, wo es vor 30 Jahren war. Nur sind seine Streitkräfte viel besser: bessere Ausrüstung, bessere Soldaten, bessere Kommandeure, eine bessere Führung. Die Sache ist also nach hinten losgegangen. Es ist eine Katastrophe. Wir haben die NATO wahrscheinlich mit jedem Tag ein bisschen mehr zerstört. Schauen Sie sich Frankreich an. Schauen Sie sich die Probleme auf den Straßen Frankreichs an. Wenn jemand denkt, dass es ausschließlich um Renten geht, ist das dumm. Die Wahrheit ist, dass die Europäer mit all dem unzufrieden sind."

Judge Napolitano fragt anschließend nach der Dauer des Krieges: Macgregor antwortet dazu:

"Im Sommer letzten Jahres haben die Russen das Pferd gewechselt und sich darauf vorbereitet, die Streitkräfte für eine entscheidende Operation aufzubauen, um die Kontrolle über die Ukraine zu erlangen; entweder als Ergebnis von Verhandlungen oder durch einen Sieg auf dem Schlachtfeld. Geplant haben sie einen Feldzug von 30 Monaten, ungefähr. So lange sind sie also bereit und in der Lage zu kämpfen. Ich glaube nicht, dass es so lange dauern wird. Ich denke, sobald der Boden trocknet, werden die Russen vorrücken. Die Russen werden mit Bedacht voranschreiten, aber sie werden voranschreiten und die gesamte Ostukraine einnehmen.

Dann stellt sich die Frage: Werden sie über den Dnjepr gehen und gleichzeitig nach Süden zum Schwarzen Meer nach Odessa vorstoßen? Oder werden sie warten? Ich weiß es nicht. Aber sobald sie den Donbass eingenommen haben, werden sie bereit sein, den Dnjepr zu überqueren, und nach Westen gehen. Denn von ihrem Standpunkt aus gesehen, werden sie erst Sicherheit und Ruhe an ihrer Westgrenze haben, wenn sie bis zur polnischen Grenze vorgestoßen sind. Es sei denn, die Europäer sagen sich von uns Amerikanern los, was jetzt nicht mehr ganz unmöglich ist. Wenn die Deutschen, die Franzosen zusammen mit all den anderen in Europa sagen, wir haben genug davon; dieser Krieg muss beendet werden; wir wollen Gespräche. Und wenn sie sich hinsetzen und mit den Russen reden und ein Abkommen aushandeln, das auf dem basiert, was ich als österreichische Neutralität bezeichnen würde, für das, was von der Ukraine übrigbleibt, dann denke ich, dass dies den Krieg beenden würde.

Die Russen wissen, dass, wir als Amerikaner so etwas, wie den Krieg zu beenden, nicht tun werden. Und ehrlich gesagt vertrauen die Europäer uns nicht mehr bedingungslos. Und deshalb könnten die Russen bereit sein, bis an die polnische Grenze vorzustoßen, weil das die einzige Möglichkeit für sie sein kann, Frieden an ihrer Westgrenze zu haben. Wir haben ihnen nämlich gezeigt, dass wir als Amerikaner keine seriösen Partner sind, die sich an Verhandlungsergebnisse halten."
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Re: Krieg in Europa und der deutsche Schlingerkurs

Beitragvon biene am Di 25. Apr 2023, 10:34

Hier aber noch einen anderen Beitrag aus Deutschkland, der in der Berliner Zeitung aufhorchen lässt:

Precht attackiert Baerbock: „Was für ein Unfall, dass diese Frau Außenministerin geworden ist“ - Artikel von Vincent Steinmüller • 25.04.2023

Im ZDf-Podcast Lanz & Precht hat der Philosoph David Precht klare Worte gegenüber der deutschen Außenministerin Annalena Baerbock gefunden. Ausgangssituation war ein Gespräch von Lanz und Precht über die China-Politik der deutschen Bundesregierung. Das berichtet die Berliner Zeitung.

Lanz wollte wissen, was Precht denkt, wenn er eine Person wie Annalena Baerbock in Peking sehe. Darauf antwortete Precht: „Dann habe ich das Gefühl… Also wenn ich ganz ehrlich sein darf, dass ich dann immer denke, was für ein Unfall, dass diese Frau Außenministerin geworden ist. Unter normalen Bedingungen hätte die im Auswärtigen Amt noch nicht einmal ein Praktikum gekriegt. Dass jemand mit dieser moralischen Inbrunst einer Klassensprecherin einer Weltmacht, einer Kulturnation versucht zu erklären, was westliche Werte sind, sie als systemische Rivalen definiert und quasi ein Eskalationsszenario an die Wand malt, eine wertegeleitete Außenpolitik, die in Wirklichkeit eine konfrontationsgelenkte Außenpolitik ist, statt einfach mal kleine Brötchen zu backen und sich zu sagen ‚Solange wir in Deutschland wirtschaftlich erfolgreich sind, nehmen uns die Chinesen mit allem Drum und Dran ernst‘“. Eine stärkere Konfrontation würde nach der Meinung Prechts die deutsche Wirtschaft in Gefahr bringen und sie geradezu zerstören. „Dann würde unsere westlichen Werte erst recht niemand mehr ernst nehmen“.
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Re: Krieg in Europa und der deutsche Schlingerkurs

Beitragvon 4-Korn am So 30. Apr 2023, 08:54

Deutschland ist das Schlusslicht in Europa – und die Rezession kommt immer näher. - 28.04.2023 | von Holger Zschäpitz, Leitender Wirtschaftsredakteur (Auszug)

Die deutsche Wirtschaft stagniert, während andere europäische Volkswirtschaften im ersten Quartal positiv überraschen. Experten prognostizieren, dass es keine Erholung geben wird. Deutschland ist das Schlusslicht in Europa – und die Rezession kommt immer näher.

Die deutsche Wirtschaft ist im letzten Quartal des Jahres 2022 im EU-Vergleich überdurchschnittlich stark geschrumpft; auch für das erste Quartal des laufenden Jahres wird mit einem Rückgang gerechnet. Es ist absehbar, dass das vom Statistischen Bundesamt angegebene Wachstum von 0,047 Prozent :lol: im ersten Quartal mehr herbei gerechnet denn tatsächlich erwirtschaftet ist. Wie schon im Vorquartal ist eine Korrektur des Amtes nach unten zu erwarten. Im vierten Quartal 2022 war die deutsche Wirtschaft demnach um 0,5 Prozent geschrumpft.

Auch der Binnenkonsum in der exportorientierten deutschen Wirtschaft bleibt schwach. Die Inflation wirkt sich dämpfend auf die Inlandsnachfrage aus. Die Angst vor einer die Inflation weiter anheizenden Lohn-Preis-Spirale steht jedoch realen Lohnzuwächsen im Wege. Die Realeinkommen der Deutschen sinken und mit ihnen auch der Wohlstand.

Deutschland ist damit so etwas wie der kranke Mann in Europa. Die relative Wachstumsschwäche ist auch deshalb überraschend, weil auch andere Ökonomien der Euro-Zone die Inflation zu spüren bekommen und unter Konsumzurückhaltung leiden. Aber offensichtlich existieren dort noch andere Wachstumstreiber, die dazu führen, dass deren Ökonomien Deutschland enteilen."

Allerdings sind es wohl weniger "andere Wachstumstreiber" in anderen Ländern als vielmehr konkrete Wachstumsdämpfer in Deutschland, die das unerwartet deutliche Schwächeln der deutschen Wirtschaft erklären. Die Rückwirkung der Russland-Sanktionen trifft Deutschland besonders hart. Der dadurch verursachte Schaden wird einen nachhaltigen Effekt auf die deutsche Wirtschaft entfalten.

Hinzu kommt die Verteuerung der Energie durch den Verzicht auf russisches Rohöl sowie russische Öl-Produkte und die Sabotage der Ostseepipeline Nord Stream – mutmaßlich durch die USA. Beides zusammen bringt das deutsche Geschäftsmodell zum Einsturz.

Zudem stehen auch in Deutschlands wichtigstem Partnerland außerhalb der EU, in den USA, die Zeichen auf Rezession. Auch dies wird sich negativ auf die deutsche Wirtschaft auswirken, zumal die Bundesregierung auf Distanz zum zweiten großen Wirtschaftspartner China geht.

Nach Einschätzung von Experten bräuchte es ein Wachstum von mindestens 2,5 Prozent über mehrere Jahre, damit Deutschland wieder auf das Vorkrisenniveau vor Corona zurückkehrt. Davon ist Deutschland allerdings weit entfernt.

Erwartet wird laut Deutscher Bank weiterhin eine flache Erholung, die durch die hohe Inflation, die erwartete US-Rezession im zweiten Halbjahr und die zunehmenden Bremseffekte der jüngsten und weiteren Zinserhöhungen der EZB belastet wird."

Zu erwarten ist eine dauerhafte wirtschaftliche Schwäche Deutschlands. Während andere Volkswirtschaften die Corona-Krise längst weggesteckt haben, sieht Deutschland bereits den nächsten Erschütterungen entgegen.
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Re: Krieg in Europa und der deutsche Schlingerkurs

Beitragvon Vogel.dresden am So 30. Apr 2023, 14:34

Bitte mal zurück zum eigentlichen Thema:

In Deutschland gibt es schon einen gewissen Sanierungszwang. Alte Heizkessel müssen beispielsweise nach meist 30 Jahren ausgetauscht und Dächer gedämmt werden. Zwang hat jedoch nach meiner Meinung den Nachteil, dass die Maßnahmen im Einzelfall unwirtschaftlich sein können. Denn die Sanierung eines Hauses ist immer ein Unikat mit ganz eigenen Regeln.

Dämmen beispielsweise lohnt sich vor allem bei Wohngebäuden aus den Fünfziger- und Sechzigerjahren. Bei älteren Gebäuden ist die Bausubstanz so gut, dass eine energetische Sanierung weniger bringt. Häuser neuerer Baujahre sind dagegen meist schon gedämmt. Und es gibt Immobilien, die unter Denkmalschutz stehen, bei denen Dämmplatten auf der Fassade nur schwer möglich wären.

Eine allgemeine Sanierungspflicht könnte diese baulichen Gegebenheiten nur schwer berücksichtigen. Genauso wenig könnte eine EU-Verordnung physikalische und ökonomische Gesetze außer Kraft setzen. Einen großen Wohnblock zu dämmen, ist auf den Quadratmeter Wohnfläche gerechnet günstiger als bei einem kleinen Mietshaus, weil das Verhältnis von Fassadenfläche zu vermietetem Wohnraum deutlich schlechter ist. Das heißt, vor allem private Vermieter mit kleineren Immobilien wären eindeutig benachteiligt.

Effektiver und gerechter wäre es, über den CO2-Preis mehr Anreize zu schaffen, Immobilien energetisch zu sanieren. Dann könnten die Hauseigentümer selbst entscheiden, welche Maßnahmen sich rechnen und welche nicht.

Gleichzeitig hat die alte Bundesregierung einen anderen Anreiz deutlich reduziert, die Modernisierungsumlage. Vermieter können nur noch acht Prozent dieser Kosten auf die Miete draufschlagen. Vorher waren es elf Prozent pro Jahr. Viele Sanierungsprojekte rechnen sich für die Eigentümer daher nicht mehr. Sie belassen es bei der Instandhaltung ihres Mietshauses oder machen Nobelwohnungen daraus. Deshalb fehlt bereits jetzt Wohnraum in Größenordnungen in den Städten. Eine konsistente Klimaschutzpolitik bei Wohnimmobilien sieht anders aus.

Genauso wichtig wäre es, den Hauseigentümern eine CO2-arme Alternative für die Wärmeversorgung an die Hand zu geben. Immerhin fordert die Ampelkoalition, dass bei allen ab Januar 2024 neu eingebauten Heizungen der Anteil der erneuerbaren Energien bei mindestens 65 Prozent liegen muss. Bisher wäre das technisch nur mit Wärmepumpen möglich. Die lassen sich in der Regel aber nur effizient einsetzen, wenn das Haus gedämmt ist und über eine Fußbodenheizung verfügt. Dann wären wir indirekt wieder bei einer Dämmpflicht.

So wie der Energiewende auf dem Strommarkt ausreichend Speicher für Ökostrom fehlt, klafft eine technologische Lücke bei grüner Wärme. Mit Ökostrom zu heizen, wäre unwirtschaftlich. Auch die mit grünem Wasserstoff betriebene Brennstoffzellen-Heizung wäre derzeit keine effiziente Alternative. Jetzt rächt sich, dass der deutsche Staat Milliarden in die Windräder- und Solarindustrie gepumpt hat, aber kaum Geld in die Forschung von Stromspeichern und grüner Wärme. Es sei nur angemerkt, dass es zum Schluss unwirtschaftlich sein wird, die Leitungen von den Windrädern vom Norden in den Süden zu legen. Aber das nur nebenbei - aus meiner Sicht alles wenig überlegt. Stattdessen sind Millionen Hauseigentümer nun immer noch vom sehr teuren Gaslieferanten außerhalb Russlands abhängig - auch wenn man die Wärmepumpen gegenwärtig in den Himmel lobt. Die Zeit wird zeigen, dass auch dies ein Fehler war.

Hoffentlich kann man dann diejenigen noch zur Verantwortung ziehen, die das hier alles zu verantworten haben.
Vogel.dresden
 
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