Krieg in Europa und der deutsche Schlingerkurs

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Re: Krieg in Europa und der deutsche Schlingerkurs

Beitragvon Heinze am Do 3. Mär 2022, 20:09

"Keine Waffenlieferungen in Krisengebiete

Hinterfragung eines Grundsatzes deutscher Rüstungsexportpolitik

Die Ukraine sieht sich gegenwärtig einer massiven Bedrohung durch russische Streitkräfte an ihrer Grenze ausgesetzt und hat die Bundesregierung zum wiederholten Male um Unterstützung in Form von Waffenlieferungen gebeten. Insbesondere Kriegsschiffe zur Verteidigung der entlang der Küsten im Schwarzen und Asowschen Meer verlaufenden Grenzen zu Russland sowie Luftabwehrsysteme forderte der ukrainische Botschafter... Seither ist ein Streit darum entbrannt, ob derartige Lieferungen, insbesondere von „Defensivwaffen“, als Unterstützungsmaßnahme infrage kommen: Während einzelne Vertreter der FDP und der CDU solche Lieferungen befürworten, lehnten Bundeskanzler Scholz und Außenministerin Baerbock in Fortführung der Position der Vorgänger-Regierung dies zunächst ab.

Dabei beriefen sie sich auf eine erstmals 1971 verschriftlichte Kabinettserklärung: die „Politischen Grundsätze der Bundesregierung für den Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern“. Darin steht, dass Waffen grundsätzlich nur an Bündnispartner (damals NATO-Staaten, heute auch EU-Mitgliedstaaten sowie sog. gleichgestellte Drittstaaten, derzeit Australien, Japan, Neuseeland, Schweiz) geliefert sollen. Ansonsten sollen Rüstungsgüter nur in begründeten Ausnahmefällen und unter Beachtung des Grundsatzes exportiert werden, dass Lieferungen nicht in Länder genehmigt werden „(…), die in bewaffnete Auseinandersetzungen verwickelt sind oder wo eine solche droht, in denen ein Ausbruch bewaffneter Auseinandersetzungen droht oder bestehende Spannungen und Konflikte durch den Export ausgelöst, aufrechterhalten oder verschärft würden“ (Politische Grundsätze III. Nr. 7).

Bekräftigt wird dieser Grundsatz durch eine ganz ähnliche europäische Regelung: Nach Art. 2 III des Gemeinsamen Standpunkts 2008/944/GASP des Rates v. 8.12.2008 betreffend gemeinsame Regeln für die Kontrolle der Ausfuhr von Militärtechnologie und Militärgütern verweigern die EU-Mitgliedstaaten die Erteilung von Ausfuhrgenehmigungen für Militärgüter, „die im Endbestimmungsland bewaffnete Konflikte auslösen bzw. verlängern würden oder bestehende Spannungen oder Konflikte verschärfen würden.“

Isabelle Ley
Dr. Isabelle Ley ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Öffentliches Recht und Grundlagen des Rechts (Prof. Dr. Anna-Bettina Kaiser) an der Humboldt-Universität Berlin sowie Senior Research Affiliate am Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht in Heidelberg."

Da frage ich mich mal, was wir hier eigentlich machen. Werfen wir jetzt alle Grundsätze plötzlich über Bord? Eine Schande ist das für Deutschland. Wir haben doch nun genug Unheil mit zwei Weltkriegen angerichtet. Befördrern wir jetzt noch den dritten und letzten Weltkrieg der Menschheit ?
Heinze
 
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Re: Krieg in Europa und der deutsche Schlingerkurs

Beitragvon Personalpeter am Sa 5. Mär 2022, 13:20

Hier einmal ein interessanter Beitrag, der einmal eine andere Sichtweise eröffnet

Wir stehen vor der zweiten Neuordnung Europas
28. Februar 2022 Norman Paech

Was der Krieg in der Ukraine mit verpassten politischen Chancen zu tun hat – und warum die Debatte um ihn nicht geschichtsvergessen geführt werden sollte

Diese radikale Wende der russischen Politik hatte wohl kaum jemand erwartet. Nur die US-Geheimdienste haben seit langem davor gewarnt, aber sie waren in unseren Augen durch ihre historischen Lügen – März 2003 vor dem Angriff auf Bagdad – zu sehr diskreditiert, als dass man ihnen hätte glauben können.
Doch das, was den Nato-Staaten vorzuwerfen ist, dass sie die Sicherheitswünsche der Russen nicht beachtet, sondern zurückgewiesen haben, trifft auch diejenigen, die immer wieder an die Kraft der Diplomatie und die Flexibilität beider Seiten geglaubt haben. Auch sie haben den Ernst und die Dringlichkeit der Sicherheitsfrage sowie den Eskalationswillen der Nato-Staaten unterschätzt.
Nun ist Krieg, und das ist ein schwerer Verstoß gegen das Völkerrecht, auf das sich auch die russische Regierung immer berufen hat. Putin muss alle Kampfhandlungen umgehend einstellen, und die Nato-Regierungen müssen sich fragen, warum sie die Konfrontation mit Russland so weit vorangetrieben haben.

War diese Katastrophe nicht vorherzusehen?

Doch die Politik erschöpft sich im Ausdenken der gemeinsten Sanktionen, die Russland am heftigsten weh tun. Man erfreut sich am Wiederaufleben der bereits totgesagten Nato. Zudem werden die alten Legenden von der Wiedererrichtung des alten russischen Großreichs und Rückkehr zur alten Größe des Zarenreichs aufgewärmt. Über die eigenen Fehler, die eigenen Provokationen und Aggressionen, die Putin in die Ecke getrieben haben, redet keiner.

Man glaubt, jetzt haben wir "Putin im Sack". Doch könnte man sich auch fragen, ob die Nato Putin nicht vielleicht gezielt in diese Ecke getrieben hat, aus der er nur mit Gewalt wieder herauskommen konnte. Es werden wohl noch Jahrzehnte vergehen, bis wir darüber Aufschluss erhalten.

Es gab schon vorher Zeichen, dass in den Kreisen der Nato die Überzeugung herrschte, dass eine militärische Auseinandersetzung mit Russland unvermeidbar sei. Man sah in Russland nie einen möglichen Partner, mit dem es eine friedliche Konkurrenz geben könne. Man sah immer nur die Bedrohung.
So schloss der Generalstabschef der britischen Armee, General Sir Nicholas Carter, seine Beschreibung der Bedrohung des Westens durch Russland, anlässlich seiner Rede am 22. Januar 2018 vor dem Royal United Services Institute (Rusi) mit diesen Worten von Leon Trotzki: "Du bist vielleicht nicht am Krieg interessiert, aber der Krieg ist an Dir interessiert."
Er schilderte ausführlich die Notwendigkeit, sich auf die Bedrohungen durch Russland vorzubereiten, darauf, "den Krieg zu führen, den wir vielleicht führen müssen". Jetzt müsse reagiert werden, denn "sie stellen eine klare und gegenwärtige Gefahr dar (...) Wir haben vielleicht keine Wahl hinsichtlich eines Konflikts mit Russland", so das Fazit Carters.
Ein Blick weiter in die Geschichte der Ost-West-Konfrontation zurück, legt zudem den Verdacht nahe, hier wiederholte sich eine Strategie, die schon einmal zum Ziel geführt hatte. 1998 plauderte Zbigniew Brzeziński in der französischen Zeitung Nouvel Observateur über die US-amerikanische Strategie, mit der sie die Sowjetregierung 1979 in die afghanische Falle gelockt hatten.

Rückblick auf Afghanistan und eine aufschlussreiche Erklärung

Denn schon ein halbes Jahr vor der sowjetischen Militärintervention hatte Präsident Carter am 3. Juli die erste Direktive zur militärischen Unterstützung der Mudschaheddin gegen die Regierung in Kabul gegeben. Brzeziński dazu:
An diesem Tag schrieb ich dem Präsidenten eine Notiz, in der ich ihm erklärte, dass diese Hilfe meiner Meinung nach zu einer sowjetischen Militärintervention führen würde (...) Wir haben die Russen zum Eingreifen nicht gedrängt, aber wir haben bewusst die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass sie es tun werden.... Diese Geheimaktion war eine ausgezeichnete Idee. Es hatte den Effekt, die Russen in die afghanische Falle zu locken, und Sie möchten, dass ich das bereue? (...) An dem Tag, an dem die Sowjets offiziell die Grenze überschritten, schrieb ich an Präsident Carter: "Wir haben jetzt die Gelegenheit, der UdSSR ihren Vietnamkrieg zu schenken."
In der Tat musste Moskau fast zehn Jahre lang einen unerträglichen Krieg für das Regime führen, einen Konflikt, der zur Demoralisierung und schließlich zum Zerfall des Sowjetimperiums führte (...) Was ist wichtiger in der Geschichte der Welt? Die Taliban oder der Untergang des Sowjetimperiums? Ein paar islamische Extremisten oder die Befreiung Mitteleuropas und das Ende des Kalten Krieges?
Zbigniew Brzesinski
Wer mag ausschließen, dass der systematischen Frontverschiebung an die Grenzen Russlands, der Blockade des Minsker Abkommens nicht die gleiche Strategie der Befreiung Mitteleuropas von Putin und die Ersetzung durch einen neuen Jelzin zugrunde lag?

Die USA haben eine lange Praxis des Regimewechsels, selbst wenn das Ergebnis nicht immer erfolgreich war. Warum konnte man nicht die Ablehnung des Nato-Beitritts der Ukraine von 2008 erneuern?

Wäre es ein Gesichtsverlust gewesen, mit Russland einen Vertrag über gleiche Sicherheit abzuschließen, in dem auf Angriffswaffen in den grenznahen Nato-Staaten verzichtet worden wäre?

Warum hat man die Ukraine nicht dazu gebracht, die Maßnahmen aus dem Minsker Vertrag, den die Ukraine selbst unterschrieben hatte, umzusetzen?

Nun hat Putin den Preis erhöht. Er fordert, die Ukraine solle offiziell auf den Beitritt zur Nato verzichten, sie solle die Krim und Sewastopol als russisches Territorium anerkennen, seiner Entmilitarisierung zustimmen und sich für neutral erklären.

Die Berufung auf die vom IGH akzeptierte Abspaltung des Kosovo war gestern, nun ist das Putins Jugoslawien. Das Völkerrecht ist futsch – das hatten die Nato-Staaten schon 1999 für überflüssig erklärt. Der Krieg gegen Jugoslawien eröffnete die erste Neuordnung Europas, mit dem Krieg gegen die Ukraine erleben wir nun die zweite Neuordnung Europas.

Beide Kriege waren und sind eine grobe Verletzung des Völkerrechts. Doch von Jugoslawien ging keine Gefahr aus, der Krieg war offensiv und expansiv, als "humanitäre Intervention" schlecht getarnt.

Putin hat mit dem Angriff auf die Ukraine den Einsatz erhöht
Die Ukraine war nun für Russland die rote Linie, das hatte Putin wiederholt betont. Sie drohte überschritten zu werden und musste verhindert werden. Dahinter steckt nicht die Sehnsucht nach dem großrussischen Reich, sondern der Wunsch nach einer vertraglichen Sicherheitsgarantie mit deutlichen Schritten der Abrüstung und Entspannung. Was hinderte die Nato-Staaten, dem zu entsprechen? Ist die Neutralität der Ukraine nach dem Beispiel von Österreich oder Finnland eine abwegige Zumutung?

Der Iran hatte seinerzeit den USA den Verzicht auf die nukleare Aufrüstung angeboten, wenn sie einem gegenseitigen Nichtangriffspakt zustimmen oder einen einseitigen Gewaltverzicht aussprechen würden. Die USA hatten abgelehnt, wie auch schon gegenüber Nordkorea. Die USA wissen, wie man Konflikte unter Druck hält.
Nur sollten ihnen die Erfahrungen mit Kuba, Iran, Nordkorea und Russland endlich zeigen, dass dieser postkoloniale Umgang mit starken Staaten außer großen wirtschaftlichen Schwierigkeiten für die Menschen politisch nichts bringt und sogar zur Katastrophe führen kann. Doch offensichtlich macht auch die geografische Ferne zu den Schauplätzen ihrer Aktionen die US-Regierung immer noch unempfindlich für deren zerstörerische Auswirkungen und menschenrechtlichen Katastrophen.
Es ist schon erstaunlich, in welchem hermetischen Zirkel sich die Überlegungen der Nato-Regierungen und der ihr folgenden Medien bewegen. Es dreht sich nur um die Sanktionen, die man jetzt greifen und wie man zukünftig reagieren müsse. Man habe alles versucht, den Krieg zu vermeiden.
Offensichtlich hat man aber die Vorschläge Putins übersehen und erinnert sich auch jetzt nicht daran. Sie spielen keine Rolle in den Überlegungen über den Weg zurück zum Frieden. Über die Erfolglosigkeit der Sanktionen zur Friedensstiftung scheint man sich weitgehend einig zu sein. Was hat man denn anderes zu bieten, um seine Stärke und Handlungsfähigkeit zu zeigen?
Die Medien assistieren, selbst dort wird nicht über die Möglichkeit und Rationalität der russischen Forderungen diskutiert. So wie Madeleine Albright seinerzeit bekannte, dass der Tod von 500.000 Kindern infolge der US-Sanktionen im Irak den Preis wert sei, so sind offensichtlich jetzt die zu erwartenden Zerstörungen und Toten den Preis wert, keine Neutralität der Ukraine zu fordern und ihre Nato-Mitgliedschaft offenzuhalten.
Die hin und wieder zu hörenden Angebote zu Gesprächen mit dem Feind sind leere Angebote. Was hat man denn anzubieten, wenn man den möglichen Gesprächspartner nicht anhören will?

Wir müssen trotz allem den sofortigen Stopp aller Kampfhandlungen fordern. Wir müssen aber auch die Nato warnen, mit Waffenlieferungen den Krieg weiter anzuheizen –das ist nicht der Weg der Solidarität.
Notwendig wird humanitäre Hilfe für die leidenden Menschen und zahllosen Opfer sein, und schließlich muss wieder die Diplomatie Wege des Gesprächs finden, die die Sicherheitsinteressen beider Seiten ernstnimmt.
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Re: Krieg in Europa und der deutsche Schlingerkurs

Beitragvon rose am So 6. Mär 2022, 14:05

Hier gern mal ein Interview in dieser Sache, was die Möglichkeit gibt, eine umfassendere Antwort eines Ukrainers zu sehen. Die Einschätzung des Schweizer Geschichtswissenschaftlers ist anhörenswert und aus meiner Sicht mal abseits von dem, was sonst so zu lesen und zu hören ist. Sicher gehört von dem Historiker auch Mut dazu, eine solche Meinung einmal ganz sachlich darzustellen. Also weder Putin-, Scholz-, noch Bidenversteher:

https://m.youtube.com/watch?v=ofsz-Th0sxo
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Re: Krieg in Europa und der deutsche Schlingerkurs

Beitragvon Heinze am So 6. Mär 2022, 15:37

Hier einmal ein Beitrag zum Interview mit Sachsen Ministerpräsident Michael Kretschmer - bemerkenswerte Klarheit und Weitsicht die in der Bundesregierung offensichtlich z. Z. nicht so gut ausgeprägt ist. Denn es gibt auch immer ein danach für uns und die Russen.

Wir werden nur in Frieden leben, wenn wir mit Russland in Frieden leben

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer hat mit Aussagen zu Russland für Aufregung gesorgt. In einem Interview mit dem MDR sagte der stellvertretende CDU-Vorsitzende, man müsse sich bei der Energieversorgung unabhängiger vom Ausland machen...

Auf die Frage, was ein sofortiger Gas-Lieferstopp aus Russland für Auswirkungen für Sachsen hätte, sagte Kretschmer: „Ich finde, wir sollten jetzt nicht den Teufel an die Wand malen, sondern auch bei der ganzen Bekämpfung jetzt dieser Krise und der Unterstützung der Ukraine, dieser unglaublichen humanitären Katastrophe, die dort ist, auch immer mit beachten, dass diese Katastrophe beendet werden muss, dass dort wieder Frieden eintreten soll. Und dass wir nicht weiter diesen Konflikt anheizen. Das heißt auch in der Wortwahl gegenüber Russland, in der Art mit welchen Instrumenten wir jetzt agieren, muss ein Maß und eine Mitte gewährt werden, die einen Ausweg für alle beteiligten an dieser furchtbaren Situation ermöglicht.“

Weiter sagte Kretschmer: „Wir werden für viele, viele Jahre auf Gaslieferungen aus Russland angewiesen sein. Wir dürfen uns nicht in die Ecke drängen lassen von Ländern, die nicht diese Abhängigkeit haben, die andere wirtschaftliche Interessen haben. Es ist auch richtig, weiter mit Russland zusammenzuarbeiten. Ein Russland, das nicht auf Europa angewiesen ist, keine Handelskontakte haben muss, wird kein berechenbarer Partner sein. Lassen Sie uns auch hier von den Argumenten und von der Art, wie wir umgehen miteinander ein Stück weit abrüsten. Ein vernünftiges Verhältnis zu Russland ist wichtig. Wir haben jetzt eine Krise. Wir werden alles dafür tun die Souveränität der Ukraine, den Schutz der Menschen zu gewährleisten. Aber es geht hier auch darum insgesamt eine Möglichkeit für eine Zukunft zu haben, mit der man zusammenarbeiten kann und leben kann.“

Kretschmer: „Wir werden nur in Frieden leben, wenn wir mit Russland in Frieden leben“

Auf den russischen Angriff auf die Ukraine und Putin angesprochen, sagte Kretschmer im weiteren Verlauf des Interviews: „Ich bin immer noch der Meinung, dass diese Verbindungen zu Russland wichtig sind. Und ich bin in großer Sorge, dass es einen Teil von Menschen und Akteuren gibt, die das nicht so darstellen...

Und zweitens sage ich ganz deutlich: Wir müssen mit Russland leben, es ist unser Nachbar. Wir haben eine historische Verantwortung. Wir werden nur in Frieden leben, wenn wir mit Russland in Frieden leben...

Auszug: FOKUS - ONLINE - 05.03.2022
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Re: Krieg in Europa und der deutsche Schlingerkurs

Beitragvon Hagemann am Mo 7. Mär 2022, 16:15

Hier einmal ein Bericht der Süddeutschen Zeitung. Hat er sich jetzt so schnell geändert oder sind wir vergesslich ? Für mich werfen sich jetzt grundsätzliche Frage auf.

Selenskij - Korrupt wie eh und je

(von Florian Hassel in der Süddeutschen Zeitung)

"Selten ist ein Präsident in der Gunst seiner Wähler so schnell und so steil abgestürzt wie Wolodimir Selenskij in der Ukraine. Weniger als zwei Jahre nach seinem triumphalen Sieg über Amtsinhaber Petro Poroschenko würde laut Umfragen gerade noch ein Fünftel der Ukrainer in einem ersten Wahlgang für Selenskij stimmen. Einem renommierten Institut zufolge sagt gar die Hälfte der Befragten, sie fordere Selenskijs sofortigen Rücktritt und vorzeitige Präsidentschaftswahlen. Das sollte auch dem Westen zu denken geben.

Gewiss, schnelle Enttäuschung mit ihren Politikern ist ein Kennzeichen ukrainischer Politik. Viele Ukrainer wollten 2019 dem Versprechen des vormaligen Komikers Selenskij glauben, er könne den Krieg mit Russland in der Ostukraine schnell beenden. Erwartungsgemäß ist Ernüchterung eingekehrt, da Russlands Präsident Wladimir Putin keinerlei Interesse daran hat, durch ein Eindämmen des Konflikts die nach Westen strebende Ukraine zu stärken.

Der Hauptgrund für Selenskijs Absturz aber ist sein Unwille zu echten Reformen. Selenskij führt das postsowjetische Herrschaftssystem fort und akzeptiert Korruption und Rechtlosigkeit im Austausch dafür, dass er und sein Apparat weitgehend die Kontrolle behalten. Selenskij hat mit der Ausnahme seines Vorgehens gegen den kremlnahen Politiker und Medienmogul Wiktor Medwedtschuk nichts getan, um die Macht der Oligarchen über weite Teile der Politik, der Medien und der Wirtschaft aufzubrechen.

Joe Biden wird sich allein mit Versprechen nicht abspeisen lassen
Ein funktionierender Staat braucht unabhängige Institutionen - die gibt es unter Selenskij weiterhin nicht. Im Gegenteil, 2020 unterstellte er sich faktisch die zuvor halbwegs unabhängige Zentralbank und die Generalstaatsanwaltschaft; so gut wie alle angesehenen Reformer wurden gefeuert. Der Geheimdienst SBU, die atemberaubend korrupten Gerichte, die Gremien zur Richterauswahl und -entlassung: Sie alle bleiben unangetastet.

Jetzt will sich der Präsident auch das halbwegs unabhängige Anti-Korruptions-Büro Nabu unterstellen, weil es zu Recht gegen mehrere Mitarbeiter Selenskijs ermittelt. Würden in der Ukraine nicht Milliarden geklaut, bräuchte das Land keine Kreditmilliarden aus dem Westen. Der Internationale Währungsfonds immerhin hat sich nun geweigert, Selenskij weiteres Geld zu leihen, solange dieser nur wohlfeile Reformversprechen abgibt.

Der Präsident reagiert auf seinen Absturz in den Umfragen, indem er Arbeitsgruppen einsetzt; die sollen schnell Gesetze entwerfen, um Selenskijs angeblichen Reformwillen zu beweisen. Das Gleiche tat er freilich schon vor der Wahl 2019 - als er im Präsidentschaftspalast saß, wurde nichts davon umgesetzt.

Die bescheidene Bilanz Selenskijs ist auch für Europa kein Geheimnis. Das Europäische Parlament zog erst kürzlich in einer langen Resolution schonungslos Bilanz. Doch waren es schon früher vor allem die USA, die in der Ukraine am meisten bewirken konnten, jedenfalls in der Zeit vor Donald Trump. Jetzt sitzt in Joe Biden ein echter Ukraine-Kenner im Weißen Haus. Er wird sich wohl kaum allein von Versprechen Selenskijs beeindrucken lassen. Doch würde es etwas nutzen, wenn der neue US-Präsident massiven Druck auf Kiew ausübt? Eher nicht. Es spricht viel dafür, dass die Selenskij-Jahre für die Ukraine ebenso verlorene Jahre sein werden wie jene unter Amtsvorgänger Poroschenko."


Bericht v. 02/2021

Da glaube ich aber nicht, dass hier die Aufnahmekriterien der EU jetzt plötzlich erfüllt sind. Also ein blütenreiner Demokrat scheint es wohl nicht zu sein, wenn der Bericht der Süddeutschen Zeitung stimmt.
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Re: Krieg in Europa und der deutsche Schlingerkurs

Beitragvon Andreas am Mi 9. Mär 2022, 08:25

Hier eine sehr seltsame Meldung:

"Ukraine-Krieg: USA warnen vor russischer Eroberung von Forschungseinrichtungen
Die US-Außenstaatssekretärin Victoria Nuland warnte unterdessen davor, dass russische Truppen die Kontrolle über „biologische Forschungseinrichtungen“ in der Ukraine* erlangen könnten. Die US-Regierung arbeite „mit den Ukrainern daran, wie sie verhindern können, dass diese Forschungsmaterialien in die Hände der russischen Streitkräfte fallen, sollten diese sich nähern“, sagte sie am Dienstag bei einer Anhörung des US-Senats. (AFP/cibo) *Merkur.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA."

Was machen die Amerikaner da an biologischer "Forschung" ? Werden in der Ukraine biologische Kampfmittel hergestellt ? Mein lieber Mann ... Langsam wird klar warum Kiew zur Festung ausgebaut werden soll.
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Re: Krieg in Europa und der deutsche Schlingerkurs

Beitragvon sudenburg am So 13. Mär 2022, 14:47

Nazis in der Ukraine. Das scheint wohl doch nicht so weit hergeholt. Hier der damalige Bericht der ARD in den Tagesthemen.

https://www.youtube.com/watch?v=qzw72BhaL0s

Ich kann nicht so recht verstehen, warum man sich daran nicht mehr erinnern will? Gibt es ASOW plötzlich nicht mehr? Gibt es die Verbindungen der Nazis zur Ukrainischen Regierung und z. B. den Klitschkos auch nicht mehr ?
Wir stehen früher auf!
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Re: Krieg in Europa und der deutsche Schlingerkurs

Beitragvon Andreas am So 13. Mär 2022, 15:16

Klar gibt es das heute auch noch. Nur das passt nicht so besonders in unsere Politik. Hier der Kerr Klitschko mit den Nazis von Asow.

http://blauerbote.com/2015/03/18/vitali ... hen-nazis/

Das sieht mir eher nicht besonders demokratisch und weltoffen aus.
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Re: Krieg in Europa und der deutsche Schlingerkurs

Beitragvon Andreas am So 13. Mär 2022, 15:31

Gibt genügend Bilder dazu. Hier ein Bericht über die Nazis in der Ukrainischen Polizei. Wieder im Bild, der Demokrat Klitschko. Natürlich gibt es heute eine Vielzahl gefälschter Bilder. Sieht mir hier nicht so aus. Dazu gibt es von Klitschko und dem Asow zu viele.

https://www.realistan.de/herr-klitschko ... -von-kiew/
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Re: Krieg in Europa und der deutsche Schlingerkurs

Beitragvon Andreas am So 13. Mär 2022, 16:05

Oder hier. Wo genau hält sich denn Asow als Regiment auf ? Aber einmal hier lesen:

Verhindert das Asow-Regiment in Mariupol die Evakuierung der Bewohner?

https://krass-und-konkret.de/politik-wi ... -bewohner/

Ist das nicht die gleiche Truppe, die in Odessa das Gewerkschaftsgebäude abgebrannt hat und dort hunderte von Menschen verbrennen ließ ? Das erinnert mich so an Taten die uns deutschen aus den Geschichtsbüchern wohl bekannt sein dürften. Treiben die schon wieder ihr Unwesen?
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