Länderfinanzausgleich vor dem aus?

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Länderfinanzausgleich vor dem aus?

Beitragvon Kaktusblüte am Mo 23. Jul 2012, 09:38

Bayern wird vor dem Bundesverfassungsgericht gegen den Länderfinanzausgleich klagen. Darauf hat sich das schwarz-gelbe Kabinett in München verständigt, hieß es aus Regierungskreisen. Bis zum Herbst soll die Klageschrift erstellt werden. Ziel ist es nach Angaben aus der Koalition, die Klage noch in diesem Jahr einzureichen.
Ministerpräsident Horst Seehofer sagte: "Bei aller Solidarität haben wir immer klargemacht: Ein Transfersystem, bei dem Bayern allein die Hälfte der gesamten Ausgleichssumme in ganz Deutschland zahlt, ist aus dem Ruder gelaufen und muss korrigiert werden."
Die drei großen Geberländer Bayern, Baden-Württemberg und Hessen hatten den Nehmerländern schon mehrmals mit einer Klage vor dem Bundesverfassungsgericht gedroht, wenn diese nicht zu einer Neuregelung des Finanzausgleichs bereit seien. Bayern war selbst lange Zeit ein Nehmerland, hat inzwischen aber mit Abstand die Hauptlast zu tragen.

Bayerns Landesregierung hat die von Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) angedrohte Klage gegen den Länderfinanzausgleich beschlossen. Das größte Geberland will seine Zahlungen in das Solidarsystem deutlich reduzieren. Davon zahlte Bayern mit rund 3,66 Milliarden Euro die Hälfte. Den Rest steuerten Hessen (25 Prozent), Baden-Württemberg (24 Prozent) und Hamburg (1 Prozent) bei. Die anderen zwölf Länder haben das Geld kassiert. Allein Berlin erhielt mehr als 3 Milliarden Euro. Der Ausgleich richtet sich nach der Finanzkraft je Einwohner.
"Spaltung statt Gemeinsamkeit in Deutschland"
Die Regierungschefs der Nehmerländer kritisierten den Vorstoß Bayerns. Der niedersächsische Ministerpräsident David McAllister (CDU) sagte, es gebe "nun einmal unterschiedliche Auffassungen zwischen den drei süddeutschen Ländern und den anderen Ländern". Wichtig sei, im Gespräch zu bleiben.
Der Bürgermeister des hoch verschuldeten Bremen, Jens Böhrnsen (SPD), wertete Seehofers Vorstoß als Beitrag zum bayerischen Landtagswahlkampf. Das Bundesverfassungsgericht könne höchstens den Auftrag an Bund und Länder erteilen, miteinander zu reden. "Das müssen wir für die Zeit nach 2019 aber sowieso." 2019 läuft der jetzige Finanzausgleich aus.
Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsident Erwin Sellering reagierte verstimmt auf den Vorstoß. "Ich habe überhaupt kein Verständnis für eine solche Klage", sagte der SPD-Politiker. Er warf Seehofer und der CSU vor, vor der Landtagswahl in Bayern "wieder einmal auf Spaltung statt auf Gemeinsamkeit in Deutschland" zu setzen.
Sellering wies darauf hin, dass Bayern fast 40 Jahre vom Länderfinanzausgleich profitiert habe. "Ich finde es unmöglich, wenn nun ausgerechnet dieses Land die Solidarität in Deutschland infrage stellt und die bis 2019 fest vereinbarten Regelungen aufkündigen will", sagte der Schweriner Regierungschef.
Hessen will mit Klage bis Jahresende warten
Der Fraktionschef der CSU im bayerischen Landtag, Georg Schmid, forderte seine Partei auf, auch ohne die Unterstützung anderer Geberländer für eine Neuordnung des Länderfinanzausgleichs nach Karlsruhe zu ziehen. Hessen hatte angekündigt, mindestens bis Jahresende warten zu wollen. Vorbehalte gibt es auch in Baden-Württemberg.
Der Länderfinanzausgleich sieht vor, dass die reichen Bundesländer den armen helfen, damit überall in Deutschland vergleichbare Lebensbedingungen herrschen können. Derzeit gibt es nur vier Geberländer: Bayern, Baden-Württemberg, Hessen und Hamburg. Laut Medienberichten will Bayern bis Herbst die Klageschrift erarbeiten, im Spätherbst könnte sie in Karlsruhe eingereicht werden. Mit einer Entscheidung der Verfassungsrichter rechnet die bayerische Staatskanzlei dem Bericht zufolge offenbar nicht mehr vor der Landtagswahl und der Bundestagswahl im Herbst 2013.
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Re: Länderfinanzausgleich vor dem aus?

Beitragvon sachsenjäger am Mo 23. Jul 2012, 10:24

Es wird seinen Grund gehabt haben, dass der damalige sächsische Ministerpeäsident Prof. Milbrad eine gesetzliche Festschreibung des Länderfinanzausgleichs über die vereinbarte Zeit haben wollte.

Die Diskussion ist auch gar nicht so einfach, wie diese jetzt als Neiddiskussion geführt wird.

Volkswirtschaftlich gesehen wären längst feste Reglungen erforderlich gewesen. Die demographische Entwicklung war, was die alten und die neuen Bundesländer betrifft, 1990 völlig unterschiedlich. Im Osten Deutschlands wurden z.B. pro Familie im Durchschnitt 2,5 Kinder geboren und aufgezogen, im Westen lag man unter einem Kind. So hatte sich im Osten Deutschlands eine ganz andere Infrastukur entwickelt. Es bestanden (und bestehen noch zum Teil) ausreichend Kinderkrippen und Kindergärten, die Schulen, Berufsausbildungsstätten und Hochschulen waren auf diese Entwicklung eingestellt. Sälbstverständlich kostet es Geld, wenn Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene aufwachsen, um später ins Berufsleben eintreten zu können, um dann auch Steuern zu bezahlen. Es zeigte sich zunehmend, dass die jungen Familien den für die Länder kostenreichen Teil ihres Lebens im Osten verbrachten, die Kitas z.T. kostenfrei nutzten, eine soliede Schulausbildung erhielten, beruflich ausgebildet wurden oder kostenfrei studierten. Wenn dann die erfordeliche Infrastutur nicht mehr benötigt wurde, wählte man dann oft einen Arbeitgeber in den alten Bundesländern, da dort offensichtlich besser bezahlt werden kann. Natürlich können in den alten Bundesländern die dort ansässigen Unternehmen in den Regionen ganz anders gefördert werden, wenn man die Kosten der Kindererziehung und Ausbildung in den Ländern nicht zu tragen braucht aber andererseits die Steuern von bereits ausgebildeten Arbeitskräften nur noch einzunehmen sind. Dies mal ganz abgesehen von der Tatatsache, dass man 1990 zwei drittel der Unternahmen im Osten grundlos platt gemacht hat und der Markt dieser Unternhemen in den Markt im Westen Deutschlands einfloss. Dass der Umtauschkurs zur DM den Rest der Unternehmen im Osten kaputt machen musste, ist eine Binsenwahrheit und braucht nicht erläutert zu werden.

Nach meiner Meinung müssen nun aber für den Länderfinanzausgleich ganz klare "Spielregeln" her. Wer an ausgebildeten Arbeitskräften partizipiert sollte das Endgeld dafür auch zahlen. Das hat nichts mit Freiheit zu tun, sondern einfach mit gerechtem Ausgleich. Der Länderfinanzausgleich, was den Osten Deutschlands betrifft, ist lediglich ein Tropfen auf den heißen Stein, wenn die Kosten der Kindererziehung und Ausbildung einmal dagegengerechnet werden. Bayern wäre allein davon schon als Land pleite, wenn sie das alles nachbezahlen müssten. Deshalb sollte man dort lieber erst einmal genau überlegen, bevor man wieder mal laut und unsachlich tönt.

Nur meine Mmeinung. ;)
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