EZB - Nullzins-Politik

Moderator: mod

EZB - Nullzins-Politik

Beitragvon Peter am So 13. Mär 2016, 10:32

EZB-Chef Mario Draghi senkt die Zinsen und pumpt neue Milliarden in die Märkte.

Erstes Fazit: Die privaten Rücklagen der Sparer werden ab sofort enteignet. Alle Steuerzahler haften für die Geldpolitik. Es tritt eine Doppelhaftung der Bürger ein!!!

Frage: Wer wird zum Schluss das Scherbengericht bezahlen?


Die jüngsten geldpolitischen Beschlüsse der Europäischen Zentralbank stoßen bei führenden Ökonomen in Deutschland auf massive Kritik. Ifo-Präsident Hans-Werner Sinn, der Wirtschaftsweise Lars Feld und ZEW-Präsident Clemens Fuest, äußerten im Gespräch mit der Bild-Zeitung völliges Unverständnis für die Entscheidungen der Währungshüter.

"Die EZB verleiht jetzt Geld zu einem negativen Zins von bis zu 0,4 Prozent an die Banken", sagte Hans-Werner Sinn. "Das ist eine verbotene Subventionspolitik zu Stützung von Zombiebanken und konkursgefährdeten Staaten." Sinn warf Euro-Ländern vor, ihre Stimmenmehrheit im EZB-Rat "hemmungslos" auszunutzen, "um sich die Zinskonditionen so zurechtzuzimmern, dass sie passen".

Lars Feld sagte: "Wir sehen, dass Länder wie Italien trotz des Zinstiefs keine Reformen durchführen und Ausgaben eher noch erhöhen." Daran würden auch die neuen Maßnahmen nichts ändern. Clemens Fuest warnte, die Risiken der Beschlüsse der EZB unter Präsident Mario Draghi seien größer als die Chance, dadurch die Konjunktur anzukurbeln. Sein

Fazit: "Die EZB hat ihr Pulver verschossen."

Der Präsident des Bayerischen Finanzzentrums, Wolfgang Gerke, sprach von einem "Frontalangriff auf alle Sparer". Die EZB fahre "einen hochriskanten Kurs", sagte er der Passauer Neuen Presse. Gerke warnte, dass sich Blasen bilden werden, weil die Bürger sich sehr günstig Kredite besorgen könnten. Das ist die gleiche Politik wie in den USA 2003-2007. Sie endete in einem Scherbenhaufen, den auch die Deutschen bezahlten. Ihr Geld war einfach weg? Nein - nur wieder in den großen Banken der USA.

Die EZB hatte am Donnerstag überraschend den Leitzins von 0,05 Prozent auf null Prozent gesenkt. Zugleich pumpt die Notenbank noch mehr Geld in den Markt und brummt Finanzinstituten, die Geld bei ihr parken, künftig 0,4 statt 0,3 Prozent Strafzinsen auf. Außerdem gibt es neue billige Langfristkredite für Banken. Mit diesem bisher einmaligen Maßnahmenbündel will die EZB die Kreditvergabe im Euro-Raum ankurbeln und so Konjunktur und Inflation anschieben.

Das wird ganz sicher schief gehen, aber hält einige Euroländer, wie z. B. Italien, Spanien, Portugal, Griechenland usw. noch am Leben.

Aber der Steuerzahler haftet für die "Subventionen" und die Privatvermögen werden enteignet.

Ursache? Überproduktionskrise !!! Die "Exportweltmeister" liefern an Griechenland, Afrika und Co. Da man auf Kapitalanlagen in Form von Geld keine Rendite mehr erwirtschaften kann, wird es immer mehr an überproduzierten Waren geben, da sich darin der Mehrwehrt speichert und letztlich auch realisiert werden kann.

So ganz nebenbei schaffen wir ein riesiges Heer von Arbeitslosen in Afrika, Ost- und Südeuropa. Diese kommen nun zu einem Teil in die "reichen" westeuropäischen Länder um nach Arbeit zu suchen. Das muss zwangsläufig in den westeueropäischen Ländern wiederum zu einem tendenziellen Fall der Löhne führen. Damit wird die Kaufkraft dort wieder geringer usw.

Andererseits werden noch subventionierte Kredite nach Italien, Spanien usw. gegeben, dass dort der Überschuss an überproduzierten Waren abgekauft werden kann. Wer bezahlt die Subventionen für die Kredite dorthin???

Die Spirale der Krise dreht sich bereits immer schneller. Hier muss schnellstens eine Lösung her, sonst stehen wir ganz schnell vor einem riesengroßen Scherbenhaufen !

Mittelfristig bestehen eigentlich nur zwei Möglichkeiten.

1. Wir übernehmen die Hauptlast in der EU und zahlen zum "Schluss" die Schulden ALLER.

oder

2. Wir treten selbst aus der EU aus und überlassen dem Rest den Scherbenhaufen.
Peter
 
Beiträge: 77
Registriert: Di 25. Aug 2015, 13:17

Re: EZB - Nullzins-Politik

Beitragvon Heinze am So 13. Mär 2016, 10:38

Ja, Peter. Um die volkswirtschaftliche Sicht einmal mehr ins rechte Licht zu rücken und die emotionale Seite zu relativieren, hier einmal Herr Prof. Werner Sinn zu den Zusammenhängen:

http://www.phoenix.de/content/1062390

Aus meiner Sicht schon sehr überlegt, was er sagt. Hinweis: Man muss auf Play drücken, um das Interview zu sehen.

Hier nochmals an die RENTA CONTROL UNION vielen Dank. Die RENTA CONTROL UNION hat im Forum zur Finanzkrise im Jahr 2015 sehr weitsichtig den Nerv der Forenteilnehmer getroffen aber auch viele Leser in dieses Forum eingeladen, um sich selbst eine bessere Meinung bilden zu können. Das wurde gut angenommen und mehr als 1200 Leser nahmen das Angebot an. In dem vorhergehendem Beitrag bereits mehr als 3000 Leser. Schaut mal in den Eröffnungsbeitrag vom 02.07.2015 !!! durch die RENTA CONTROL UNION, auf Seite 1 der Homepage. Die Einschätzung der Lage war damals schon sehr gewagt. Aber bisher stimmt diese immer noch. Leider ist vieles noch viel schlimmer gekommen, als es die RENTA CONTROL UNION zusammenfassend aus der Meinung vieler von uns vorausgesagt hatte.

Warten wir heute einmal die drei Landtagswahlen ab. Dann lässt sich noch besser einschätzen, welche Verwerfungen auch in der deutschen Politik kurz und mittelfristig aus den volkswirtschaftlichen Tatsachen entstehen werden. Auch ich ahne nichts gutes. Es bleibt zu hoffen, dass der Rechtsruck und offene militärische Auseinandersetzungen wenigstens in Europa unterbleiben.

Kommt es auch in Deutschland zur politischen Destabilisierung? Dann ist eigentlich nichts mehr ausgeschlossen. Merkel sagt das ja selbst, dass die "Eurokrise" (ich glaube es ist nicht nur eine Eurokrise und Prof. Sinn spricht im Interview oben von einer Weltwirtschaftskrise seit 2006) zu den schlimmsten Entwicklungen führen kann und schließt selbst Krieg in Europa nicht aus.

Ich sehe viel mehr, dass die heutigen Wahlen die Vorboten dafür sein könnten, dass die Macht der großen Parteien schwindet, weil man ihnen nicht mehr zutraut die Dinge lösen zu können. Damit wird u. U. eine Führungskrise in den großen "Volksparteien" ausgelöst, weil man glaubt es läge an den Führungspersonen. Wir bekommen u. U. "italienische Verhältnisse". Glaub ich zumindest.
Heinze
 
Beiträge: 137
Registriert: Do 28. Aug 2008, 09:36

Re: EZB - Nullzins-Politik

Beitragvon Grünrock am So 13. Mär 2016, 10:52

Auch aus meiner Sicht hier nochmals mein Dankeschön an die Macher des Forums der RENTA CONTROL UNION. Einerseits darf und kann man seine Meinung offen und mal abseits von der schon z. T. "gleichgeschalteten" Presse einmal direkt und aktuell äußern. Andererseits entgleist bei uns hier die offene Äußerung wie in anderen Foren und sozialen Netzwerken nicht gleich. Manche Zeitungen haben die Foren schon abstellen müssen, weil sie die Dinge nicht mehr in den Griff bekommen und alles wegen der Aufgeregtheit der Menschen völlig entartet.

Bei der RENTA CONRTOL UNION, dagegen nicht. Das Forum ist und bleibt für mich seriös und auch gut sowie informativ. Für uns in den Kommunen und den Einrichtungen der Länder gut lesbar und auch aktiv gestaltbar. Also, mein Dank an die Leute bei der RENTA CONTROL UNION. Ihr macht auch in volkswirtschaftlichen Fragestellungen, zumindest für mich, eine sehr gute Arbeit.

Hier einmal von mir einen Auszug aus der aktuellen SZ (die scheint noch nicht "gleichgeschaltet" zu sein. Aus Sachsen eben einmal was positives, selbst wenn, dass was die SZ schreibt, nicht nur positiv klingt. Aber wahrscheinlich schon nahe an der Wahrheit). Das passt nur für den ersten Blick nicht zum Thema Nullzinsplitik. Auf den zweiten Blick, denke ich, passt das schon:

Für CDU und SPD ist es mit der Stabilität endgültig vorbei

Die Landtagswahlen werden Entwicklungen bestätigen, die es schon länger gibt. Die politischen Lager der alten Bundesrepublik und vertraute Wählerbindungen haben sich aufgelöst.
Schicksalswahl, Entscheidungstag, Sonntag der Abrechnung, Merkels Endspiel. Die Vielzahl der ebenso dramatischen wie dramatisierenden Begriffe, die für die Landtagswahlen in Baden-Württemberg, Sachsen-Anhalt und Rheinland-Pfalz kursieren, legen nahe, dass der Wahlsonntag Deutschland grundlegend verändern könnte. Er wird es nicht tun. Aber er wird Entwicklungen bestätigen, die es schon länger gibt und die auch die Bundestagswahl 2017 beeinflussen werden.
Zunächst einmal betrifft dies die Zukunft der sogenannten Volksparteien CDU und SPD. Für beide ist die Zeit der Stabilität endgültig vorüber. "Stabilität" hieß jahrzehntelang, dass eine von beiden mit einem kleineren Koalitionspartner - lange Zeit die FDP, später auch die Grünen - im Bund und in den Ländern Regierungen bilden konnte. In einem Prozess, der Ende der Siebziger mit der Gründung der Grünen begann, sich Anfang der Neunziger mit der PDS, später der Linkspartei fortsetzte und nun mit dem Aufstieg der AfD weitergeht, verloren CDU und SPD immer mehr an Zustimmung. Die Vorstellung, es dürfe rechts von der Union oder links von der SPD keine anderen Parteien geben, entstammt dem Deutungshaushalt der alten Bundesrepublik. Kein Wunder, dass gerade die CSU, das langlebigste Relikt aus westdeutschen Zeiten, an dieser Vorstellung geradezu manisch festhält.
Die politische Dichotomie der Bundesrepublik - konservatives Lager, linkes Lager und dazwischen die Zahnärzte und Rechtsanwälte der FDP - ist erodiert. In vielen europäischen Nachbarländern haben vergleichbare Umbrüche zu Umstürzen der Parteienlandschaften geführt.
SPD ist eine strukturelle Minderheitspartei geworden.
Hierzulande verläuft dieser Prozess weniger dramatisch. Dennoch ist die SPD bereits eine strukturelle Minderheitspartei geworden; in etlichen Bundesländern verliert sie sogar den Status als zweite politische Kraft. Das ist nicht nur mehr im Osten so, wo die Linkspartei aus regionalgeschichtlichen Gründen stark ist, sondern auch in Teilen des Westens. Gerade in den großen Ländern im Süden marschiert die SPD auf der Verliererstraße, egal ob sie sich eher links gibt wie in Bayern oder eher mittig wie in Baden-Württemberg.
Die CDU ist vom strukturellen Bedeutungsverlust noch etwas weniger betroffen als die SPD. Trotzdem wird sie am Sonntag in erster Linie unter vielen Protest- und Nichtwählern zu leiden haben, die wegen eines einzigen Themas, der Flüchtlingspolitik, der Merkel-Partei den berühmten Denkzettel verpassen wollen. Dies hängt nicht nur mit der Politik gewordenen Person der Bundeskanzlerin zusammen, sondern auch damit, dass keine andere zur Wahl stehende, halbwegs aussichtsreiche Partei eine grundsätzlich andere Flüchtlingspolitik vertritt, als dies Merkel tut. Viele, die für die AfD votieren werden, werden dies in erster Linie tun, weil sie gegen Merkel stimmen wollen.
Wer am Sonntag AfD wählt, stimmt nicht nur gegen Merkel.
Aus der inhaltlichen Angleichung der einst großen Parteien sowie des munteren, mehrmaligen Lagerwechsels vieler nicht mehr festgelegter Wähler folgt auch, dass bereits jetzt Fünf-Parteien-Parlamente so etwas wie der Normalfall in Deutschland geworden sind. Sollte die FDP ihr Wachkoma verlassen können und die AfD sich in den kommenden Monaten halbwegs unter den Plus-minus-zehn-Prozent-Parteien etablieren, wird dies in Landtage und Bundestag Verhältnisse bringen, wie man sie früher aus Italien zu kennen glaubte und gerne verlachte.
In Bayern, ein politischer Sonderfall, wird nicht die schwache SPD die Alleinherrschaft der CSU beenden, sondern die CSU könnte bei der Landtagswahl 2018 wegen der ziemlich unterschiedlichen Kleinkonkurrenten AfD, Grüne, FDP und Freie Wähler ihre absolute Mehrheit verlieren. Genau deswegen zetert Seehofer so nachhaltig gegen Merkels Flüchtlingspolitik. Zwar steht die CSU an diesem Sonntag nicht zur Wahl. Das ist gut für sie, weil sie zurzeit als politische Bigamistin - gegen Merkels Politik, aber in Merkels Regierung - wenig glaubwürdig wirkt.
Wie sehr sich traditionelle Wähler-Bindungen aufgelöst haben, zeigt die Popularität der Kretschmann-Grünen in Baden-Württemberg. Dass die Partei dort in den Umfragen auf dem ersten Platz liegt, hat sicher auch mit der strukturellen Schwäche der SPD sowie mit der landesspezifischen Bresthaftigkeit der CDU zu tun. Kretschmann aber wird - wie übrigens Merkel vor der Flüchtlingskrise - als eine Vertrauensperson wahrgenommen, deren parteipolitischer Standort nachrangig ist. Für Kretschmann gilt nicht das alte Diktum der Konservativen, nach dem Helmut Schmidt der richtige Mann in der falschen Partei gewesen sei. Bei Ausnahmepolitikern wie Kretschmann ist es nahezu egal, in welcher Partei sie sind, weil ihre Partei über sie und nicht sie über ihre Partei gewählt werden.
Und die AfD? Die mehrmals gehäutete Partei ist radikaler als früher, und sie lebt bei diesen Landtagswahlen fast ausschließlich vom Protest gegen Merkel. Sie ist, egal welche Mimikry ihre moderateren Funktionäre betreiben, eine Partei des rechten bis sehr rechten Spektrums. Dieses Spektrum reicht bei den in deutschen Parlamenten nennenswert vertretenen Parteien vom linken Rand, den der westdeutsche Flügel der Linkspartei vertritt, bis zum rechten Rand, den ostdeutsche Landesverbände der AfD bilden. Diese Feststellung ist keine Ausgrenzung, sondern sie positioniert die AfD in der Parteienlandschaft dort, wo sie steht.

Auszug aus der SZ v. 13.03.2016
Grünrock
 
Beiträge: 131
Registriert: Mo 1. Sep 2008, 10:41
Wohnort: Chemnitz

Re: EZB - Nullzins-Politik

Beitragvon Vogel.dresden am So 13. Mär 2016, 11:36

Der Diskussion schließe ich mich gern an. Also zunächst ein Dankeschön an die Forengestalter der RENTA CONTROL UNION. In der Tat. Neben den guten Ergebnissen der Kommunalberatung und nicht zuletzt der Beratung für die Einrichtungen im Freistaat - auch ein sehr gute Forum, was immer wieder lesenswert ist. Deshalb auch einmal ein Beitrag von mir - in der Hoffnung, etwas les- und diskutierbares beitragen zu können. Ich habe da einen guten Beitrag im Spiegel gelesen. Hier bitte:

"Im Fall eines Wahldesasters in Baden-Württemberg kann die CDU-Spitze die Schuld aufs Ländle schieben. Man wird allerlei Erklärungen dafür finden, warum es so mies gelaufen sein könnte.

Komplizierter ist der Fall Rheinland-Pfalz. CDU-Spitzenkandidatin Julia Klöckner wurde zum Star der Union aufgebaut. Schafft sie es wieder nicht ins Amt der Ministerpräsidentin, wäre ihre Strahlkraft vorerst dahin. Ihr Aufstieg wäre gestoppt, die Chance, sich für höhere Weihen zu empfehlen, erst einmal vorbei.

Merkels Kanzlerschaft ist durch die drei Landtagswahlen aber vorerst nicht gefährdet. Sie ist, trotz Nachfolgedebatten in der Flüchtlingskrise, weiter das größte Pfund der Union, ihre Beliebtheitswerte erholten sich zuletzt leicht. Man kann zu diesem Zeitpunkt kein ernsthaftes Interesse an einem Merkel-Sturz ausmachen. Trotzdem könnte der Druck der Merkel-Kritiker auf die Chefin noch am Wahlabend massiv zunehmen.

Denn es sieht nicht gut aus für die CDU:

◾Im konservativen Stammland Baden-Württemberg vermasselte Spitzenkandidat Guido Wolf den Wahlkampf, viele Unionsanhänger laufen davon. Die Grünen sind in den Umfragen längst an der CDU vorbeigezogen.
◾In Rheinland-Pfalz konnte sich die CDU mit ihrer ewig strahlenden Spitzenkandidatin Klöckner ernsthafte Hoffnungen auf einen Machtwechsel machen. Jetzt liegt die CDU laut Umfragen nur noch knapp vor der SPD oder sogar gleich auf.
◾In Sachsen-Anhalt gilt es, mit CDU-Mann Reiner Haseloff einen Ministerpräsidentenposten zu verteidigen. Das ist weiterhin gut möglich. Allerdings eher deshalb, weil es in dem ostdeutschen Bundesland keine starke politische Konkurrenz gibt - abgesehen von der AfD, die am Sonntag Rekordwerte holen könnte.

Je mehr schlechte Nachrichten es am Wahlabend für die CDU gibt, desto größer wird die Angriffsfläche für Attacken von CSU-Chef Horst Seehofer und Gegner in Merkels eigener Partei. Nach Sonntag dürfte es für die Kanzlerin noch schwerer werden, ihren Flüchtlingskurs zu verteidigen."

(Auszug aus dem Spiegel)
Vogel.dresden
 
Beiträge: 57
Registriert: Do 27. Nov 2008, 20:43

Re: EZB - Nullzins-Politik

Beitragvon jop am So 13. Mär 2016, 11:57

Nun einmal wieder zurück zur Nullzinspolitik. Hier wollten die Forenbetreiber von der RENTA CONTROL UNION eigentlich hin. Ich habe mir einmal WIKIPEDIA als Ansatz herausgegriffen und den dortigen theoretischen Ansatz auf die geldpolitische "REAKTION" auf eine Nullzinspolitik einmal angeschaut:

Geldpolitische Reaktion zur Nullzinspolitik

„Klassische Deflationen“ in Form von massivem Preisverfall über breite Güter- und Dienstleistungsangebote hinweg hatten z. B. in der Weltwirtschaftskrise um 1930 eine starke Tendenz zu einer gewissen Dauerhaftigkeit. Litt ein Land einmal unter einer deflationären Phase, so war die Gefahr einer selbsterhaltenden bzw. sogar selbstverstärkenden Tendenz sehr groß: Sinkende Preise und Einkommen führten zu einer merklichen Kaufzurückhaltung der Konsumenten, da diese mit weiter sinkenden Preisen bzw. Einkommen rechneten. Die sinkende Nachfrage wiederum bewirkte eine niedrigere Auslastung der Produktionskapazitäten oder gar Insolvenzen und damit weiter sinkende Preise und Einkommen. Aufgrund der negativen Auswirkungen auf die Gläubiger, z. B. Banken, schränken diese ihre Kreditvergabe ein, was die Geldmenge vermindert und Wirtschaftswachstum erschwert. Diesen Kreislauf bezeichnet man im Allgemeinen als Deflationsspirale.
Seit dem Aufkommen keynesianischer und monetaristischer Theorie gilt Deflation als verhinderbar. So geht z.B. Ben Bernanke davon aus, dass eine Deflation durch geldpolitische und fiskalpolitische Maßnahmen, notfalls auch durch Quantitative Lockerung schnell beendet werden kann. Im Rahmen der Finanzkrise ab 2007 wurde eine „Gefahr der Deflation“ gesehen. In Japan ist seit den 1990er Jahren ein rückläufiges Preisniveau zu beobachten. "


Soweit zur Theorie des Keynesianismus. Nur fehlt mir der Glaube daran, dass das funktioniert. Hat diese Steuerung denn die Krise ab 2006 verhindert? Hat die lockere Geldpolitik denn die Inflation bisher wirkungsvoll verstärkt und eine Deflation verhindert? Nein. Geldpolitik getrennt von der Wirtschaftspolitik kann nicht funktionieren. Die 0,0 Zinspolitik wird die Probleme verstärken. Rendite ist mit Geldanlage auch für die großen Wirtschaftsschiffe nicht mehr drin. Also wird man in die bereits bestehende Überproduktion finanzieren und in den Gütern/Waren den Gewinn "einlagern", bis man diese verkaufen kann. Das auf Teufel komm heraus. Auch wenn man ganze Volkswirtschaften um uns herum kaputt macht, um dorthin zu exportieren und die Überproduktion der Waren mit eigelagerter Rendite abzusetzen. Prof. Werner Sinn (siehe oben) spricht schon davon, dass man eben zur Beseitigung der bestehenden Weltwirtschaftskrise einigen Ländern mal den "Hahn abdrehen" muss und diese in eine "geordnete" Insolvenz laufen lassen sollte. Das liefe aber darauf hinaus, dass immer weniger solvente Länder für immer mehr insolvente Länder die Waren produzieren um den großen Knall der Krise am "schwarzen Freitag" zu verhindern. Hoffentlich lassen sich das Italien und andere Länder dann auch gefallen und die Menschen in Italien kommen nicht als Flüchtlinge nach Deutschland und wollen Arbeit. Grenzen dicht nach Italien, Spanien, Frankreich, Polen ....??? Geht nicht! Dann ist die EU am Ende. Es wird jeder nur um sein eigenes "Leben" kämpfen und nicht um die EU. Eine solche Frontenbildung entwickelt sich in der EU bereits (Exportweltmeister gegen Importweltmeister, Süd gegen Nord, Ost gegen West, armes Land gegen reiches Land, Insel gegen Festland).

Dann wird man auch in Betongold investieren, soweit noch möglich. Weil es steht die Frage, wohin mit dem Rest der Rendite, was nicht in die Güterproduktion floss? Dabei ist man schon so weit, wie vormals in den USA, denn Geld gibt es auch für den, der sich das Haus eigentlich niemals leisten könnte. Herzlichen Glückwunsch an die Bauindustrie, aber das Glück wird nur von kurzer Dauer sein. Wir schaffen also neben dem Desaster der Überproduktion und dem Preisverfall auch noch eine gewaltige Immobilienblase. Das zusammen und nicht zu vergessen, die Flüchtlingskrise schafft nach meiner Meinung sehr bald eine sehr explosive Masse.

Um nun den Bogen zur Deflation zu schließen. Deflationäre Entwicklungen haben wir in vielen Ländern der EU bereits. Polen führt hier das Feld an und sitzt im Januar 2016 mit -1,7 % Inflationsrate ganz dick in der Deflation. Das gefolgt von Rumänien mit -1,5, Zypern mit 1,1, Spanien 0,4. Die EU hatte im Januar 2016 nur noch eine Inflationsrate von 0,2% insgesamt. Auch Deutschland wäre im Februar d. J. fast in die Deflation abgerutscht und liegt gegenwärtig bei 0,0 % Inflationsrate. Eine anhaltende Deflation im Euroraum wird u. U. schlimme Folgen haben. Dazu braucht es aber gesunden Wachstums der Volkswirtschaften. Allein finanzpolitische Hebel reichen hier nicht.

Warum ist das wahrscheinlich so: Der Begriff Inflation stammt aus der Volkswirtschaftslehre und bezeichnet einen Anstieg der Verbraucherpreise. Der Preisanstieg kann z. B. durch eine Veränderung des Austauschverhältnisses von Güter- zu Geldmenge verursacht werden, wenn sich die Geldmenge erhöht, ohne dass gleichzeitig die Produktion von Gütern im selben Maße zunimmt. Und genau das ist das Problem. Es wurde und wird der Markt mit Geld förmlich überschwemmt. Rendite durch Geldanlage ist auch für die Unternehmen, ob klein oder groß nicht interessant. Sie investieren auch trotz des billigen Geldes nicht, da wir uns in einer weltweiten Wirtschaftskrise befinden und die produzierten Güter nur noch mit Druck oder gar "mit staatlich verteidigten geopolitischen Interessen", abgesetzt werden können. Wohin soll denn die Erweiterung an Kapital hingesteckt werden? Die Unternehmen müssen am Wettbewerbsmarkt schnell genug wachsen, sonst überstehen sie den nationalen oder internationalen Verdrängungswettbewerb nicht. Demnach sind Wachstumsraten unabdingbar, haben aber auch die Erweiterung des Kapitals zur Folge. Somit wird ein Großteil aus der Erweiterung des Kapitals eben wie bisher in die Güterproduktion gesteckt, denn ohne Rendite kann kein Unternehmen überleben. Also wächst z. Z. die Güterproduktion im Euroraum noch schneller, wie der Zuwachs am Geldmenge jemals vollzogen werden könnte. Der schnelle und ungebremste Zuwachs an Geldmenge hat aber auch negative Folgen. Diese werden die bestehende Krise und auch die Unzufriedenheit der Menschen noch anheizen, da sie sich nicht freiwillig durch eine Nullzinspolitik "enteignen" lassen werden. Außerdem wird zunehmend Unruhe erzeugen, dass sich nun doch die Süd-und Osteuropäischen Staaten zur Bezahlung Ihrer Kredite auf zinsloses oder sogar subventioniertes Geld der EZB zurückgreifen. Das ist verkehrte Welt und alle Steuerzahler in der EU haften dafür. Kann denn das gut gehen? Diejenigen Staaten in der EU, die das Geld liehen, bezahlen jetzt auch noch für die Finanzierung der Kredite und die Kreditnehmer zahlen mit 0 Zinsen Ihre Kredite kostenfrei ab??? Die grundlegenden Gesetze der Wirtschaft und Volkswirtschaft geraten zunehmend in schlimmster Weise durcheinander. Wer das alles noch zulässt und nicht mehr gegensteuert, braucht sich über die Folgen dann auch nicht mehr zu wundern. Die treten voraussichtlich schneller ein, als man sich das denkt. An der Sache muss sich deshalb schnell etwas ändern.

Hinweis an den Admin oder Mod. von der RENTA CONTROL UNION!!! Bitte einmal überlegen ob wir für die "Wahlbeiträge" ein separates Thema aufmachen???
jop
 
Beiträge: 70
Registriert: Mo 1. Sep 2008, 11:50

Re: EZB - Nullzins-Politik

Beitragvon Grünrock am So 13. Mär 2016, 14:59

Hallo Jop. Wer wird denn da so schwarz sehen!!! Aber Hut ab, manches hatte ich in den Zusammenhängen auch noch nicht so gesehen. Dein Beitrag bring Erleuchtung, wenn ich auch hoffe, dass das alles nicht so schlimm ist bzw. wird.

Aber hier nochmals die Anregung an die Mannschaft der RENTA CONTROL UNION. Bitte mal schauen, dass wir die Beiträge zur Wahl in ein anders Thema stecken.
Grünrock
 
Beiträge: 131
Registriert: Mo 1. Sep 2008, 10:41
Wohnort: Chemnitz


Zurück zu Aktuelle Themen

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 3 Gäste

cron