Euro-Krise mit Italien-Wahlen wieder auf der Tagesordnung

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Euro-Krise mit Italien-Wahlen wieder auf der Tagesordnung

Beitragvon Heinze am Sa 9. Mär 2013, 18:21

Die Zinsen der Krisenländer sind auch im März d. J. deutlich in die Höhe geschossen.
Brüssel hatte im Januar die Euro-Krise für beendet erklärt. Da sie weiter schwelt, bricht sie an den Wahlergebnissen in Italien wieder auf. Vor allem für Spanien und Portugal hat das fatale Auswirkungen, weil hausgemachte negative Tendenzen verstärkt werden. Während der Euro gegenüber dem Dollar auf Sieben-Wochen-Tief fiel, ging in Spanien die Madrider Börse am Morgen um mehr als 3% in die Knie. Ähnlich sah es in Lissabon aus. Die Leitbörse im italienischen Mailand ist zeitweise sogar mehr fast 5% in den Keller gerauscht.
Eine Gegenbewegung war beim Risikoaufschlag für Staatsanleihen aller drei Krisenländer zu sehen. Erstmals seit Dezember hat der Spread für spanische Anleihen die Marke von 400 Basispunkten wieder überschritten. Von 361 Punkten am Vortag schoss die Differenz zu Bundesanleihen am Sekundärmarkt um 51 Punkte auf 412 Punkte hoch. Zehnjährige Staatsanleihen sind wieder mit hohen Renditen von 5,6% gehandelt worden. Auch italienische Papiere schossen über 40 Basispunkte hoch. Römischen Anleihen werden nun mit 4,9% gehandelt.
Dass der Anstieg für Italien geringer ausfiel und das Zinsniveau für Rom noch deutlich niedriger als das spanische ist, macht deutlich, dass die Wahlen in Italien bestehende Tendenzen in Spanien nur verstärkt haben. Da nun Italien angesichts der schwierigen Regierungsbildung eine bewegte Zeit bevorsteht, richten sich die Blicke wieder stärker auf den Absturzkandidaten Spanien und seinen kranken portugiesischen Nachbarn.
Beide Länder hatten in den letzten Wochen etwas von einer nur scheinbaren Beruhigung an den Finanzmärkten profitiert. Die Ankündigung des Präsidenten der Europäischen Zentralbank (EZB) Mario Draghi, die EZB werde alles Erforderliche tun, um den Euro zu retten, hatte die Zinsen für Italien, Spanien und Portugal gesenkt. Allerdings blieb das Zinsniveau wegen hoher Defizite und Verschuldungsquoten für Italien und Spanien – vor allem in der sich verstärkenden Rezession - weiter viel zu hoch. Mit zwei Billionen Euro Schulden, 128% der jährlichen Wirtschaftsleistung, wird die Lage für Italien immer unbeherrschbarer.
Für Portugal keimten zwischenzeitlich bei manchen Beobachtern sogar Hoffnungen auf, dass es 2013 wie geplant den Rettungsschirm verlassen und zur Refinanzierung an die Finanzmärkte zurückkehren könne. Die Regierung sogar schon Licht am Ende des Tunnels sehen. Doch das scheint eher ein entgegenkommender Zug zu sein. Deshalb verliefen portugiesische Tests mit kurzfristigen Anleihen an den Finanzmärkten zuletzt nicht sonderlich positiv, denn die Rezession fällt sogar stärker noch stärker als erwartet aus und die Arbeitslosigkeit steigt weiter. Die "European Economic Advisory Group", der das Münchener Ifo-Institut angehört, sieht im gerade veröffentlichten Jahresbericht "keinerlei Anzeichen einer Besserung.
Tatsächlich ist die Wirtschaft ist im vierten Quartal 2012 gegenüber dem Vorjahreszeitraum sogar um 3,8% geschrumpft. Und auch die konservative Regierung unter Pedro Passos Coelho erwartet nun, dass sie 2013 erneut um 2% schrumpfen wird. Im vergangenen Herbst hatte sie nur die Hälfte erwartet. Coelho fordert von der Troika aus EU-Kommission, Internationalen Währungsfonds (IWF) und EZB erneut mehr Zeit, um die Defizitziele zu erreichen.
Troika-Vertreter sind am Montag im Land eingetroffen, um die Umsetzung der Nothilfe-Auflagen zu prüfen. Dabei wäre eine Revision der Auflagen nötig, denn es sollte doch längst an Beispielen wie Portugal und Griechenland klar werden, dass mit den harten Sparmaßnahmen die Ziele nicht zu erreichen sind. Wie Spanien wurde Portugal schon für 2012 ein höheres Haushaltsdefizit genehmigt. Wie Spanien erhielt auch Portugal schon ein Jahr mehr Zeit und soll erst 2014 die Stabilitätsmarke von 3% wieder erfüllen.
Auch in Spanien wirkt sich der Sparkurs immer fataler aus. Die Arbeitslosigkeit strebt schon auf die Marke von 30% zu, fast 60% aller jungen Menschen haben keinen Job mehr. Und das Land macht zudem eine Staatskrise durch. Die regierende konservative Volkspartei (PP) und die Monarchie sind in Korruptionsskandale verstrickt. Das ließ den Spread schon Anfang Februar zwischenzeitlich erneut auf 380 Punkte steigen. Die Glaubwürdigkeit von Ministerpräsident Mariano Rajoy erreicht nicht nur im Land immer neue Tiefpunkte.
Auch die EU-Kommission nimmt ihm die Prognosen nicht mehr ab. Brüssel geht davon aus, dass die spanische Wirtschaft 2013 erneut um 1,5% und nicht um 0,5%, wie die spanische Regierung sagte, schrumpfen wird. Die Arbeitslosigkeit und das Haushaltsdefizit sollen ebenfalls deutlich höher ausfallen, als Madrid erwartet. Brüssel geht davon aus, dass Spanien bei der Haushaltskonsolidierung weiter versagt. 2012 und 2013 erwartet die Kommission wegen der Bankenrettung ein Defizit von jeweils etwa 10%. Damit ist das Defizit trotz des massiven Sparkurses 2012 gegenüber 2011 sogar noch gestiegen. Vereinbart war aber, es auf 6,3% zu drücken.
Das Misstrauen wächst. Italien wird erneut zum Katalysator für die Euro-Krise. Die Erwartungen steigen wieder, dass Spanien als großes Euroland über die Bankenrettung hinaus um einen umfassenden Rettungsantrag nicht herumkommen wird.

Ralf Streck
Heinze
 
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Re: Euro-Krise mit Italien-Wahlen wieder auf der Tagesordnung

Beitragvon rose am Sa 9. Mär 2013, 18:26

Nach der Wahl in Italien wächst in Europa die Sorge vor einer politischen Krise in dem Land mit negativen Auswirkungen auf den Euro. Die gemeinsame Währung verlor an den Devisenmärkten angesichts der unklaren Lage deutlich an Wert. Keines der politischen Lager hat in beiden Parlamentskammern eine ausreichende Mehrheit. Die EU-Kommission machte deutlich, dass sie rasch eine stabile Regierung in Rom erwarte.
Pier Luigi Bersani, dessen Mitte-links-Bündnis die absolute Mehrheit der Mandate im Abgeordnetenhaus errang, wollte sich nicht als „Wahlsieger“ bezeichnen. Bersani, der erst am Dienstagnachmittag und damit mehr als 24 Stunden nach Schließung der Wahllokale vor die Presse trat, verwies darauf, dass er im Senat keine Mehrheit hinter sich weiß, und wollte keine Koalitionsmöglichkeit andeuten. Nun habe „die Zeit der Diplomatie begonnen“, sagte der Chef der Demokratischen Partei (PD) lediglich.
„Nicht unregierbar werden“
Der frühere Ministerpräsident Silvio Berlusconi, dessen Mitte-rechts-Bündnis im Senat unwesentlich stärker ist als Bersanis Bündnis, kündigte an, die Möglichkeit von Koalitionsverhandlungen mit dem PD „ernsthaft zu prüfen“. Der mit Bersani verbündete Linkspolitiker Nichi Vendola von der Partei „Linke-Ökologie-Freiheit“ (SEL) lehnte solche Gespräche mit Berlusconi jedoch ab. Er verlangte, mit der populistischen „Bewegung fünf Sterne“ des Komikers Beppe Grillo Gespräche zu führen, die mit harscher Kritik gegen alle etablierten Parteien etwa ein Viertel der Stimmen auf sich vereinigt hatte. Grillo, der selbst nicht ins Parlament einzieht, wandte sich aber gegen jedes „Techtelmechtel“ mit den etablierten Parteien und erklärte diesen einen „Krieg“.
Staatspräsident Giorgio Napolitano kann dem Politiker, dem er die besten Aussichten auf die Bildung einer Mehrheitsregierung zubilligt, einen entsprechenden Auftrag erteilen oder Neuwahlen ausschreiben. Am Dienstag aber hieß es aus dem Quirinal, der Präsident sei gegen Neuwahlen. Bersani sagte, er habe die Folgen der tiefen Rezession und der Jugendarbeitslosigkeit auf das Verhalten der Wähler unterschätzt.
Den Erfolg der Bewegung Grillos erklärte Bersani damit, dass viele „Politiker nicht mehr als glaubwürdig gelten“. Grillo sagte: „In den letzten dreieinhalb Jahren sind wir zur absolut stärksten Partei im Land aufgerückt.“ In der Tat ist zwar Bersanis Bündnis, nicht aber seine eigene PD stärker als Grillos Bewegung. Der amtierende Ministerpräsident Monti sagte am Dienstag, er sei gegen Neuwahlen. Jedoch dürfe Italien nicht unregierbar werden.
Keine absolute Mehrheit im Senat
Nach den offiziellen Ergebnissen sicherte sich Bersanis Bündnis dank der Mehrheitsprämie für seinen äußerst knappen Sieg vor Berlusconis dem Mitte-rechts-Bündnis unter Silvio Berlusconi eine bequeme Mehrheit von 340 der 630 Sitze im Abgeordnetenhaus. Im neuen Senat aber hat Bersani drei Gefolgsleute weniger als Berlusconi. Der bisherige Ministerpräsident Mario Monti, ein möglicher Partner Bersanis, kann nur 18 Senatoren aufbringen. Das aber reicht nicht für die absolute Mehrheit von 158 Sitzen.
Der Präsident des Europäischen Parlaments Martin Schulz sagte: „Wir brauchen eine stabile Regierung in einem der wichtigsten EU-Mitgliedstaaten.“ Die Kommission forderte Italien auf, nicht vom vereinbarten Reform- und Sparkurs abzuweichen: „Es ist selbstverständlich wichtig, dass Italien Reformen weiterführt, um nachhaltiges Wachstum und die Schaffung von Jobs zu sichern“, sagte Währungskommissar Olli Rehn. EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy sagte, zum Reform- und Konsolidierungskurs gebe es „keine Alternative“.
Für Euch in der FAZ gefunden.
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Euro-Krise mit Italien-Wahlen wieder auf der Tagesordnung

Beitragvon biene am Sa 9. Mär 2013, 18:33

Uns ...Finanzminister sagt:

Es sei zu früh, die Eurokrise für beendet zu erklären sagte der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble. Nun aber sei durch die Italien-Wahl die Krise zurück. Das Wahlergebnis in Italien habe nämlich Zweifel hervorgerufen, ob eine stabile Regierung gebildet werden kann. Wenn solche Zweifel aufkommen, bestehe Ansteckungsgefahr. „Dies haben wir letztes Jahr gesehen, als die Wahlen in Griechenland zu politischer Ungewissheit führten. Andere Länder werden dann angesteckt“, sagte Schäuble der Nachrichtenagentur Reuters. Schäuble hatte Wahlkampf für Monti gemacht, was dem Goldman-Banker offenkundig nur wenig geholfen hat, sehr zum Bedauern der internationalen Bailout-Branche.

Nun seien die gewählten Politiker gefordert, eine stabile Regierung zu bilden. „Je schneller sie dies tun, desto schneller wird die Ungewissheit überwunden sein“, sagte Schäuble. Allerdings hat sich in den italienischen Wahlen eine Pattsituation ergeben. Keines der politischen Bündnisse verfügt über eine Mehrheit in beiden Parlamentskammern. Und eine mögliche Koalition ist nicht in Sicht, sodass es in vier Monaten zu Neuwahlen kommen könnte.

„Und übrigens: Ich habe niemals gesagt, die Eurokrise sei vorbei. Ich habe nur gesagt, wir haben erhebliche Fortschritte gemacht“, sagte Schäuble. Der Weg müsse fortgesetzt werden, auch wenn es Rückschläge gebe. Nach den Parlamentswahlen hatte der Druck auf Staatsanleihen des Landes deutlich zugenommen. Die Zinsen für 10-jährige Anleihen stiegen deutlich an.
--Wer anderen eine Grube gräbt, hat ein Grubengrabgerät--
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Re: Euro-Krise mit Italien-Wahlen wieder auf der Tagesordnung

Beitragvon Heinze am Sa 9. Mär 2013, 18:39

Fortschritte?

Welche denn? Im zurückliegenden Jahr waren wir zwei Schritte vor dem Abgrund - heute, 2013 sind wir einen Schritt weiter.
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