Zins-swaps - Kommunen verloren viel Geld durch Derivate

Moderator: mod

Zins-swaps - Kommunen verloren viel Geld durch Derivate

Beitragvon Kaktusblüte am Mi 24. Nov 2010, 11:19

Viele Städte in Sachsen reagierten auf ihre Haushaltssituation mit riskanten Zins-swaps (Zins-Wetten) – einige verlieren Millionen.

Dresden verliert 7,2 Millionen Euro durch diese riskanten und hoch spekulativen Geschäfte. Es stellt sich die Frage ob diesem Treiben mit den Derivaten und den dazu verwendeten Steuergeldern nicht unverzüglich Einhalt geboten werden sollte.

http://de.wikipedia.org/wiki/Zinsswap

Die Stadt wollte Geld mit Zinsgeschäften "sparen". Das riskante Geschäft ging schief und Dresden zahlte Millionen drauf. Dresden steht dabei aber nicht allein. Etwa 40 sächsische Städte und Landkreise haben in den vergangenen zehn Jahren bekanntlicher Weise riskante Zinswetten abgeschlossen und dadurch zum Teil sehr viel Geld verloren. Sachsens Innenminister Markus Ulbig (CDU) teilte dies unlängst mit. Demnach hat Dresden in den vergangenen Jahren 7,2 Millionen Euro eingebüßt, Radebeul 1,2 Millionen und der Landkreis Bautzen 423.000 Euro in den vergangenen zwei Jahren.

Die Stadt Riesa hingegen hatte "Spielgrlück" und konnte drei Millionen Euro gewinnen.

Bei diesen sogenannten Zins-swaps sichert der Kämmerer ein Kreditgeschäft mit einem anderen ab und spekuliert dabei auf eine bestimmte Entwicklung der Zinsen. Geht die "Wette" dann auf, macht die Kommune Geld gut. Entwickelt sich der Zins jedoch anders als gedacht, zahlt die Kommune einen zu hohen Preis. Diese Vereinbarungen bieten den Kommunen eine gewisse "Berechenbarkeit", da sie meist auf zehn Jahre angelegt sind.

Der Kreis Görlitz zum Beispiel verzichtet auf solche Spielereien und nutzt die derzeit sehr niedrigen Zinsen mit kurzfristigen Verträgen. Finde ich schon seriöser.
Oder was meint Ihr?
Kaktusblüte
 
Beiträge: 89
Registriert: Do 2. Apr 2009, 16:58
Wohnort: Leipzig

Re: Zins-swaps - Kommunen verloren viel Geld durch Derivate

Beitragvon Grünrock am Do 25. Nov 2010, 19:44

Wenn jemand geglaubt hat, die lassen das Lotto spielen, dann täuscht er sich. Ich habe heute gelesen, dass die Stadt Lpz. bereits wieder ihren Lottoschein in einer bombensicheren Sache abgegeben hat. Ganz abgesehen davon, dass bestimmten Geschäfte beim Zins-swaps noch kommunalrechtlich "erlaubt" sind, verbietet sich das aus meiner Sicht.
Wir werden sehen, ob das "Geschäft" des leipziger Kämmers gut gegangen ist. Bis das raus kommt, ist er sicher sowieso nicht mehr da oder über alle Berge. :roll:
Grünrock
 
Beiträge: 131
Registriert: Mo 1. Sep 2008, 10:41
Wohnort: Chemnitz

Re: Zins-swaps - Kommunen verloren viel Geld durch Derivate

Beitragvon Grünrock am Do 25. Nov 2010, 19:50

Nachgereicht:

Trotz schlechter Erfahrungen in Sachsen: Leipzig will mit Zinsvereinbarung Geld sparen

Leipzigs Finanzbürgermeister Torsten Bonew: "Unser SWAP-Produkt hat null Risiko."
Leipzig. Sachsens Kommunen haben in den letzten Jahren mit Zinswetten, sogenannten SWAP-Transaktionen, viel Geld verspielt. Allein Dresden verlor bis 2006 mehr als sieben Millionen Euro, wie Zahlen des sächsischen Innenministeriums belegen. Auch andere Kommunen verbrannten sich an diesem Modell, in dem eine Kombination verschiedener Zinssätze eigentlich Risiken minimieren soll, die Finger. Jetzt schloss Leipzig erstmals zwei SWAP-Verträge ab. Finanzbürgermeister Torsten Bonew: "Da gibt es null Risiko. Das ist so, als ob ein Häuslebauer einen Festzinskredit abschließt."

Bei den von der Stadt besiegelten Verträgen geht es um eine Summe von 29 Millionen Euro. Die Laufzeit der Transaktion beträgt sechs

Hintergrund: So sieht Leipzigs Haushaltsplan 2011 im Detail aus

Haushaltloch: Leipzig will Beteiligungen verkaufen

Stadt Leipzig plant ausgeglichenen Haushalt für 2011 und will dafür Beteiligungen verkaufen

Bonews Giftliste - Finanzchef: Privatisierungen oder Sozialkürzungen
Jahre. Auf die Gesamtzeit gesehen könne die Stadt rund 100.000 Euro im Vergleich mit einer konventionellen Finanzierung sparen. Finanzbürgermeister Bonew betonte, die SWAP-Verträge funktionierten wie ein künstlich durch die Bank hergestellter Festzinskredit: "Wir konnten in Zeiten, in denen von steigenden Zinsen auszugehen ist, auf einem sehr niedrigen Niveau abschließen."

In Leipzig waren spekulative SWAP-Transaktionen in Zusammenhang mit dem Finanzskandal der Leipziger Wasserwerke (KWL) in Misskredit geraten. Mehr als 20 Millionen Euro schlugen negativ zu Buche bei einem legalen, aber mittlerweile von den Wasserwerken als unkalkulierbar eingestuften "Wandel-Memory-SWAP" aus dem Jahr 2008.

Der Vergleich mit SWAP-Geschäften, die die Leipziger Wasserwerke (KWL) in einen Skandal rissen, sei völlig verfehlt: "Da vergleichen Sie Äpfel mit Birnen. So etwas dürfte die Kommune gar nicht abschließen", so Bonew.

Die SWAP-Statistik des Sächsischen Innenministeriums zeigt: Über die Jahre gibt es bei vielen Kommunen, die sich für Zinswetten-Produkte entschieden, Mischeffekte. So gibt etwa in Großenhain in den Jahren 2000 bis 2006 jährliche Ersparnisse von zehn- bis 17.000 Euro an. Danach häufen sich die jährlichen Mehrbelastungen durch die Zinswetten aber bis zu mehr als 240.000 Euro pro Jahr.

Positive Erfahrungen gibt es im Landkreis Leipzig. Die Finanzverwaltung konnte mit SWAP-Verträgen im Zeitraum 2006 bis 2009 mehr als 250.000 Euro Erparnisse einfahren, "immer im Vergleich zu einer konventionellen Festzinsfinanzierung", so Ulrike Heinke, Amtsleiterin der Finanzverwaltung des Kreises, auf Anfrage von LVZ-Online. Wichtig für die Entscheidung sei gewesen, dass die Vereinbarung relativ einfach gestrickt sei. Der Kreis habe sich für Sicherheit entschieden: "Was glauben Sie, was wir für Angebote bekommen haben, die unsere Liquidität kurzfristig erhöht hätten", sagte die Finanzfachfrau.

Die Übersicht der SWAP-Transaktionen in Sachsen waren im Herbst von Sachsens Innenminister Markus Ulbig vorgelegt worden. Mehr als 30 sächsische Kommunen, Kreise und Städte bedienten sich seit dem Jahr 2000 der Zinstausch-Geschäfte. Für Dresden endeten die SWAP-Transaktionen mit Commerzbank und Dresdner Bank besonders schmerzhaft, mehr als sieben Millionen Miese standen auf dem Papier. Erst durch den Verkauf des Wohnungsbauunternehmens Woba rettete sich die Landeshauptstadt in die Schuldenfreiheit - und löste auch die SWAP-Kredite ab.

SWAP steht vereinfacht gesagt für eine Kombinantion von langfristigen und kurzfristigen Krediten. Mit dem langfristigen Zinssatz sollen über einen "Zinstausch" Risiken des variablen Zinssatzes ausgeglichen werden. Das funktioniert, wenn die variablen Zinsen hoch stehen. Fallen sie über längere Zeit, wie in der Periode der Wirtschaftskrise geschehen, kippt der Effekt: Die Stadt oder Kommune macht Miese.

Dass hoch spekulative SWAP-Verträge mit Privatfirmen auch mal für das Geldinstitut nach hinten losgehen kann, erfuhr die Deutsche Bank im März diesen Jahres: Das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart verurteilte die Bank zur Zahlung von mehr als 1,5 Millionen Euro Schadenersatz an ein großes mittelständisches Unternehmen (Az.:9 U 164/08).
Grünrock
 
Beiträge: 131
Registriert: Mo 1. Sep 2008, 10:41
Wohnort: Chemnitz


Zurück zu Aktuelle Themen

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 0 Gäste

cron