Leipzig-Schaden von fast 300 Millionen Euro

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Leipzig-Schaden von fast 300 Millionen Euro

Beitragvon sachsenjäger am Sa 27. Mär 2010, 10:45

Die Arrangeure des Leipziger Finanzgeschäfts sind in Baden-Württemberg verhaftet worden.
Der Vorwurf: Bestechung.

Die womöglich rettende Schweizer Grenze war für Berthold Senf aus dem süddeutschen Dangstetten so nah: Nicht einmal zwei Kilometer ist die Brücke über den Rhein ins schweizerische Bad Zurzach entfernt. Von dort aus ist es über die Nationalstraße 7 und die Autobahn 51 nur noch eine Dreiviertel-Stunde Autofahrt bis in die Bankenmetropole Zürich. Doch der Manager des Finanzdienstleisters Value Partners Associates AG im Züricher Vorort Glattbrugg schaffte es nicht mehr. Die Generalsstaatsanwaltschaft Sachsen war schneller: Sie ließ Senf in seinem Wohnhaus verhaften.

Wenige Stunden zuvor hatten bereits in Heidelberg die Handschellen zugeschnappt. Dort, im Stadtteil Schlierbach, war am frühen Morgen Senfs Geschäftspartner Jürgen Blatz den Fahndern in die Falle gegangen. Der Sprecher der Generalstaatsanwaltschaft Sachsen, Wolfgang Klein, sagte, den Festgenommenen werde Bestechung vorgeworfen. Sie sollen den früheren Wasserwerke-Chef Klaus Heininger mit 2,2 Millionen Euro korrumpiert haben. Heininger wurde bereits Ende Februar verhaftet und sitzt seitdem in Dresden hinter Gittern. Die beiden nun festgenommenen Finanzspezialisten sitzen in Baden-Württemberg ein. Sie sollen in ein bis zwei Wochen nach Dresden überführt werden.

Senf und Blatz sind Schlüsselfiguren im millionenschweren Finanzskandal um die Leipziger Wasserwerke. Die beiden früheren Investmentbanker der Großbank Credit Suisse gründeten 2004 mit Value Partners in der Schweiz jene Firma, die die Leipziger Wasserwerke mit den Finanzjongleuren der United Bank of Switzerland (UBS) in London zusammenbrachten. Der Ausgang der dort vereinbarten Finanzwetten ist bekannt: Leipzig droht ein Schaden von fast 300 Millionen Euro. Die UBS und die Messestadt haben sich gegenseitig verklagt.

Nach Erkenntnissen der bei den Wasserwerken eingesetzten Sonderprüfer sind im Zusammenhang mit dieser Londoner Finanzwette 20,5 Millionen Euro an Value Partners geflossen. Das Geld soll auf Konten des Vermögensverwalters Wilmington Trust im US-Bundesstaat Delaware sowie der Neuen Aargauer Bank AG in der Schweiz gelandet sein. SZ-Informationen zufolge haben sich Blatz und Senf erst Anfang März in Delaware darum bemüht, auf das Geld zuzugreifen. Sie hätten gemeinsam mit Heininger Zugriff auf die Konten gehabt.

Der Tipp kam aus Amerika

In Finanzkreisen heißt es, aus den USA seien entsprechende Hinweise an die Staatsanwaltschaft gegangen. Seit Ausbruch der Bankenkrise sind seriöse Finanzhäuser in den USA sensibler geworden für dubiose Geldgeschäfte – besonders wenn es um Transaktionen im Zusammenhang mit der UBS geht. Die Großbank ist in den USA mit zahlreichen Klagen konfrontiert.

Nach der Verhaftung von Blatz und Senf trat der Verwaltungsratspräsident von Value Partners, der frühere Züricher Spitzenpolitiker und Kunstförderer Thomas Wagner, von seinem Amt „mit sofortiger Wirkung“ zurück. Er begründete dies allerdings nicht mit den Festnahmen, sondern mit dem fehlenden Jahresabschluss 2009 von Value Partners. Die zuständigen Wirtschaftsprüfer sähen sich dazu nicht in der Lage, sagte Wagner. Weitere Angaben machte er nicht.

Value Partners war über Jahre hinweg Geschäftspartner der Leipziger Verkehrsbetriebe sowie der Wasserwerke. Die Firma beriet die kommunalen Großfirmen bereits bei Abschlüssen von grenzüberschreitenden Leasinggeschäften mit US-Investoren. Schon damals waren sie ins Visier der Justiz geraten, die Verfahren gegen Blatz und Senf wurden jedoch gegen Zahlungen von je 150 000 Euro eingestellt.

Die damaligen Bestechungsermittlungen führten immerhin im Oktober vorigen Jahres zu drei Anklagen: gegen den früheren Finanzbürgermeister von Leipzig, Peter Kaminski; gegen Verkehrsbetriebe-Chef Wilhelm Georg Hanss sowie Ex-Wasserwerke-Chef Heininger. Über einen Prozessbeginn gegen die drei hat das Landgericht Leipzig noch nicht entschieden.

Inwieweit Blatz und Senf von ihren Geschäften mit Leipzig persönlich profitiert haben, ist unklar. Diplom-Betriebswirt Senf ist seit Mai 2009 als Bewohner eines Domizils im Graubündner Ferienort Falera eingetragen, sein Kollege Blatz mit einem Zweitwohnsitz in Zürich.
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