Sachsen-Gehälter im öffentlichen Dienst

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Sachsen-Gehälter im öffentlichen Dienst

Beitragvon Bullenjäger am Mo 21. Mär 2011, 12:13

Finanzminister Georg Unland über zu hohe Gehälter im öffentlichen Dienst, weniger Lehrer und das teure Erbe der Landesbank.

Sachsens Finanzminister Georg Unland (CDU) ist seit 2008 im Amt. Zuvor war er Rektor der Bergakademie Freiberg.

"Herr Unland, Sie haben am Verhandlungstisch den Tariferhöhungen im öffentlichen Dienst zugestimmt. Haben Sie gerade 200 Millionen Euro zu viel in Sachsens Landeskasse?

Bei den insgesamt 200 Millionen Euro Zusatzkosten für dieses und nächstes Jahr wird es nicht bleiben. Weil über die Tarife für Ärzte, Forst- und Bühnenarbeiter sowie die Übernahme für die Beamten noch nicht verhandelt wurde, könnte am Ende eine Belastung von 270 Millionen Euro stehen.

Und, haben Sie so viel Geld bereits im Etat eingeplant?

Wir haben mit weniger gerechnet und müssen nun sehen, wie wir im Haushaltsvollzug diese Lücke schließen. Dabei rechne ich aber nicht mit Sondermaßnahmen wie etwa einer Haushaltssperre.

Der öffentliche Dienst gehört im Osten zu den Spitzenverdienern. Geht das Gehaltsplus trotzdem in Ordnung?

Ich mache mir schon Sorgen. Erstens ist der öffentliche Dienst tatsächlich Lohnführer im Osten, und zweitens ist die Schere zu den anderen Einkommen in der Wirtschaft nun noch weiter auseinandergegangen. Wir müssen aufpassen, dass sich dieser Abstand nicht vergrößert, weil es für die Basis der Bevölkerung sonst immer schwerer wird, die Kosten für den öffentlichen Dienst zu bezahlen.

Das heißt, es könnte auch mal eine Nullrunde für sächsische Staatsdiener geben oder nur noch regionale Tarifverträge?

Regional unterschiedliche Tarife sorgen für ein heilloses Durcheinander. Davon halte ich nichts. Es gibt aber Möglichkeiten wie den Wegfall oder die Kürzung von Sonderzahlungen. Dass gespart werden muss, betrifft auch nicht nur Sachsen, sondern ganz Deutschland. Ich kann nur dafür werben, dass der öffentliche Dienst in puncto Lohnsteigerung Zurückhaltung übt.

Das ist wohl die Stelle, an der man gratulieren muss: Sachsen ist heute nämlich anerkannter deutscher Meister im Sparen. Sind Sie traurig, dass Sie diesen Titel bald wieder verlieren?

Warum sollten wir ihn verlieren?

Zum Beispiel, weil Sachsen durch Überalterung künftig Tausende Lehrer fehlen. Damit das Pisa-Siegerland nicht zurückfällt, werden Sie sehr tief in die Kasse greifen müssen.

Ich sehe das eher umgekehrt. Wenn wir Maßstäbe wie im Westen anlegen, haben wir erheblich mehr Lehrer, als wir benötigen. Mit Teilzeitvereinbarungen wurde das bisher abgefedert. Doch das ist nun vorbei, und die Frage steht, was wir uns noch leisten können.

Sachsen soll also weitere Lehrerstellen abbauen?

Jetzt müssen wir zunächst schauen, wie wir junge Lehrer in die Schulen bekommen. Dann müssen wir von der reinen Quantitätsdiskussion zur Qualitätsdiskussion übergehen. Die Schule der Zukunft wird individueller sein und nicht mehr nur die heute typische Lehrerkarriere brauchen, die da heißt: ein Gymnasiallehrer, der genau für zwei Fächer ausgebildet ist. Den Lehrerberuf als Basis wird es weiter geben, aber Schule wird sich stärker mit dem sozialen Umfeld vernetzen müssen.

Beim Stichwort Stellenabbau kommt Ihnen die aktuelle Forderung der Lehrergewerkschaft nach mehr Altersteilzeitangeboten also sogar entgegen?

Ich bin überhaupt kein Freund von Altersteilzeit. Dafür habe ich in meiner Zeit an der Universität zu viel erlebt, was alles nicht funktioniert. Am Ende kommt das dem Staat wesentlich teurer. Wer den Wunsch hat, früher mit seinem Beruf aufzuhören, sollte es zu den üblichen Konditionen tun. Keinesfalls darf es noch eine Belohnung dafür geben, dass man vor Erreichen der Altersgrenzen in Altersteilzeit geht.

Auf eine baldige Anpassung ihrer Entgeltstufen auf Westniveau können Sachsens Lehrer auch nicht mehr hoffen?

Das würde richtig Geld kosten, mindestens einen zweistelligen, vielleicht sogar einen dreistelligen Millionenbetrag. Wer die höheren Einstufungen will, muss auch sagen, woher das Geld dafür kommt.

Die Opposition würde jetzt sofort auf die unnötigen Verluste durch die frühere Landesbank verweisen. Mit welchem Defizit müssen wir dort 2011 rechnen?

Das Problem Landesbank müssen wir ganz nüchtern sehen. Wir werden in der nächsten Zeit permanent Ausfälle haben. Bisher liegt der Gesamtverlust bei 132 Millionen Euro. 2011 könnte der Ausfall aber noch über dem des Vorjahres liegen, als allein ein Defizit von rund 120 Millionen Euro auflief.

Damit könnte der Gesamtverlust noch dieses Jahr auf über 250 Millionen Euro steigen?

Das ist denkbar. Ich erwarte eine gewisse Dynamik bei den Ausfällen, bis wir ein Niveau erreichen, das als Tableau angesehen werden kann, bevor die Ausfälle wieder zurückgehen. In seinem Garantiefonds hält Sachsen bisher rund eine Milliarde Euro bereit, um alle Forderungen bedienen zu können. Der Freistaat muss zwar für Ausfälle bis zu einer Höhe von 2,75 Milliarden Euro bürgen, durch den Garantiefonds ist der Haushalt aber vor weiteren Belastungen geschützt.

Trotz dieser misslichen Lage hat Sachsens schwarz-gelbe Koalition ein Verschuldungsverbot für die Landesverfassung angekündigt. Warum ist bisher nichts passiert? Droht hier noch ein Einknicken?

Ich kann alle beruhigen. CDU und FDP beschäftigen sich mit dem Thema sehr intensiv. Da für eine Verfassungsänderung eine Zweidrittelmehrheit nötig ist, müssen nun andere Parteien einbezogen werden.

Die Lage im Land ist also aus Sicht des Finanzministers völlig in Ordnung?

Wenn wir ehrlich sind, läuft es doch recht gut, trotz Problemen wie der Arbeitslosigkeit oder der demografischen Probleme in einigen Regionen. Wenn sich Sachsen so solide weiterentwickelt, ist und bleibt es ein attraktives Bundesland. Dass nun einige den Leuten immer einreden wollen, dass dies nicht so ist, kann ich kaum noch hören. Und wissen Sie warum? Ich habe vier Kinder. Drei davon sind inzwischen verheiratet und haben Familien gegründet. Alle haben sich für eine Zukunft in Sachsen entschieden, und das tun immer mehr junge Menschen."

Das Gespräch führten Carola Lauterbach, Dieter Schütz und Gunnar Saft
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