Krieg in Europa und der deutsche Schlingerkurs

Moderator: mod

Re: Krieg in Europa und der deutsche Schlingerkurs

Beitragvon Andreas am Fr 1. Apr 2022, 16:24

Gas-Boykott gegen Putin? Deutscher Chemie-Riese warnt – „Unverantwortlich“
Update vom 1. April, 9.01 Uhr:

Ein Embargo gegen Putin, ja oder nein? Seit dem Ukraine-Krieg eine der drängensten Fragen der deutschen Politik. Die beiden Unternehmen BASF und Siemens Energy haben nun vor drastischen wirtschaftlichen Schäden im Fall eines sofortigen Ausstiegs aus russischen Energielieferungen gewarnt.

Denn so ein Stopp „könnte die deutsche Volkswirtschaft in ihre schwerste Krise seit Ende des Zweiten Weltkriegs bringen“, glaubt BASF-Chef Martin Brudermüller im Gespräch mit der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung (FAS). Vor allem für viele kleine und mittelständische Unternehmen wäre dies existenzbedrohend. BASF ist ein Chemiekonzern.

Ein „Experiment“ wie dieses wäre „unverantwortlich“, führte Brudermüller fort. Er merke in vielen Gesprächen, dass Bürger mitunter falsche Vorstellungen eines solchen Schritts hätten und diesen unterschätzten. Ein vollständiger Verzicht auf russische Erdgasimporte sei etwa erst mittelfristig möglich, sagte Brudermüller. „Wenn wir uns beeilen, dann können wir das in vier bis fünf Jahren hinbekommen.“

Gas-Streit im Ukraine-Krieg: BASF und Siemens Energy warnen vor Boykott
Auch der Chef des Elektronikunternehmens Siemens Energy, Christian Bruch, warnte vor „dramatischen Auswirkungen“. Er sagte dem Handelsblatt vom 1. April, die negativen Auswirkungen für Deutschland seien dabei größer als der Effekt auf Russland. Kurzfristig sei die Menge aus Russland nicht ersetzbar.

Für manche Branchen sei die Gasversorgung existenziell, sagte Bruch der Zeitung weiter und nannte zum Beispiel die Glasindustrie. „Wenn die Anlagen einmal kalt fallen, sind sie hinüber.“ Das könne auch für künftige Investitionen problematisch sein.
Andreas
 
Beiträge: 63
Registriert: Di 21. Okt 2008, 10:05

Re: Krieg in Europa und der deutsche Schlingerkurs

Beitragvon Hansa am Fr 1. Apr 2022, 17:06

Die Strafmaßnahen der USA und des Westens gegen Russland scheint nach hinten loszugehen. Der Rubel steigt wieder kräftig an. Der Westen stützt nun den Rubel durch den Kauf russischen Gases oder riskiert bei einem Boykott die größte Wirtschaftskrise seit dem 2. Weltkrieg

Financial Times vom 31.03.2022

Der IWF sagt dazu: Die Sanktionen schwächen auch den Dollar.

Die Sanktionen gegen Russland könnten nach Meinung von Gita Gopinath, der stellvertretenden geschäftsführenden Direktorin des IWF, die globale Dominanz des US-Dollars untergraben. Im Interview mit der Financial Times sagte sie:

"Der Dollar würde auch in diesem Umfeld die wichtigste Weltwährung bleiben, aber eine Fragmentierung auf einer kleineren Ebene ist durchaus möglich."

Sie fügte hinzu, dass einige Länder bereits dabei seien, die Währung, in der sie für den Handel bezahlt werden, neu auszuhandeln. Russland und Indien bereiten derzeit einen Rupien-Rubel-Mechanismus vor, der es ihnen ermöglichen würde, in ihren Landeswährungen zu handeln und den Dollar zu umgehen.

Demnach könnten laut IWF die restriktiven Maßnahmen gegen Russland zur Entstehung weiterer Währungsblöcke führen. Außerdem würde die Verwendung anderer Währungen als des Dollars oder des Euros im globalen Handel zu einer weiteren Diversifizierung der von den nationalen Zentralbanken gehaltenen Währungsreserven führen.

Auch der Rubel gewinnt wieder an Wert. Auf Grund der aktuellen Kurssteigerung liegt der Rubel nur noch etwa 10 Prozent unter dem Wert, den er vor dem russischen Einmarsch in der Ukraine zu verzeichnen hatte.

Es entwickelt sich z. Z. so, dass die westeuropäischen Länder, so auch Deutschland, die von russischen Rohstoffen abhängig sind, gezwungen sein werden, den Rubel zu stärken, wenn sie weiterhin russische Rohstoffe kaufen wollen. Auch der Handel zwischen Indien und Russland oder der zwischen China und Russland werden mittlerweile nicht mehr nur in Dollar, sondern in den Landeswährungen ausgeführt. Der Dollar wir damit nicht benötigt, nicht mehr dazu extra angekauft und wird damit seine Vormachtstellung verlieren.
Hansa
 
Beiträge: 70
Registriert: Di 2. Dez 2008, 15:35

Re: Krieg in Europa und der deutsche Schlingerkurs

Beitragvon Heinze am Sa 2. Apr 2022, 09:17

Deutschland ohne aktuelle Gasverträge mit Russland ? - Gazprom trennt sich von Gasprom Deutschlang GmbH und deren deutschen Töchtern

Tagesschau-Stand: 01.04.2022 18:34 Uhr

Während sich die Wirtschaft noch mit den Folgen des Rubel-Dekrets befasst, kommt die nächste Wende im Gasstreit mit Russland: Der Staatskonzern Gazprom trennt sich von seiner deutschen Tochter und ihren Beteiligungen. Der russische Staatskonzern Gazprom hat sich überraschend von seiner deutschen Tochter Gazprom Germania getrennt. "Am 31. März beendete die Gazprom-Gruppe ihre Beteiligung an dem deutschen Unternehmen Gazprom Germania GmbH und allen ihren Vermögenswerten, einschließlich Gazprom Marketing & Trading Ltd.", teilte der Konzern auf seinem Telegram-Kanal mit. Weitere Details wurden nicht genannt. Von Gazprom Germania gab es zunächst keine Stellungnahme. Die Gazprom Germania GmbH mit Sitz in Berlin ist nach eigenen Angaben ein 100-prozentiges Tochterunternehmen des russischen Energiekonzerns Gazprom. Gazprom Germania ist wiederum Eigentümerin weiterer Unternehmen der deutschen Gaswirtschaft. Dazu gehören etwa die Handelsgesellschaften Wingas und WIEH, der Gasspeicherbetreiber Astora, der den größten Gasspeicher Deutschlands in Rehden betreibt, und eine Minderheitsbeteiligung am Gastransportunternehmen Gascade.

Das weltweit größte Erdgasförderunternehmen Gazprom ist mit einem Anteil von knapp 40 Prozent maßgeblich an der deutschen Gasversorgung beteiligt. Bereits zuvor war bekannt geworden, dass Ermittler der EU-Kommission nach Vorwürfen gegen den Mutterkonzern mehrere Unternehmen in Deutschland - darunter Gazprom Germania - durchsucht hatten. Es gebe die Befürchtung, dass die Unternehmen ihre beherrschende Stellung auf dem Markt missbraucht haben könnten, teilte die für die Einhaltung von EU-Wettbewerbsrecht zuständige Brüsseler Behörde mit. Es gehe um Unternehmen, die mit Fernleitungen beziehungsweise mit der Lieferung oder Speicherung von Erdgas Geschäfte machten. Deutsche Gazprom-Tochter als Bauernopfer?

Über die Strategie hinter dem Abstoßen von Gazprom Germania könne man nur spekulieren, sagte der Gasmarktexperte Fabian Huneke vom Beratungsunternehmen Energy Brainpool der Nachrichtenagentur dpa. "Die physischen Assets (Gasspeicher, Gasleitungen), die mit dem Abstoßen von Gazprom Germania aus russischer Sicht verloren gehen, können das Bauernopfer sein, um die Gaslieferverträge neu zu verhandeln." Denn Gazprom Germania halte über die beiden Töchter Wingas und WIEH einen Großteil der Importverträge in der Hand. Die noch bestehenden Importverträge bänden Gazprom Export aktuell noch an Währung, Preis und Menge, so Huneke. "Diese Vertragsbindung könnte nun aufgehoben werden, etwa über das Vehikel einer Insolvenz von Gazprom Germania und ihren mit dem Gashandel befassten Töchtern."


*********************************
So sieht es nun aus. Die Russen behalten die Fäden in der Hand. Denn die deutschen Wingas und die WIEH halten für Gasprom Deutschland die Gasimportverträge. Entweder haben die Russen die deutsche Gasprom gezielt in die Insolvenz laufen lassen oder haben die eigenen Anteile verkauft, an wen auch immer, z. B. nach China. Es war doch seit Wochen zu hören, dass Harbeck Gasprom Deutschland und Rosneft enteignen oder verstaatlichen will. Dem ist man jetzt sicher zuvorgekommen. Nun hat er ein noch größeres Problem angerichtet. Deutschland hat damit keine gültigen Gaslieferungsverträge mit Russland mehr und muss entweder neu verhandeln oder auf russisches Gas sofort verzichten - mit allen Folgen die das hat. Die Russen lösen damit nun auch ein zweites Problem, die Abschreibung der Investitionsgelder für die in den Sand gesetzte und nicht in den Betrieb gehende Nord-Stram 2.

Hier mal die Übersicht, wie Gasprom Deutschland funktioniert:

Gasprom_de.jpg
Gasprom_de.jpg (60.38 KiB) 1420-mal betrachtet


Aus meiner Sicht unverantwortlich, was da bei uns und in der EU z. Z. gemacht wird. Hier wird ein sehr heißer Wirtschaftskrieg geführt. Das die Russen auf solche Provokationen reagieren werden war doch völlig klar. Wenn man sich gegenseitig braucht (Wir brauchen das Gas und die Russen brauchen das Geld) geht man doch sorgsam mit den Dingen um. Merkel wäre nach Moskau gefahren und hätte sachlich darüber gesprochen und wäre mit Sicherheiten für Deutschland zurückgekehrt. Das brauchen Scholz und Harbeck sicher nicht mehr, die hauen einfach drauf, ohne zu wissen wie die eigenen Verluste dabei aussehen. :roll: Und das Wichtigste: Natürlich haben Scholz und Harbeck wie immer Recht ! Es ist eben immer so im Leben - Schuld ist meistens nicht nur einer. Es ist hier auch völlig egal wer Schuld hat - denn ausbaden müssen es die Bürger und nicht die, die den Schaden anrichten. Es ist zu hoffen, dass man zur Vernunft zurückkommt.

Ich berichte mal, wie es weitergeht.
Heinze
 
Beiträge: 137
Registriert: Do 28. Aug 2008, 09:36

Re: Krieg in Europa und der deutsche Schlingerkurs

Beitragvon Heinze am Do 7. Apr 2022, 12:14

"Verstaatlichung von Gazprom Germania trifft Kasseler Erdgas-Firmen

Veröffentlicht am 07.04.22 um 09:52 Uhr

Anlagen des Energiekonzerns Wintershall
Die deutsche Tochter des russischen Gaskonzerns Gazprom wird wegen des Ukraine-Kriegs der Bundesnetzagentur unterstellt. Das betrifft unmittelbar mehrere Kasseler Firmen - sie gehören zum Netz von Gazprom Germania.

Von Wolfgang Hettfleisch und Ursula Mayer

Gaswirtschaft – Sorge um Arbeitsplätze in Nordhessen

In Kassel laufen viele Fäden im deutschen Erdgas-Geschäft zusammen. Der Großproduzent Wintershall Dea hat dort seinen Sitz. Und die Gazprom Germania GmbH wickelt über Kasseler Firmen einen großen Teil ihrer Geschäfte ab. Das geschieht ab sofort unter staatlicher Vormundschaft. Vorläufig bis 30. September wird Gazprom Germania von der Bundesnetzagentur treuhänderisch verwaltet.

Für die betroffenen Firmen heißt das: Sie müssen jetzt den Vorgaben der Bundesbehörde folgen. Auf Anfragen des hr, welche Folgen sie davon erwarten, antworten die meisten einsilbig oder gar nicht. Bei der Wingas GmbH etwa herrscht Schweigen. Sie ist eine 100-prozentige Tochter von Gazprom Germania und wickelt den Handel mit Erdgas ab. Die Wingas-Tochter Astora betreibt Erdgasspeicher, darunter den systemrelevanten Riesenspeicher im niedersächsischen Rehden.

Al-Wazir: Versorgung aktuell gesichert, aber ...
Wie der neue Präsident der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, in einem Interview mit dem Handelsblatt angibt, ist der Speicher in Rehden derzeit zu weniger als einem Prozent gefüllt. Warum das nicht frühzeitig bemerkt und verhindert wurde, kann der hessische Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir nicht nachvollziehen. "Da frage ich mich schon, wie so etwas eigentlich passieren kann", sagt der Grünen-Politiker. Die Bundesnetzagentur werde nun alles dafür tun, dass so etwas nicht mehr vorkomme, versichert Müller.

Von einem Mangel will Al-Wazir gleichwohl nicht sprechen. Die Versorgung hält der Minister aktuell für gesichert. Nehme man alle Speicher zusammen, seien sie durchschnittlich zu 27 Prozent gefüllt. Und man befinde sich am Ende der Heizperiode.

Im Rückblick hält es Al-Wazir jedoch für einen Fehler, dass wesentliche Teile der kritischen und lebensnotwendigen deutschen Energie-Infrastruktur an Gazprom verkauft wurden. Auch dadurch ergibt sich - neben den immensen Erdgasimporten - eine große Abhängigkeit des deutschen Gas- und Energiesektors von Russland.

Abschied eines Gazprom-Managers
Erdgas wird in großen Fernleitungen über Deutschland verteilt. Auch bei diesem Geschäft mischt Gazprom Germania kräftig mit: über die Kasseler Beteiligungsgesellschaft Wiga Transport. Sie gehört zu fast gleichen Teilen Wintershall Dea und dem deutschen Gazprom-Ableger.

Zur jüngsten Entwicklung teilt Wiga Transport schriftlich lediglich mit: "Über Auswirkungen der angeordneten Einsetzung der Bundesnetzagentur als Treuhänderin für die Gazprom Germania GmbH können wir zum jetzigen Zeitpunkt keine Aussage treffen." Eine Personalie, die mutmaßlich mit den Veränderungen auf dem deutschen Erdgas-Markt zu tun hat, bestätigt die Firma freilich: Gennady Ryndin, der dem Gazprom-Imperium über viele Jahre in diversen Funktionen in Kassel gedient hat, sei "als Geschäftsführer der Wiga Transport zurückgetreten".

Anders als die Wiga kommuniziert deren Tochtergesellschaft Gascade ganz offen. Der Gas-Transporteur, ebenfalls mit Sitz in Kassel, betreibt unter anderem die durch Hessen führende Fernleitung namens Midal. "Wir sind von der Treuhandverwaltung der Gazprom Germania durch die Bundesnetzagentur überrascht worden", sagt Gascade-Sprecherin Nicola Regensburger. Sie gehe aber davon aus, "dass sich für uns im Augenblick nichts ändert und wir unser Geschäft ganz normal weiterführen können".

Die Bundesnetzagentur teilte auf hr-Anfrage mit: "Unser Ziel wird es sein, dass Gazprom Germania im Interesse Deutschlands und Europas geführt wird. Wir wollen alle notwendigen Schritte unternehmen, um die Versorgungssicherheit weiter zu gewährleisten."

Verluste für Wintershall
Der deutsche Energiekonzern Wintershall Dea ist von Habecks Gazprom-Coup nicht unmittelbar betroffen. Allerdings pflegt er seit mehr als 30 Jahren Geschäfte mit Gazprom und Gasfelder in Russland.

Inwiefern deutsche Kunden wie gewohnt mit Erdgas beliefert werden, liegt aber letztlich nicht in der Hand der Bundesnetzagentur. Da machen sich regionale Gasversorger nichts vor. Die Maingau Energie GmbH, deren Gasnetz im Kreis Offenbach aus der Midal-Leitung von Gascade gespeist wird, legt in ihrer Antwort auf eine hr-Anfrage den Finger in die Wunde: "Entscheidend ist, inwieweit der Gasfluss aus Russland gegeben ist."

Merck warnt vor Gasmangel
Bei Großabnehmern ist die Stimmung entsprechend. "Wir nehmen das sehr, sehr ernst", sagt Matthias Bürk, der den Heimatstandort von Merck in Darmstadt leitet. Für seine Produktionsanlagen und Bürogebäude verbraucht der Pharmakonzern pro Jahr etwa so viel Erdgas wie alle angeschlossenen Haushalte der Stadt mit ihren mehr als 160.000 Einwohnern zusammen. Bürk sagt: "Ein langfristiger Mangel an Gas kann dazu führen, dass wir Patienten nicht mehr mit notwendigen Medikamenten und Impfstoffhersteller nicht mehr mit wichtigen Ausgangsstoffen versorgen können."

Bleibt der Brennstoff aus, greift bei Merck in Darmstadt ein Notfallplan.

Russlands Präsident Wladimir Putin hat für Berlins Schachzug bei Gazprom Germania bereits Vergeltungsmaßnahmen angedroht."


__________________________________________________________________________________________________________________________

Im letzten Moment wurde verhindert, dass wir ohne Gas-Verträge zur Gasprom dasitzen. Erstens wird sich aber nun herumsprechen, dass Deutschland jeden unliebsam gewordenen Investor entweder verstaatlicht oder eben in Treuhand gibt. Was war von SPD und Grünen auch anderes zu erwarten. Wer wird da aus dem Ausland aber auch von hier noch investieren ? Die Chinesen ? GB ? die Franzosen ? Nein das Glaube ich nicht !

Natürlich muss dann die Bundesnetzagentur den Betrieb auch richtig händeln können. Da habe ich so meine Befürchtungen. Die haben doch in den letzten Jahren nichts von praktischem Wert auf die Reihe gebracht. Außerdem gehören zum Betreiben immer auch Know-how und die andere Seite die Gas einspeist. Das muss Hand in Hand laufen und geht nicht so schnell mal durch Beamte der Bundesnetzagentur. Ich habe noch nie gesehen, dass der Staat etwas wirtschaftlich betreiben kann.

Es bleibt auch abzuwarten was Russland dazu macht. Die werden sich das nicht so einfach gefallen lassen. Deshalb ist es im Moment in dieser Sache so ruhig in den Medien. Maingau hat doch Recht. Entscheidend ist doch was derjenige am anderen Ende der Leitung machen wird. Und noch etwas kann folgen. Was wird denn mit den deutschen Investitionen in Russland. Dort wurde doch viel mehr investiert, als von den Russen in Deutschland. Was ist, wenn VW und Benz usw. in Russland unter Treuhand gestellt oder an russische Investoren verkauft werden, dass es dort weitergeht.

Das ist doch alles zu kurz gesprungen und kann in Deutschland eine nie dagewesene Energiekrise auslösen oder sehr, sehr teuer werden.
Heinze
 
Beiträge: 137
Registriert: Do 28. Aug 2008, 09:36

Re: Krieg in Europa und der deutsche Schlingerkurs

Beitragvon Andreas am Do 7. Apr 2022, 13:11

Schlagzeilen machen in letzter Zeit immer wieder Kriegsverbrechen und Taten an Zivilisten. Krieg ist immer grausam und es sterben Menschen, auch unschuldige. Das war im Vietnamkrieg, im Irak und in Syrien so und ist auch in der Ukraine festzustellen.

Ich habe hier einen Bericht der New York Times vom 06.04.2022 eingestellt und das nachfolgende Video zeigt, wie Ukrainische Soldaten verletzte russische Soldaten hinrichten. Diese Taten sind schrecklich, egal von welcher Seite sie verübt werden. Das hier dargestelltes Video zeigt am Montag online gestellte Originalaufnahmen, wie ukrainische Soldaten russische Soldaten um den 30. März regelrecht hingerichtet wurden.

Hier das Video, wie ukrainische Truppen gefangene russische Soldaten töten. Öffnen Sie den Link nicht, wenn Sie solches Grauen nicht sehen können

https://t.me/voenacher/14106

VOENACHER per Telegramm

Hier der schriftliche Bericht dazu:

"Das Video zeigt ukrainische Soldaten an dem Ort, an dem russische Soldaten um den 30. März hingerichtet wurden.
Ein am Montag online gestelltes und von der New York Times bestätigtes Video zeigt Ukrainischen Soldaten, die gefangene russische Truppen außerhalb eines Dorfes westlich von Kiew töten.

"Er lebt noch. Filmen Sie diese Plünderer. Schau, er lebt noch. Er schnappt nach Luft“, sagt ein Mann, als ein offensichtlich verwundeter russischer Soldat mit einer Jacke über dem Kopf noch atmet. Ein Soldat schießt dann zweimal auf den Mann. Nachdem der Mann sich weiter bewegt hat, schießt der Soldat erneut auf ihn und er bleibt stehen.

Mindestens drei weitere offensichtliche russische Soldaten, darunter einer mit einer offensichtlichen Kopfwunde, dem die Hände auf dem Rücken gefesselt sind, sind tot in der Nähe des Opfers zu sehen. Alle tragen Camouflage, und drei haben weiße Armbänder, die üblicherweise von russischen Truppen getragen werden. Ausrüstung ist um sie herum verstreut und es gibt Blutflecken in der Nähe des Kopfes jedes Mannes.

Die Soldaten liegen auf der Straße, nur wenige Meter von einem BMD-2 entfernt, einem Schützenpanzer, der von russischen Luftlandeeinheiten eingesetzt wird. Einigen wurden offenbar Jacken, Schuhe oder Helme ausgezogen. Weiter die Straße hinauf sind weitere zerstörte Fahrzeuge zu sehen.

Die Morde scheinen das Ergebnis eines ukrainischen Hinterhalts einer russischen Kolonne gewesen zu sein, der am oder um den 30. März stattfand, als sich russische Truppen aus kleinen Städten westlich von Kiew zurückzogen, die wochenlang Schauplatz heftiger Kämpfe waren. Oz Katerji, ein freiberuflicher Journalist, postete am 2. April Videos und Bilder der zerstörten Kolonne auf Twitter und schrieb, Soldaten hätten ihm gesagt, die Russen seien 48 Stunden zuvor überfallen worden.

Auch das ukrainische Verteidigungsministerium twitterte über die Zerstörung des russischen Konvois und nannte es „Präzisionsarbeit“ der ukrainischen Streitkräfte. „Das sind nicht einmal Menschen“, sagt ein ukrainischer Soldat in dem Video, während er zwischen den zerstörten Fahrzeugen umhergeht, und fügt hinzu, dass zwei russische Leutnants gefangen genommen wurden.

Die ukrainischen Soldaten sind an ihren Flaggenabzeichen und blauen Armbinden zu erkennen und wiederholen mehrfach „Ruhm der Ukraine“. Ihre Einheit ist unklar, aber in dem Video des Mordes bezeichnet einer der Männer einige von ihnen als „Belgravia-Jungs“, was sich wahrscheinlich auf eine Wohnsiedlung namens Belgravia bezieht, die sich einige hundert Meter von dem Vorfall entfernt befindet.

Eine ukrainische Nachrichtenagentur, die am 30. März ein Video über die Folgen des Hinterhalts veröffentlichte, beschrieb es als die Arbeit der „Georgischen Legion“, einer paramilitärischen Einheit georgischer Freiwilliger, die sich 2014 formierte, um für die Ukraine zu kämpfen."


Ich habe da so meine Zweifel, welche "Demokraten" wir unterstützen. Ich habe da so meine Zweifel, an der manchmal sehr einseitig geführten Berichterstattung in den Medien. Ich habe so meine Zweifel an Fremdenlegionären und ihren Praktiken, Kriegsgefangene mit Vollkernmunition hinzurichten. Grausamer geht es wohl nicht. Was sind das denn für Schlächter. Ich habe so meine Zweifel, wenn die ukrainische Regierung Waffen an die Zivilbevölkerung verteilt. Diese werden dann u. U. zu Kombattanten. Dann braucht man sich zum Schluss nicht wundern, wenn man getötete "Zivilisten" findet.
Andreas
 
Beiträge: 63
Registriert: Di 21. Okt 2008, 10:05

Re: Krieg in Europa und der deutsche Schlingerkurs

Beitragvon Andreas am Do 7. Apr 2022, 15:26

Auch unsere Berliner Zeitung berichtet von den Kriegsverbrechen der Ukrainischen Streitkräfte, wie folgt:

New York Times: Video zeigt Hinrichtung russischer Soldaten durch Ukrainer
Am Boden liegender Verletzter wird erschossen. Zeitung verifiziert Kriegsverbrechen in Dmytrivka bei Butscha.

BLZ/mtk, 7.4.2022 - 13:27 Uhr

AP/Efrem Lukatsky
"Ein ukrainischer Soldat vor einem zerstörten russischen Panzer in dem Ort Dmytrivka bei Kiew.
Berlin - Ein seit Montag im Internet kursierendes Video, das offenbar die Hinrichtung eines gefangenen russischen Soldaten durch unter ukrainischer Flagge kämpfenden Truppen zeigt, wurde von der New York Times als echt verifiziert. In dem Clip ist der russische Soldat mit einer über den Kopf gezogenen Jacke zu sehen, offenkundig verwundet, aber noch atmend, wie die Zeitung schreibt.

Eine Männerstimme sei zu hören, die sagt: „Der lebt noch. Filme diesen Plünderer. Schau, der lebt noch. Er schnappt nach Luft.“ Dann schießt einer der Männer zweimal auf den am Boden liegenden Soldaten, weil dieser sich noch regt. Dann schießt er ein drittes Mal. Der Soldat zuckt anschließend nicht mehr. Auf dem Video seien drei weitere russische Soldaten zu sehen, in Blutlachen liegend, einer mit einer Kopfwunde und auf dem Rücken gefesselten Händen.

Ukrainische Soldaten zu erkennen
Die New York Times schreibt, die ukrainischen Soldaten seien anhand ihrer Flaggenaufnäher und blauen Armbinden zu identifizieren. Mehrfach sei in dem Video der Ruf „Ruhm der Ukraine“ zu hören. Das Video soll Ende März in dem kleinen Ort Dmytrivka elf Kilometer von Butscha nahe Kiew aufgenommen worden sein.

Die toten Soldaten in Dmytrivka tragen die in den russischen Truppen üblichen Tarnuniformen und weiße Armbänder. Sie liegen laut der Zeitung neben einem Infanterie-Kampfwagen der Art BMD-2, wie er von Luftlandetruppen benutzt wird...."
Andreas
 
Beiträge: 63
Registriert: Di 21. Okt 2008, 10:05

Re: Krieg in Europa und der deutsche Schlingerkurs

Beitragvon Andreas am Do 7. Apr 2022, 15:50

Wann wird ein Zivi­list zum Sol­daten?

Prof. Dr. Christoph Safferling, LL.M. (LSE) 05.03.2022

Wann werden Zivilisten zu Kombattanten? Das bestimmt letztlich der Staat.

Auch im Krieg gibt es Regeln – sie sollen Zivilisten schützen und Leid gering halten. Was gilt, wenn sich Zivilisten bewaffnen und töten, was sind Angriffe auf zivile Einrichtungen? Christoph Safferling erläutert das Völkerstrafrecht.

Das humanitäre Völkerrecht ist eine komplexe Materie. Seit der 1. Genfer Konvention aus dem Jahr 1864 versucht es, das Unregelbare zu regeln: Den Krieg. Der Verrohung Einhalt zu gebieten, ist in einem bewaffneten Konflikt vor allem deswegen geradezu aussichtslos, weil hier die menschliche Hemmung schlechthin außer Kraft gesetzt wird, indem das Töten erlaubt wird. Daneben gelten aber Regeln. Die Verbindlichkeit der Kernnormen des humanitären Völkerrechts soll das Völkerstrafrecht gewährleisten. Dafür gilt das Universalitätsprinzip, auch Weltrechtsprinzip genannt, und dafür gibt es seit nunmehr 20 Jahren einen permanenten Internationalen Strafgerichtshof (IStGH). Wer gegen das humanitäre Völkerrecht im Krieg verstößt, kann sich in Den Haag auf der Anklagebank wiederfinden.

Die Genfer Konventionen von 1949 nebst den Zusatzprotokollen von 1977 sind ebenso wie die Haager Landkriegsordnung von 1907 völkergewohnheitsrechtlich anerkannt. Schwere Verstöße werden in Art. 8 des Römischen Statuts des IStGH und in vielen nationalen Gesetzesbüchern, wie etwa in §§ 8-11 des deutschen Völkerstrafgesetzbuchs (VStGB), kriminalisiert.

Welche Regeln gelten im Krieg?
Seit dem Nürnberger Prozess 1945/1946 ist der Angriffskrieg (damals Verbrechen gegen den Frieden genannt) eine Strafnorm. Heute heißt es Verbrechen der Aggression und ist mit einiger Verspätung 2010 ins Römische Statut für den IStGH gelangt. Es wurde in den letzten Tagen viel darüber geschrieben, dass der Tatbestand durch den Überfall Russlands am 24. Februar auf die Ukraine zwar erfüllt wäre, die hohen prozessualen Hürden eine Anklage unwahrscheinlich erscheinen lassen.

Alleine diese Norm thematisiert das sog. ius ad bellum, also die Frage der Kriegsschuld. Kriegsverbrechen beziehen sich allein auf das sog. ius in bello und klammern die Frage der Kriegsschuld gerade aus. Das humanitäre Völkerrecht zu achten haben alle Kriegsparteien, sobald ein bewaffneter Konflikt ausgebrochen ist, unabhängig davon, ob es sich um einen Angriffs- oder einen Verteidigungskrieg handelt. Dieser Gleichlauf ist ein fundamentaler Grundsatz des humanitären Völkerrechts und soll durch Gegenseitigkeit die Einhaltung der Normen garantieren.

Wer ist Zivilist, wer Kombattant?
Das Ziel des humanitären Völkerrechts ist es, Leid im Krieg zu verringern. Das gilt einerseits unter den Angehörigen der Streitkräfte, den sog. Kombattanten. Sie dürfen zwar getötet werden, selbst aber auch töten und verletzen, und im Falle der Gefangennahme nicht für die bloße Teilnahme am Krieg bestraft werden, sondern sind als Kriegsgefangene privilegiert zu behandeln. Andererseits gilt die Maxime der Vermeidung von Leid vor allem auch gegenüber der Zivilbevölkerung. Das gilt im modernen Krieg, der von der Verwendung von Fernwaffen wie Raketen und Artillerie geprägt ist, in besonderem Maße. Zu unterscheiden ist zwischen militärischen und zivilen Objekten. Nur militärische Objekte dürfen angegriffen werden. Zivile Objekte dürfen hingegen niemals das Ziel eines Angriffs sein (vgl. Art. 48 Zusatzprotokoll I der Genfer Konventionen).

Militärische Objekte sind solche, die "auf Grund ihrer Beschaffenheit, ihres Standorts, ihrer Zweckbestimmung oder ihrer Verwendung wirksam zu militärischen Handlungen beitragen und deren gänzliche oder teilweise Zerstörung, deren Inbesitznahme oder Neutralisierung unter den in dem betreffenden Zeitpunkt gegebenen Umständen einen eindeutigen militärischen Vorteil darstellt" (Art. 52 Abs. 2 ZP I). Es kann auch eine vormals zivile Einrichtung, z.B. eine Brauerei, zu einem militärischen Objekt sich wandeln, wenn dort nunmehr Waffen, z.B. sog. Molotow-Cocktails, hergestellt werden. Im Zweifel aber ist von einem zivilen Objekt auszugehen und ein Angriff ist zu unterlassen. Ein Angriff ist selbst dann zu unterlassen, wenn er sich zwar gegen ein militärisches Objekt richtet, die Schäden unter der Zivilbevölkerung aber zu dem erwarteten militärischen Vorteil außer Verhältnis stehen. Diese vage und auch etwas zynische Verhältnismäßigkeitsprüfung ist immerhin eine Mahnung an die Befehlshaber, sich die Angriffe gut zu überlegen.

Wann werden Zivilisten zu Kombattanten, wann zu Tätern?
Wer Kombattant ist, bestimmt letztlich der Staat. Er legt dadurch fest, wer ihn als Organ vertritt. Im Fall eines internationalen bewaffneten Konflikts kommt es dabei auf die Zugehörigkeit zu den Streitkräften an (Art. 43 Abs. 2 ZP 1). Erkennbar muss diese Zugehörigkeit etwa durch eine Uniform oder das offene Tragen von Waffen sein. Soldaten sind - ausgenommen des Sanitäts- und Seelsorgepersonals - Kombattanten, weil sie in die Streitkräfte eingegliedert sind und im Auftrag des Staates unmittelbar an Feindseligkeiten teilnehmen. Dem Staat steht es frei, auch paramilitärische Einheiten oder eine "Fremdenlegion" in die eigenen Streitkräfte einzubeziehen (Art. 43 Abs. 3 ZP 1). Wer die Befugnis als Kombattant nicht hat, darf sich an den Kampfhandlungen nicht aktiv beteiligen.

Zivilisten sind hingegen grundsätzlich gegen kriegerische Angriffe geschützt. Im Zweifel muss von einem Zivilisten ausgegangen werden. Die Zivilbevölkerung bleibt auch dann geschützt, wenn sich unter ihr einzelne Personen befinden, die nicht Zivilpersonen sind. Wenn ein Zivilist hingegen selbst an Kämpfen teilnimmt, dann ist das rein völkerstrafrechtlich betrachtet nicht relevant. Aber der Zivilist verliert seinen Schutzstatus und wird zum legitimen Angriffsziel, ohne aber selbst entsprechend als Kombattant geschützt zu sein (etwa als Kriegsgefangener). Der Zivilist, der an Kriegshandlungen teilnimmt, darf aber seinerseits keine Kriegsverbrechen begehen also etwa Zivilisten des Gegners töten oder geschützte Objekte angreifen.

Dürfen Zivilisten im Krieg töten?
Ein Zivilist kann auch, das haben die Nürnberger Prozesse unmissverständlich klar gemacht, Täter eines Kriegsverbrechens sein. Wenn er indes allein militärische Ziele bekämpft, macht er sich nach Völkerstrafrecht nicht strafbar. Allerdings macht er sich möglicherweise nach nationalem Strafrecht strafbar, denn anders als der Soldat hat der Zivilist ja keine Erlaubnis zu töten. Hier könnte aber der Staatsnotstand als Rechtfertigung helfen.

Wenn sich nun aber massenhaft und spontan Zivilisten dem vordringenden Feind in den Weg stellen, dann kann man von einem "levée en masse", von einer Massenmobilmachung, sprechen. In einem solchen Ausnahmefall käme diesen Zivilisten dann doch Kombattantenstatus zu, jedenfalls dann, wenn eine Eingliederung in die Streitkräfte nicht möglich war und die zu den Waffen Greifenden ihrerseits zum Ausdruck bringen, die Grundregeln des humanitären Völkerrechts zu akzeptieren (Art. 4A Nr. 6 Genfer Konvention III). Diese sich erhebende Bevölkerung wäre dann zwar ein legitimes Ziel, Gefangene müssten aber als Kriegsgefangene privilegiert behandelt werden.

Zivilisten als menschliche Schutzschilde?
Neben gezielten Angriffen auf die Zivilbevölkerung und zivile Objekte ist aber auch der Einsatz bestimmter Waffen verboten und strafbewehrt. Das sind solche Waffen, die geeignet sind, überflüssige Verletzungen oder unnötige Leiden zu verursachen (Art. 8 Abs. 2 b (xx) IStGHSt).

Verboten ist darüber hinaus bereits die Androhung oder Anwendung von Gewalt mit dem hauptsächlichen Ziel, Schrecken unter der Zivilbevölkerung zu verbreiten. Es ist verboten, Zivilpersonen als Schutzschild für militärische Ziele zu missbrauchen oder die Bewegungen der Zivilbevölkerung so zu lenken, dass sie militärische Ziele vor Angriffen abschirmen oder Kriegshandlungen decken (Art. 8 Abs. 2 b (xxiii) IStGHSt). Umgekehrt ist Heimtücke als Kriegstaktik verboten (Art. 37 ZP I), d.h. die weiße Flagge, militärische Abzeichen oder Uniformen des Gegners sowie Schutzzeichen der Genfer Abkommen dürfen nicht missbraucht werden (Art. 8 Abs. 2 b (vii) IStGHSt).

Einen sauberen Krieg gibt es nicht. Immer leiden Zivilisten, die unschuldig in die Frontlinie geraten. Wenn aber Angriffe auf Zivilisten zur Kriegstaktik erhoben werden, dann muss mit lauter Stimme an das Völkerstrafrecht erinnert werden. Dann handelt es sich auch nicht mehr nur um einzelne Verfehlungen gegen die Regeln des humanitären Völkerrechts, sondern um Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Seit Nürnberg sind die Normen bekannt, nun gibt es auch die Institutionen für die Strafverfolgung national wie international. Wir müssen sie nutzen.

Der Autor Prof. Dr. Christoph Safferling ist Inhaber des Lehrstuhls für Strafrecht, Strafprozessrecht, Internationales Strafrecht und Völkerrecht und leitet die International Criminal Law Research Unit (ICLU) an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. Er ist einer der Vizepräsidenten der Internationalen Akademie Nürnberger Prinzipien. Seine Forschungsschwerpunkte liegen unter anderem im Bereich des Völkerstrafrechts und der juristischen Zeitgeschichte.
Andreas
 
Beiträge: 63
Registriert: Di 21. Okt 2008, 10:05

Re: Krieg in Europa und der deutsche Schlingerkurs

Beitragvon mod am Fr 8. Apr 2022, 07:49

Lieber Andreas,

Du hast mir bis zum 11.04.2022 die Herkunft des von Dir verwendeten Videos und Dein Veröffentlichungsrecht nachzuweisen. Vergleiche BGH, Urteil von 20.12.2007 – I ZR 42/05. Liegt mir das nicht vor, werde ich Deinen Beitrag noch am 11.04.2022 löschen.

Mod.
mod
 
Beiträge: 79
Registriert: Mi 27. Aug 2008, 13:08
Wohnort: Deutschland

Re: Krieg in Europa und der deutsche Schlingerkurs

Beitragvon Andreas am Fr 8. Apr 2022, 16:28

Ukraine: Mutmaßlicher Missbrauch von Kriegsgefangenen wäre ein Kriegsverbrechen
Video zeigt anscheinend Kämpfer*innen, die auf russische Kriegsgefangene schießen


(New York-HUMAN RIGHTS WATCH) - Die Ukraine sollte Vorwürfen der Misshandlung russischer Kriegsgefangener durch ukrainische Kämpfer*innen effektiv nachgehen, so Human Rights Watch heute. Sollten sich die Vorwürfe bestätigen, würde das Schlagen und Schießen in die Beine gefangener Kämpfer*innen ein Kriegsverbrechen darstellen. Die Ukraine muss zeigen, dass sie in der Lage und willens ist, schwere Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht zu verhindern und zu bestrafen.

Videos, die am 27. März 2022 online gestellt wurden, zeigen mutmaßlich, wie ukrainische Militärs gefangen gehaltene russische Soldat*innen oder Kämpfer*innen misshandeln, die den Status von Kriegsgefangenen haben, und drei von ihnen in die Beine schießen. Der Vorfall scheint sich in einem Dorf in der Nähe der Stadt Charkiw ereignet zu haben, dessen Rückeroberung die ukrainischen Behörden zwei Tage zuvor angekündigt hatten. Ein am 28. März von einem ukrainischen Journalisten veröffentlichtes Video zeigt drei verkohlte Leichen am selben Ort, aber wer sie sind und wie sie starben, bleibt unklar.

„Alle Informationen in den Videos, die auf Misshandlungen von Kriegsgefangenen und möglicherweise Schlimmeres hindeuten, müssen wirksam untersucht werden“, sagte Aisling Reidy, leitende Rechtsberaterin bei Human Rights Watch. „Es sollte möglich sein, zu überprüfen, ob ein Missbrauch stattgefunden hat, und auf dieser Grundlage die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen“.

Ein Berater des ukrainischen Präsidenten, Olexij Arestowych, räumte ein, dass die Misshandlung von Kriegsgefangenen ein Kriegsverbrechen darstellt, und erklärte, dass die Verantwortlichen bestraft würden. „Ich möchte noch einmal alle unsere Soldaten, Zivilisten und Selbstverteidigungseinheiten daran erinnern, dass die Misshandlung von Kriegsgefangenen ein Kriegsverbrechen ist, für das es nach dem Militärrecht keine Amnestie gibt und das nicht verjährt“, schrieb er am Abend des 27. März auf Telegram. „Ich erinnere alle daran, dass wir eine europäische Armee eines europäischen Landes sind. Wir werden die Gefangenen in Übereinstimmung mit der Genfer Konvention behandeln, unabhängig davon, welche persönlichen emotionalen Beweggründe Sie haben.“

In einem Video, das am selben Tag um 22 Uhr auf YouTube veröffentlicht wurde, erklärte Arestowytsch, dass die Ukraine die Verantwortlichen bestrafen werde, wenn eine Untersuchung ergeben sollte, dass es zu Misshandlungen gekommen sei.

Zwei Videos, die den mutmaßlichen Missbrauch zeigen, wurden am Morgen des 27. März auf Reddit bzw. Twitter veröffentlicht. Ein längeres Video, das später auf YouTube gepostet wurde, enthält dasselbe Bildmaterial wie diese beiden Videos und zusätzlich 1 Minute und 58 Sekunden des Vorfalls.

Das längere Video zeigt fünf Männer in Militäruniform, die mit gefesselten Händen auf dem Boden liegen, zwei von ihnen mit Taschen über dem Kopf. Mindestens drei der Gefangenen scheinen am Bein verwundet zu sein. Ein Traumatologe, der das Video für Human Rights Watch begutachtet hat, sagte, dass die Verletzungen am Oberschenkel und das Blut auf dem Boden auf Schussverletzungen hindeuten.

Nach 2 Minuten und 40 Sekunden ziehen die Kämpfer drei weitere Gefangene aus einem blauen Lieferwagen und schießen ihnen aus nächster Nähe ins Bein. Anschließend schlägt einer von ihnen einem Gefangenen mit einem Gewehrkolben ins Gesicht. Der Traumatologe erklärte, dass dem dritten Gefangenen anscheinend in die Rückseite des Oberschenkels geschossen wurde, und wies darauf hin, dass Oberschenkelfrakturen den Körper schwächen und zu starken Blutungen führen können.

Das Video wurde auf einem Milchbetrieb im Dorf Malaya Rohan aufgenommen, etwa 18 Kilometer östlich des Zentrums von Charkiw, der zweitgrößten Stadt der Ukraine. Der Ort wurde zunächst von einem Social-Media-Nutzer identifiziert und dann von verschiedenen anderen Personen sowie von Human Rights Watch verifziert.

Die ukrainischen Kämpfer tragen verschiedene Uniformen, Waffen und Ausrüstungsgegenstände, aber keine klar erkennbaren Abzeichen. Es ist unklar, ob diese Personen der regulären Armee, einer territorialen Verteidigungseinheit oder einer anderen Truppe angehören.

Einige der Gefangenen tragen weiße Armbänder und einer von ihnen ein rotes Band, die beide von russischen und pro-russischen Kräften im Ukraine-Krieg getragen werden. Viele der Wächter tragen blaue Armbinden, die häufig von ukrainischen Truppen getragen werden.

Eine Person, die im Video nicht zu sehen ist, beschuldigt die Männer, Charkiw anzugreifen, und spricht auf Russisch mit ukrainischem Akzent. „Fragt Sie nach der Aufklärungsgruppe, wo er sie gesehen hat, ich muss es genau wissen“, fragt die Person aus dem Off. „Wo ist die Gruppe?“

Einige der Gefangenen sind kurz davor, ohnmächtig zu werden. „Der ist weg“, sagt ein Wächter. „Der Nächste.“

An einer Stelle ist eine Person zu hören, die offenbar über ein Militärradio auf Russisch ohne ukrainischen Akzent spricht.

Das Video wurde erstmals am 27. März um 4:29 Uhr Ortszeit in einem Reddit-Thread veröffentlicht. Da das Video bei Tageslicht gefilmt wurde, müsste es am oder vor dem 26. März aufgenommen worden sein. Nach einer Untersuchung des Videos und der Prüfung von Wetterberichten erklärte die BBC, dass das Video am 26. März aufgenommen worden sein könnte.

Am 28. März veröffentlichte der ukrainische Journalist Juri Butusow, Redakteur von Censor.net, ein Video vom gleichen Milchbetrieb, das er nach eigenen Angaben einige Stunden nach dem Ende der Kämpfe in der Region aufgenommen hatte. Es zeigt die stark verbrannten Überreste von drei Personen, die seiner Meinung nach russische Uniformen trugen.

In dem Video, über das auch The Intercept berichtet, sind einige der Gebäude des Bauernhofs durch Explosionen oder Feuer beschädigt. In dem Video mit der mutmaßlichen Misshandlung der Kriegsgefangenen sind diese Gebäude scheinbar nicht beschädigt. Wie die Menschen getötet und die Leichen verbrannt wurden und ob es sich um dieselben Männer wie in den früheren Videos handelt, ist noch nicht bekannt.

Journalist*innen, die Malaya Rohan am 28. März besuchten, berichteten, dass sie die Leichen von zwei russischen Soldaten auf der Straße und zwei weiteren gesehen hätten, die in einen Brunnen geworfen worden waren. Ein befragter ukrainischer Soldat gab an, dass fünf russische Soldaten gefangen genommen worden seien, von denen einer bei einem Fluchtversuch getötet worden sei.

Am 27. März beschuldigte der Kommandeur der ukrainischen Streitkräfte, Valerii Zaluzhnyi, Russland, gefälschte Videos von angeblichen Misshandlungen russischer Kriegsgefangener zu produzieren, um die ukrainischen Streitkräfte zu diskreditieren. „Ich betone, dass sich die Angehörigen der ukrainischen Streitkräfte und anderer legitimer militärischer Formationen strikt an die Normen des humanitären Völkerrechts halten“, schrieb er auf Facebook.

Das Genfer Abkommen III regelt die Behandlung von Kriegsgefangenen, und zwar ab dem Zeitpunkt der Gefangennahme. Dies beinhaltet die Verpflichtung, sie jederzeit human zu behandeln. Es ist ein Kriegsverbrechen, Kriegsgefangene vorsätzlich zu töten, zu misshandeln oder zu foltern oder ihnen vorsätzlich großes Leid oder eine schwere Verletzungen des Körpers oder der Gesundheit zuzufügen. Weiterhin ist es verboten, mittels Folter oder anderer Art von Zwang Informationen jeglicher Art von Kriegsgefangenen zu erpressen.

Repressalien gegen Kriegsgefangene sind strengstens untersagt. Kriegsgefangene dürfen weder für Taten bestraft werden, die sie nicht begangen haben, noch dürfen sie einer Kollektivstrafe unterworfen werden. Verwundete oder kranke Kriegsgefangene sollten die gleiche medizinische Versorgung erhalten wie die Angehörigen der Streitkräfte der Partei, in deren Gewahrsam sie sich befinden. Diese Standards gelten gleichermaßen für russische und ukrainische Kriegsgefangene. Zu den Personen, die Anspruch auf den Kriegsgefangenenstatus haben, zählen Angehörige der Streitkräfte, Mitglieder von Milizen oder ähnlichen Kräften, die bestimmten Bedingungen unterliegen, Personen, einschließlich Journalist*innen, die die Streitkräfte begleiten, ohne ihnen anzugehören, Zivilisten, die „en masse“ zu den Waffen greifen, und andere.

Die Ukraine ist auch an das im Völkerrecht geregelte absolute Verbot von Folter und anderer erniedrigender oder unmenschlicher Behandlung gebunden, das sowohl im Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte (ICCPR) als auch in der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) verankert ist, der das Land beigetreten ist.

Anfang März forderte Human Rights Watch die Ukraine auf, sich an ihre Verpflichtung zu halten, Kriegsgefangene nicht öffentlich zur Schau zu stellen, was auch bedeutet, kein Material zu veröffentlichen, in dem einzelne Gefangene erkennbar sind. Insbesondere sollten die ukrainischen Behörden die Veröffentlichung von Videos gefangener russischer Soldaten in sozialen Medien und Messaging-Apps stoppen und verhindern, vor allem solche, die zeigen, wie sie gedemütigt oder eingeschüchtert werden. Human Rights Watch wandte sich am 10. März 2022 schriftlich an den Sicherheitsdienst der Ukraine und das Innenministerium, erhielt jedoch keine Antwort.

Die Staatsanwaltschaft des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) hat eine Untersuchung möglicher schwerer Kriegsverbrechen im Ukraine-Konflikt eingeleitet, worunter auch Kriegsverbrechen gegen russische Kriegsgefangene fallen. Nach dem Grundsatz der Komplementarität kann der IStGH seine Zuständigkeit für die Verfolgung von Verbrechen ausüben, wenn die ukrainischen Behörden nicht in der Lage oder nicht willens sind, ihre eigenen wirksamen innerstaatlichen Verfahren durchzuführen.

Human Rights Watch hat auch über Verstöße gegen das Kriegsrecht und mutmaßliche Kriegsverbrechen durch die russischen Streitkräfte berichtet, darunter wahllose Angriffe auf Zivilist*innen und zivile Objekte mit Streumunition und anderen Waffen, übermäßige Zerstörung, die militärisch nicht gerechtfertigt ist, sowie das Versäumnis, Zivilist*innen die sichere Flucht aus Kampfgebieten zu ermöglichen.

„Der mögliche Missbrauch von Kriegsgefangenen wäre ein Kriegsverbrechen, das eine wirksame Untersuchung und, sollten sich die Vorwürfe als wahr erweisen, eine strafrechtliche Verfolgung und Bestrafung durch die Ukraine nach sich ziehen muss“, sagte Reidy. „Der Schutz von Kriegsgefangenen vor allen Konfliktparteien und durch alle Konfliktparteien ist ein grundlegendes Element des Kriegsrechts.“

Hier der Originalbericht von HUMAN RIGHTS WATCH mit dem Video:

https://theintercept.com/2022/03/31/ukr ... ium=social

Quelle: Intercept, Robert Mackey
Andreas
 
Beiträge: 63
Registriert: Di 21. Okt 2008, 10:05

Re: Krieg in Europa und der deutsche Schlingerkurs

Beitragvon Hagemann am Sa 16. Apr 2022, 15:47

Der Westen gegen Russland: der Punkt, an dem es kein Zurück mehr gibt

Interview mit Paul Craig Roberts – Adriel Kasonta , Quelle: "ASIA TIMES"

Adriel Kasonta: Es ist bereits mehr als ein Monat vergangen, seit Russland mit seiner Militäroperation (oder, wie wir im Westen sagen, „Invasion“) in der Ukraine begonnen hat, die nach Ansicht vieler Beobachter hätte verhindert werden können, wenn Moskaus Vorschläge für Sicherheitsgarantien ernsthaft berücksichtigt worden wären. Ist das ein stichhaltiges Argument oder nur eine Wiederholung der „Kreml-Propaganda“? Und wenn dies zutrifft, warum wurde dann nichts unternommen, um den Krieg zu verhindern?

Paul Craig Roberts: Die Ukraine ist für Russland ein mehrfaches Problem, zum Teil, weil das die Absicht Washingtons ist, und zum Teil, weil Russland strategische Fehler begangen hat.

Russland wurde 2007 zu einem Problem für Washington, als Präsident Wladimir Putin auf der Münchner Sicherheitskonferenz das Ende der amerikanischen Unipolarität verkündete. Die Rückkehr Russlands als Hemmschuh für den amerikanischen Unilateralismus machte die Neokonservativen wütend.

Washington reagierte darauf, indem es Druck auf Russland ausübte. Im Jahr 2008 wurde eine von Washington ausgebildete und ausgerüstete georgische Armee eingesetzt, um in Südossetien einzumarschieren, eine Provinz, die sich von Georgien abspaltete, als Georgien nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion von Russland getrennt wurde. Südossetien wurde von russischen Friedenstruppen bewacht, die bei der georgischen Invasion getötet wurden.

Als Putin von den Olympischen Sommerspielen in Peking zurückkehrte, vertrieb die russische Armee die georgischen Streitkräfte aus Südossetien und eroberte Georgien im Wesentlichen in vier oder fünf Tagen. Die Russen hatten die Möglichkeit, Georgien wieder in Russland einzugliedern und die Aussicht auf eine NATO-Mitgliedschaft Georgiens zu beenden, zogen sich aber stattdessen zurück und ließen Georgien frei.

Dies war eine strategische Fehlentscheidung. Der Kreml hätte zumindest eine von ihm kontrollierte Regierung anstelle der von Washington kontrollierten einsetzen sollen. Obwohl es ein militärischer Sieg für Russland war, war es ein Propagandasieg für Washington: die georgische Invasion in Südossetien wurde zu einer russischen Invasion in Georgien umgedeutet.

Im Jahr 2014 beging der Kreml einen weiteren strategischen Fehler, als er den Olympischen Spielen in Sotschi mehr Aufmerksamkeit schenkte als der farbigen Revolution, die Washington in der Ukraine vorbereitete. Als Washington den Umsturz der ukrainischen Regierung einleitete, griff Russland nicht ein. Eine russlandfreundliche Regierung wurde durch eine russlandfeindliche Regierung ersetzt.

Russland fügte diesem strategischen Fehler einen weiteren hinzu, als sich der Kreml weigerte, das Votum der abtrünnigen Donbass-Republiken zu akzeptieren, die wie die Krim mit Russland wiedervereinigt werden wollten. Auf diesen Fehler folgte ein weiterer.

Russland ließ acht Jahre lang den Beschuss der Russen im Donbass durch ukrainische und neonazistische Asow-Milizen zu, während es gleichzeitig versuchte, die Ukraine und den Westen zur Unterstützung des von der Ukraine unterzeichneten Minsker Abkommens zu bewegen. Während dieser acht Jahre wuchs der innenpolitische Druck auf Putin, die Donbass-Russen zu schützen.

Zu Beginn des Jahres 2022 versammelte sich eine große ukrainische Streitmacht an der Grenze zum Donbass und bereitete einen Angriff vor, um den Donbass zurückzuerobern. Russland reagierte im Februar mit der Anerkennung der abtrünnigen Republiken und erkannte, dass die Wahrscheinlichkeit einer ukrainischen NATO-Mitgliedschaft ein großes Sicherheitsproblem darstellte, da dies US-Raketenstützpunkte an Russlands Grenze bedeuten würde.

Aus Frustration über die kalte Schulter, die der Westen den russischen Sicherheitsbedenken zeigte, intervenierte Russland militärisch in der Ostukraine und umzingelte erfolgreich die Asowschen Neonazis, die zweifelsohne besiegt werden. Obwohl dieses begrenzte Ziel erfolgreich sein wird, wurde es auf eine Art und Weise getan, die es dem Westen ermöglichte, eine massive Psyops-Kampagne zu starten und Russland und seinen Präsidenten in den schwärzesten Farben zu malen.

Da die meisten Kämpfe im russisch besiedelten Donbass stattfinden würden, entschied sich Russland dafür, die Neonazis aus Asow zu vertreiben, ohne schwere Waffen einzusetzen, die auch die einheimische russische Bevölkerung dezimieren würden. Dieser Zwang führte zu einem langwierigen Prozess, den der Westen ausgenutzt hat.

Washington wollte unbedingt eine russische Intervention, die als „russische Invasion in der Ukraine“ bezeichnet und zu Propagandazwecken genutzt werden konnte, um Europa von Russland zu trennen und so das amerikanische Imperium zu erhalten und Finnland und Schweden in die NATO zu drängen, um so die Einkreisung Russlands zu erweitern.

AK: Dient die Entsendung von Waffen (die als eines der Mittel angesehen wird, um Druck auf Russland auszuüben) dazu, der Ukraine Frieden zu bringen, oder verlängert sie im Gegenteil den Konflikt in Osteuropa? Warum tun die USA und ihre Verbündeten dies weiterhin, wenn es das Letztere ist?

PCR: Die Waffen sind die Methode des Westens, einen Stellvertreterkrieg mit Russland „bis zum letzten Ukrainer“ zu führen. Die Waffen werden keinen Einfluss auf das Ergebnis im Donbas haben. Das ukrainische Militär und die militärische Infrastruktur sind im Wesentlichen zerstört. Die Waffen wurden teilweise für Angriffe auf die Zivilbevölkerung eingesetzt und dann in Operationen unter falscher Flagge umgewandelt, für die die Russen verantwortlich gemacht wurden.

AK: Glauben Sie, dass dieser bisher eingedämmte Konflikt eskalieren und sich weiter nach Europa ausbreiten kann, so dass es zu einem direkten Zusammenstoß zwischen der Nordatlantikvertragsorganisation und Russland kommt? Immerhin drängt Polen auf eine „Friedensmission“ der NATO in der Ukraine.

PCR: Der Konflikt kann sich ausweiten, aber es wird keine friedenserhaltende NATO-Mission geben. Jede NATO-Truppe, die in die Ukraine eindringt, würde vernichtet werden. Die Russen sind nicht dort, um die Ukraine zu erobern, und haben keine Truppen in der Westukraine. Sollte die Ukraine in der Lage sein, eine weitere Armee in der Westukraine aufzustellen und die Russen im Donbass anzugreifen, könnte sich der Krieg ausweiten, aber das ist unwahrscheinlich.

Die Gefahr einer Ausweitung des Krieges ergibt sich aus dem Vorstoß der USA/NATO, Finnland und Schweden in die NATO aufzunehmen, sowie aus der Stationierung einer US-Raketenbasis in der Slowakei. Die Russen haben erklärt, dass sie keine Raketenbasen in der Nähe dulden werden, und dies schließt die bestehenden Basen in Rumänien und Polen ein.

Es ist eine extreme und gefährliche Provokation Washingtons, seine Raketen in der Slowakei zu stationieren und weitere Länder in die NATO aufzunehmen. Es läuft darauf hinaus, eindeutige Warnungen des Kremls völlig zu ignorieren. Da Russland mit dem Rücken zur Wand steht, wird das Schicksal dieser Raketenbasen wahrscheinlich die Zerstörung sein, wobei die russischen Atomstreitkräfte in voller Alarmbereitschaft sind, um jegliche Reaktion der NATO zu verhindern.

AK: Es sieht so aus, als sei Washington entschlossen, Moskau für seine Entscheidung, in die Ukraine einzumarschieren, zu „bestrafen“, selbst auf Kosten seiner Bürger. Während Präsident Joe Biden mit der Umsetzung des Plans „Build Back Better“ kämpft, haben die USA und ihre internationalen Finanzinstitutionen, der IWF und die Weltbank, große Geldsummen für die Ukraine bereitgestellt. Können Sie das näher erläutern?

PCR: Die Auswirkungen der Sanktionen werden vor allem die Europäer treffen, aber das ist für die USA und ihre Marionettenstaaten nicht von Belang. Washington geht es darum, sein Imperium vor der Erosion durch die europäische Abhängigkeit von russischer Energie und Mineralien zu bewahren. Die Kosten, die den westlichen Völkern auferlegt werden, sind nur die Kosten für die Art von Krieg, die Washington führt. Die Menschen im Westen bezahlen für diesen Krieg mit einem sinkenden Lebensstandard und nicht mit ihrem Leben.

AK: Was halten Sie von der Entscheidung der Europäischen Union, sich von russischer Energie abzuwenden und sich nach anderen Lieferanten wie den USA umzusehen? Wie durchführbar ist dieser Plan, und, was am wichtigsten ist, dient er den Interessen Europas?

PCR: Er ist nicht durchführbar. Woher kommt die Energie und zu welchen Kosten wird sie geliefert und verteilt? Washington will Russland aus Europa vertreiben. Die Kosten werden größtenteils auf andere abgewälzt.

AK: Können Sie uns etwas mehr über die kurz- und langfristigen sozialen und wirtschaftlichen Folgen der Russland-Sanktionen sagen? Werden sie dem erklärten Ziel dienen, die Wirtschaft Moskaus zu zerstören, oder werden sie im Gegenteil dem Westen noch mehr schaden? Wenn letzteres der Fall ist, was ist dann der Zweck dieser Sanktionen?

PCR: Der Zweck der Sanktionen besteht darin, Europa von Russland zu trennen. Für Russland sind die Sanktionen ein Geschenk des Himmels. Die zurückgezogenen westlichen Unternehmen schaffen Importersatzmöglichkeiten für russische Unternehmen, die an ihre Stelle treten. Dadurch wird verhindert, dass ausländische Unternehmen die Gewinne aus Russland abziehen, und der Westen hat keine Möglichkeit mehr, den Rubel zu destabilisieren, indem er Kapital aus dem Land abzieht.

Die einzigen Länder, die ausländisches Kapital benötigen, sind diejenigen, die nicht über natürliche Ressourcen und wissenschaftliches und technisches Know-how verfügen. Russland hat alles, was für die Selbstversorgung notwendig ist, was bei weitem die beste Situation für jedes Land ist. Die USA waren früher autark, bis sie ihre Industrie nach Asien verlagert haben.

AK: Ist es in Anbetracht der vielfältigen internationalen Handelsbeziehungen Russlands mit Ländern wie China, Indien, Brasilien usw. möglich, Moskau wirtschaftlich und finanziell von der Welt abzukoppeln?

PCR: Washingtons Ziel ist es, Europa von Russland abzukoppeln. Washington ist nicht in der Lage, Russland von der Welt abzuschneiden.

AK: Russland hat noch keine Vergeltungsmaßnahmen gegen die verhängten Sanktionen ergriffen. Was könnte die mögliche Antwort Moskaus sein, und wie würde sie sich auf die Menschen in Europa, den USA und dem Rest der Welt auswirken?

PCR: Der Kreml hätte sein Ziel in der Ukraine erreichen können, indem er einfach die Energie- und Mineralienlieferungen nach Europa abgestellt hätte. Deutschland, das die Hälfte seines Energiebedarfs aus Russland bezieht, hätte wahrscheinlich ein Entgegenkommen gegenüber den russischen Sicherheitsbedenken gefordert.

Dem Kreml fehlte jedoch der Verstand, um diese Macht zu nutzen, denn Russland hat eine inkompetente Zentralbankchefin, die fälschlicherweise glaubt, dass die wirtschaftliche Entwicklung Russlands davon abhängt, dass Devisen zur Finanzierung der Entwicklung erwirtschaftet werden. Mit anderen Worten: die Direktorin der Zentralbank hält Russland für ein Land der Dritten Welt, das sich nicht selbst versorgen kann.

Soweit ich weiß, beliefert Russland Deutschland weiterhin mit Energie, obwohl Deutschland Waffen in die Ukraine geliefert hat und viele andere politische Maßnahmen gegen Russland von Deutschland unterstützt werden. Ich halte das für ein unüberlegtes Verhalten von Seiten Russlands. Ich gehe davon aus, dass Russland durch die Sanktionen nicht genug beunruhigt ist, um sich die Mühe zu machen, harte Gegensanktionen zu verhängen.

AK: Haben wir den Punkt erreicht, an dem es kein Zurück mehr gibt, oder gibt es noch eine Chance, die Beziehungen zu Russland wieder zu verbessern?

PCR: Wer ist „wir“? Der Westen hat seine Beziehungen zu Russland absichtlich ruiniert. Das ist der Plan. Russland von Europa ausschließen. Russland mit Raketen umzingeln, die Moskau in vier Minuten erreichen können, um Russland daran zu hindern, die Hegemonie der USA zu beeinträchtigen. Die große Gefahr bei der Politik des Westens besteht darin, dass die immer rücksichtsloseren Provokationen Russlands zu einem Atomkrieg führen werden.

erschienen am 12. April 2022 auf > ASIA TIMES

________________________________________________________________________________________________________
"Paul Craig Roberts war stellvertretender US-Finanzminister für Wirtschaftspolitik unter Präsident Ronald Reagan. Er war eine treibende Kraft hinter der Wirtschaftspolitik der ersten Amtszeit der Reagan-Regierung und wurde als „wirtschaftliches Gewissen“ des Präsidenten gelobt.
Nach seinem Ausscheiden aus der Regierung hatte Roberts von 1983 bis 1993 den William-E.-Simon-Lehrstuhl für politische Ökonomie am Center for Strategic and International Studies inne, war von 1993 bis 1996 Distinguished Fellow am Cato Institute und saß in mehreren Unternehmensvorständen.
Roberts war früher Redakteur beim Wall Street Journal"
Hagemann
 
Beiträge: 55
Registriert: Mo 10. Nov 2008, 09:22

VorherigeNächste

Zurück zu Aktuelle Themen

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 1 Gast

cron