Die Krise in Europa und die öffentliche Hand

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Re: Die Krise in Europa und die öffentliche Hand

Beitragvon Peter am Mo 23. Jan 2017, 13:33

Wenn der neue US-Präsident ernst macht, dann kann sich einiges auf dieser Welt ändern. Die Antrittsrede wird zwar oft kommentiert, aber kaum zusammenhängend zitiert. Wer es gelesen hat, wird wissen warum. Heute muss man aufpassen, wenn man den amerikanischen Präsidenten zitiert - um nicht in nationalistische Kritik zu geraten. Mir scheint aber, dass jedes Staatsoberhaupt seinen eigenen Bürgern verpflichtet ist. Das ist zunächst nichts nationalistisches. Wenn ein Staatsoberhaupt ein friedliches Zusammenleben der Völker beabsichtigt, wird das auch nicht nationalistisch sein.

Hier einmal die Antrittsrede zusammenhängend:

"Richter Roberts, Präsident Carter, Präsident Clinton, Präsident Bush, Präsident Obama, liebe Mitbürger, Menschen überall auf der Erde: vielen Dank.
Wir, die Bürger Amerikas, sind vereint in einer großen nationalen Kraftanstrengung, um unser Land wieder aufzubauen – und sein Versprechen für alle Bürger wiederherzustellen.
Zusammen werden wir den Kurs Amerikas und der Welt auf Jahre hinaus bestimmen. Wir werden auf Herausforderungen stoßen. Es wird nicht immer leicht sein. Aber wir werden es schaffen.
Alle vier Jahre kommen wir auf diesen Treppenstufen zusammen, um den friedvollen und geordneten Übergang der Macht zu begehen. Wir sind Präsident Obama und der First Lady Michelle Obama dankbar für ihre großzügige Hilfe in dieser Zeit des Übergangs. Sie waren großartig.
Die heutige Feier hat indes eine besondere Bedeutung. Denn heute übertragen wir nicht nur die Macht von einer Regierung auf die andere, von einer Partei zur anderen – vielmehr nehmen wir Washington, DC, die Macht - und geben sie euch zurück, dem amerikanischen Volk.
Zu lange hat eine kleine Gruppe in der Hauptstadt unserer Nation die Früchte der Regierungsarbeit geerntet, während das Volk die Kosten tragen musste. Washington florierte - doch das Volk hatte keinen Anteil an diesem Reichtum.
Politikern ging es gut, aber die Arbeitsplätze gingen ins Ausland, und die Fabriken wurden geschlossen. Das Establishment schützte sich selbst, aber nicht die Bürger dieses Landes.
Ihre Siege waren nicht unsere Siege, ihre Triumphe waren nicht unsere Triumphe. Während sie in unserer Hauptstadt feierten, gab es für viele Familien in unserem Land kaum einen Grund zur Freude.
Das alles ändert sich jetzt – mit diesem Moment, in dem ich hier stehe, denn dieser Moment ist euer Moment: Er gehört euch. Er gehört all jenen, die hier heute versammelt sind, und allen, die im ganzen Land zusehen. Das ist unser Tag. Das ist eure Feier. Und die Vereinigten Staaten von Amerika, sie sind euer Land.
Wirklich wichtig ist nicht, welche Partei an der Regierung ist – sondern die Frage, ob unsere Regierung vom Volk kontrolliert wird.
Der 20. Januar 2017 wird in Erinnerung bleiben als der Tag, an dem das Volk wieder zum Souverän wurde. Die vergessenen Frauen und Männer unseres Landes werden nicht länger vergessen sein.
Alle hören euch jetzt zu.
Millionen von euch sind gekommen, um Teil einer historischen Bewegung zu werden, einer Bewegung, wie sie die Welt noch nie gesehen hat.
Im Zentrum dieser Bewegung steht ein entscheidender Gedanke: Dass eine Nation existiert, um ihren Bürgern zu dienen. Amerikaner wollen gute Schulen für ihre Kinder, sie wollen sichere Viertel für ihre Familien, und gute Jobs für sich selbst.
Dies sind richtige und vernünftige Forderungen einer aufrechten Öffentlichkeit. Aber für zu viele unserer Bürger sieht die Realität anders aus: Mütter und Kinder leben in Armut in den Innenstädten; verrostete Fabriken liegen verstreut wie Grabsteine in der Gegend herum. Ein teures Bildungssystem lässt unsere jungen und schönen Schüler ungebildet. Und schließlich sind da die Kriminalität, die Gangs und die Drogen, die so viele Leben und unser Land so viel Potenzial gekostet haben.
Dieses amerikanische Gemetzel hört auf, und zwar hier und jetzt.
Wir sind ein Volk – und ihr Schmerz ist unser Schmerz. Ihre Träume sind unsere Träume, und ihr Erfolg wird der unsere sein. Wir teilen ein Herz, eine Heimat und ein glorreiches Ziel.
Der Amtseid, den ich heute leiste, ist ein Treueeid für alle Amerikaner.
Jahrzehntelang haben wir die Wirtschaft im Ausland bereichert, auf Kosten der amerikanischen Wirtschaft.
Wir haben das Militär anderer Länder unterstützt, während wir es zuließen, dass unser eigenes Militär abgebaut wurde. Wir haben die Grenzen anderer Länder verteidigt und uns gleichzeitig geweigert, dasselbe mit unseren eigenen Grenzen zu tun. Und wir haben Billionen in Übersee ausgegeben, während die Infrastruktur Amerikas auseinanderfiel und verrottete.
Wir haben andere Länder reich gemacht, während der Reichtum, die Stärke und das Selbstvertrauen unserer Nation hinter dem Horizont verschwanden.
Eine Fabrik nach der anderen schloss oder zog ins Ausland um, ohne einen Gedanken an die Millionen amerikanischer Arbeiter, die zurückgelassen wurden.
Unserem Mittelstand wurde der Wohlstand entrissen und über die ganze Welt verteilt.
Aber das ist Vergangenheit. Wir schauen jetzt nur noch in die Zukunft.
Wir alle erlassen heute ein Gebot, das in jeder Stadt, in jeder fremden Hauptstadt und in jedem Regierungssitz gehört werden soll.
Von diesem Tag an wird eine neue Vision die Geschicke unseres Landes bestimmen.
Von diesem Moment an heißt es: Amerika zuerst.
Jede Entscheidung über Handel, Steuern, Zuwanderung oder Außenpolitik wird danach getroffen werden, ob sie amerikanischen Arbeitern oder amerikanischen Familien nutzt. Wir müssen unsere Grenzen vor den Angriffen anderer Länder schützen. Sie wollen unsere Waren produzieren, unsere Firmen stehlen und unsere Jobs vernichten. Diese Grenzen zu schützen, wird uns Wohlstand und Stärke bringen.
Mit jedem Atemzug werde ich für euch kämpfen – und ich werde euch niemals enttäuschen. Amerika wird wieder siegen, siegen wie niemals zuvor.
Wir werden unsere Jobs zurückbringen. Wir werden unsere Grenzen zurückbringen. Wir werden unseren Wohlstand zurückbringen. Wir werden unsere Träume zurückbringen.
Wir werden neue Straßen und Highways bauen, und Brücken und Flughäfen und Tunnel und Eisenbahnschienen quer durch unser wundervolles Land.
Wir werden unserem Volk wieder Wohlstand und Arbeit bringen – unser Land wieder aufbauen mit amerikanischer Arbeitskraft.
Wir werden dabei zwei einfache Regeln befolgen: Kaufe amerikanische Produkte, und stelle amerikanische Arbeitskräfte ein.
Wir werden ein freundschaftliches Auskommen mit den Nationen der Welt anstreben. Aber wir denken dabei stets daran, dass es das Recht einer jeden Nation ist, zuerst nach ihren eigenen Interessen zu handeln.
Wir wollen unsere Art zu leben niemandem aufzwingen. Sie soll ein Beispiel sein, dem andere folgen können.
Wir werden alte Bündnisse stärken und neue formen. Wir wollen die zivilisierte Welt im Kampf gegen den radikalen islamistischen Terror einen, den wir vom Antlitz der Erde tilgen werden.
Das Fundament unserer Politik wird die Treue zu den Vereinigten Staaten von Amerika sein, und durch diese Loyalität werden wir die Loyalität zueinander neu entdecken.
Ein Herz, das offen ist für Patriotismus, hat keinen Platz für Vorurteile. Die Bibel sagt uns: "Wie schön es ist, wenn das Volk Gottes in Eintracht lebt."
Wir müssen ehrlich miteinander sein und solidarisch. Wenn Amerika vereint ist, kann uns niemand aufhalten.
Angst muss niemand haben  - wir werden beschützt, und werden immer beschützt sein. Beschützt von den großartigen Männern und Frauen unseres Militärs und der Ermittlungsbehörden, und vor allem: Beschützt von Gott.
Wir müssen groß denken, und noch größer träumen.
In Amerika glauben wir, dass eine Nation nur so lange lebendig ist, wie sie Ziele hat. Wir akzeptieren keine Politiker mehr, die nur reden und nicht handeln. Die ständig klagen, aber nie etwas gegen Missstände tun.
Die Zeit für solche hohlen Phrasen ist vorbei. Jetzt kommt die Zeit der Tat.
Lasst euch von keinem sagen, dass etwas unmöglich ist. Keine Herausforderung ist für das Herz und den Kampfgeist Amerikas zu groß.
Wir werden nicht versagen. Unser Land wird wieder blühen und Wohlstand erleben.
Wir stehen am Beginn eines neuen Jahrtausend, bereit, die Mysterien des Weltraums zu entschlüsseln, die Erde von Krankheiten zu befreien und die Energien und Technologien der Zukunft zu nutzen.
Ein neuer Nationalstolz wird unsere Seelen anrühren und unsere Meinungsverschiedenheiten überbrücken.
Es ist an der Zeit, sich an eine alte Soldatenweisheit zu erinnern: Ganz egal ob wir schwarz sind oder braun oder weiß – wir bluten alle das gleiche rote Blut der Patrioten. Wir genießen die gleichen glorreichen Freiheiten, und wir alle grüßen die gleiche, großartige amerikanische Flagge.
Und egal, ob ein Kind in Detroit oder in der Prärie Nebraskas geboren wird – beide schauen auf in den gleichen Nachthimmel, sie füllen ihre Herzen mit den gleichen Träumen, und sie empfangen ihren Lebensatem vom selben allmächtigen Schöpfer.
Amerikaner in Städten nah und fern, klein und groß, von Ozean zu Ozean, hört diese Worte: Ihr sollt niemals wieder ignoriert werden.
Eure Stimmen, eure Hoffnungen, eure Träume machen Amerikas Schicksal aus. Euer Mut, eure Güte und eure Liebe leiten uns für immer auf diesem Weg.
Zusammen machen wir Amerika wieder stark.
Zusammen machen wir Amerika wieder reich.
Zusammen machen wir Amerika wieder stolz.
Zusammen machen wir Amerika wieder sicher.
Zusammen machen wir Amerika wieder groß.
Vielen Dank. Gott segne euch, und Gott segne Amerika.
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Re: Die Krise in Europa und die öffentliche Hand

Beitragvon Hansa am Mo 23. Jan 2017, 14:09

Ein etwas anderer Kommentar zu Tramp. Hier die nüchternen Einschätzungen von: Peter Haisenko

"Noch weiß niemand so ganz genau, was Donald Trump machen wird, wenn er im Amt ist. Vor allem, wenn man seine aus den Wahlkampfreden herausgerissenen „Zitate“ betrachtet, die von den Systemmedien verbreitet worden sind. Der künstliche Nebel beginnt sich allmählich zu lichten. Nicht nur seine Reaktion auf den letzten Affront Obamas lassen hoffen, sondern auch sein letzter Tweet des Jahres 2016. Es sieht so aus, als ob Trump die Probleme der USA – und damit der ganzen Welt – genau erkannt hat und das einzig Richtige tun will.

Auch wenn man mich dafür als Populist beschimpfen wird, vertrete ich die Auffassung, dass man nahezu alle, ich wiederhole: alle Probleme der Welt auf eine Ursache zurückführen kann: Das andauernde und unmäßige Außenhandelsdefizit der USA. Dieser Umstand zwingt die US-Regierung geradezu zu ihrem abscheulichen Handeln, das der Welt so viel Leid und Tod gebracht hat. Nicht zu vergessen Massenverarmung, Ausbeutung und prekäre Arbeitsverhältnisse. In diesen sozialen Spannungsfeldern begründen sich letztlich Massenmigration, Terrorismus und wachsende Spaltung der Gesellschaften. Das humanistische Gegenmodell ist wiederum so einfach, dass es schnell als populistisch abgetan wird: Wer in angemessenem Wohlstand in einem gesunden sozialen Umfeld leben kann, wird weder seine Heimat verlassen, noch seinen Lebensstandard durch terroristische Aktionen gefährden wollen.

Außenhandelsdefizit der USA von gigantischem Ausmaß
Es ist eine alte, aber vergessene Binsenweisheit, dass Wirtschaft und Währung eines kriegführenden Landes den Bach runter gehen müssen. Die USA führen andauernd Krieg und so widersprechen der Stand des US-Dollars und die angeblich starke Wirtschaft der USA allen Regeln. Das war nicht immer so. Der Vietnamkrieg hat die USA an den Rand des Zusammenbruchs geführt und Präsident Nixon sah sich gezwungen, in einem selbstherrlichen Akt 1971 die Grundlage des bis dahin einigermaßen funktionsfähigen Systems von Bretton Woods aufzukündigen: Die Goldbindung des US-Dollar. Von da an konnten die USA nach Belieben Geld drucken und sie tun es bis heute. Seither haben die USA ein steil ansteigendes Außenhandelsdefizit aufgebaut, das sich – außer Großbritannien – sonst kein Staat erlauben kann. Unverständlich bleibt, warum die Welt das akzeptiert hat und weiterhin akzeptiert. Aber wer will schon jemandem widersprechen, der den größeren Revolver in der Hand hält und oft genug demonstriert hat, dass er diesen auch abfeuert.
Das offizielle Außenhandelsdefizit der USA beträgt etwa 1.000 Milliarden US-Dollar pro Jahr. Rechnet man aber die Einnahmen aus dem Finanzsektor mit ein, also die Einnahmen, die durch ein US-dominiertes Finanzsystem und den immanenten Betrug generiert werden, so muss das US-Defizit mehr als verdoppelt werden. In anderen Worten heißt das, dass in den USA jeden einzelnen Tag Waren und Dienstleistungen konsumiert werden im Wert von etwa sechs Milliarden Dollar, für die dort keinerlei Arbeit geleistet wird. Sie werden „bezahlt“ mit Geld, das aus dem Nichts einfach hergestellt wird. Dieser Umstand ist es, der es unumgänglich macht, das eigentlich schon lange gescheiterte Weltfinanzsystem mit immer abenteuerlicheren Mitteln am Leben zu erhalten. Bricht es zusammen, können die Amerikaner ihre Importe nicht mehr „bezahlen“ und sie müssten ihren Lebensstandard um etwa 40 Prozent reduzieren. Dass das sogar zu Bürgerkrieg führen könnte, ist selbsterklärend.

Der globale Schuldenberg kann niemals mehr abgetragen werden
In welchem ursächlichen Zusammenhang steht nun das US-Außenhandelsdefizit mit dem Elend der „Dritten Welt“? Dem Elend, dem wir unter anderem Massenmigration verdanken? Die Antwort ist wiederum so einfach, dass manch einer geneigt sein wird, mich auch an der Stelle als Populisten zu beschimpfen. Würden in Entwicklungsländern, in denen für den Westen produziert wird, Löhne in anständiger Höhe bezahlt, Löhne, die Kinderarbeit überflüssig machten, dann hätten Produkte aus diesen Ländern einen höheren, gerechteren Preis. Deutschland, Europa, eigentlich die ganze Welt außer den USA hätten damit kein Problem. Im Gegenteil könnten dann in diese Länder unsere hochwertigen Industrieprodukte in größerem Maßstab exportiert werden und alles wäre besser – für alle. Ganz anders sieht es für die USA aus. Höhere Preise für Importprodukte würden das Außenhandelsdefizit explodieren lassen, denn in den USA werden keine konkurrenzfähigen Produkte hergestellt, die diese Länder importieren wollten. Vergessen wir nicht, dass sogenannte US-Produkte wie Modeartikel und Elektronik nicht im eigenen Land hergestellt werden. Es sind nur amerikanische Handelshäuser, die auf die Fremdprodukte ihr Firmenzeichen anbringen lassen und dann den Verkaufsgewinn kassieren. Apples I-Phone wird auch in Taiwan produziert.

Der Schuldenstand der westlichen Länder ist schon seit Jahrzehnten so hoch, dass man gesichert davon ausgehen kann, dass diese Schulden niemals mehr beglichen werden. Obama hat die US-Schulden verdoppelt auf jetzt über 20.000 Milliarden – nominal. Die USA schulden also jedem einzelnen Mensch auf Erden etwa 3.000 Dollar – nominal, real dürfte es noch viel mehr sein. Ein globales Insolvenzverfahren ist also längst überfällig. Dass ein solches noch nicht einmal angedacht worden ist, hat einen einfachen Grund: Die USA könnten anschließend ihre Importe nicht mehr bezahlen – dieses Mal real –, weil anschließend das grün bedruckte Papier aus US-Produktion nicht mehr ohne reale Gegenleistung akzeptiert werden könnte. Die Folgen? Siehe oben. Hier kommt nun Donald Trump mit seinem Konzept „Make America Great Again“. Der Geschäftsmann Trump hat diese Problematik offensichtlich verstanden und er weiß, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis das Finanzsystem zusammenbricht. In diesem Sinn muss sein Tweet gesehen werden: „Buy American and Hire American“, den er als die zwei einfachen Regeln für sein Regierungshandeln vorgestellt hat. (Amerikanische Waren kaufen und amerikanische Arbeiter einstellen.)

Trump will nicht mehr „Weltpolizist“ spielen – und das ist gut so!
Nun könnte man diese einfache Maxime wieder als populistisch bezeichnen, denn Ähnliches kennt man schon aus Großbritannien, seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert. Die Bezeichnung „Made in Germany“ sollte Briten abhalten, deutsche Produkte zu kaufen. Dieser Schuss ist nach hinten losgegangen und „Made in Germany“ wurde weltweit zum Gütesiegel für Qualitätsware. Dass der Plan der Briten damals gescheitert ist, hat einen ganz einfachen Grund: Er kann nur funktionieren, wenn gleichzeitig die kriegerischen Abenteuer eingestellt werden – und Great Britain war zu der Zeit alles andere als friedlich unterwegs. Donald Trump hat wohl auch das erkannt. Er will nicht mehr den „Weltpolizist“ spielen und erteilt auch den Regime-Changes eine Absage. So könnte sein Plan funktionieren, vor allem dann, wenn er sein Vorhaben durchzieht, Importprodukte mit hohen Zöllen zu belegen und damit unattraktiver zu machen. Warum aber ist es so wichtig für das Gesunden der Welt und vor allem der USA, dass die USA ihre Außenhandelsbilanz wieder in einen ausgeglichenen Bereich bringen?
Zunächst wieder siehe oben. Bevor die USA zulassen können, dass das gesamte Finanzsystem grundrenoviert wird, also ein globales Insolvenzverfahren die unbezahlbaren Schulden annulliert, muss die amerikanische Außenhandelsbilanz ausgeglichen sein. Das geht aber nur, wenn innerhalb der USA wieder ausreichend und in konkurrenzfähiger Weise produziert wird. Dazu ist es notwendig, für eine Übergangsphase den inneramerikanischen Markt mithilfe von drastischen Importzöllen zu schützen, zu privilegieren. Genau das hat Donald Trump in seinen Wahlkampfreden gefordert und jetzt mit seinem Tweet zum Jahresende zum offiziellen Programm gemacht. Kein Wunder also, dass er von den Vasallen des Kapitals und des Militärisch-Industriellen-Komplex´ so vehement angegriffen wird, denn das bedeutet auch, dass er das Ende des ungerechtfertigten, ausbeuterischen, unanständigen und betrügerischen Luxus der Finanzmafia, der unproduktiven Parasiten, einläutet, ja sogar einläuten muss. Auch ich sehe keine andere Möglichkeit, Amerika wieder großartig zu machen und gleichzeitig aus dem Teufelskreis zu befreien, Dominanz, Tod und Verderben über die ganze Welt bringen zu müssen.

Begründete Hoffnung auf eine friedlichere Welt
Donald Trump hat sehr viel Geld. Im Zusammenhang damit wird ihm vorgeworfen, Mitglied der „Finanzelite“ zu sein. Das ist nicht der Fall. Schon vor mehr als zehn Jahren hat sich Trump geäußert, dass er eben nicht von der anglikanischen Finanzelite als gleichberechtigtes Mitglied anerkannt wird, trotz seines Reichtums. Die Auswahl seiner vorgestellten Regierungsmannschaft lässt auch Gutes hoffen, obwohl es von den Systemmedien anders dargestellt wird. Es sind dies vornehmlich „gefährliche alte Männer“, wie ich sie gern bezeichne, und Trump gehört dazu. Damit meine ich, dass es Männer sind, die wegen ihres Alters eigentlich ihre Karriere hinter sich und genügend Geld haben, deswegen niemandem mehr verpflichtet sind und so nur noch ihrem Gewissen folgen können, bevor sie vor das höchste Gericht treten müssen. Sieht man genauer hin, stellt man fest, dass diese Männer eben nicht anerkannte Mitglieder der anglikanischen Mafia waren, sondern „nur“ begabte und gut bezahlte Handlanger derselben. Wieder kein Wunder, dass sie präventiv schlecht beurteilt werden.
Die Verfechter der unregulierten Globalisierung behaupten immer wieder, diese wäre der Weg für Wohlstand und „alternativlos“. Wer aber ohne ideologischen Filter sehen kann, hat schon lange begriffen, dass dieser Weg nur vorübergehend zielführend sein kann; dass er zu einem Wettbewerb nach unten führen muss mit dem fatalen Ergebnis, dass letztlich niemand mehr die im Überfluss produzierten Waren kaufen kann, weil die Löhne dafür nicht ausreichen. Deswegen gilt: Globalisierung ja, aber mit strengen und vernünftigen Regeln. Das ist das Programm von Trump und man muss ihm nur genau zuhören, um das zu wissen. Donald Trump ist sicherlich kein Heiliger, aber seine bislang erkennbaren Ziele können die Welt in ein goldenes Zeitalter führen. Allein der Umgang mit Russland zeigt bereits, dass man sehr wohl auf eine friedlichere Welt hoffen darf, in der Toleranz gegenüber anderen nicht nur eine hohle Phrase der „westlichen Werte“ ist, die mit tödlicher Arroganz allen aufgezwungen werden sollen. Ich denke, wir, die wir nicht zur Finanzmafia und zu den Profiteuren des Militärisch-Industriellen-Komplex´ gehören, können mit großer Zuversicht ins neue Jahr schreiten..."
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Re: Die Krise in Europa und die öffentliche Hand

Beitragvon Grünrock am Sa 18. Feb 2017, 12:18

Was haltet Ihr von der Wortmeldung in Sachen EU - Zumindest sind sie einmal deutlich. Ist die EU wirklich noch reformfähig?

Diese EU hat ausgedient

Von Christoph B. Schiltz, Veröffentlicht am 03.02.2017, Quelle: Die Welt, N24

Tusk stellt Russland, China, Islamisten und USA auf eine Stufe

Tusk hat mit eindringlichen Worten ein Zeichen der Geschlossenheit von den Regierungschefs der Union gefordert. Die EU steht vor Herausforderungen, „gefährlicher als jemals seit der Unterzeichnung der Römischen Verträge“.

Europa-Romantiker mögen die EU gerade im Zeitalter von Trump immer noch für die beste aller Welten halten. Dem ist nicht so. Aber die Politiker haben einfach nicht die Kraft, sich dies einzugestehen.

Der neue US-Präsident Trump macht die Europäer nervös. Einige scheinen die Contenance bereits verloren zu haben. In einem Akt von beispielloser europäischer Holzhammer-Diplomatie stellte EU-Ratspräsident Tusk in einem Brief an die EU-Staats- und -Regierungschefs jetzt die Vereinigten Staaten in eine Reihe mit China und Russland.
Er schwadronierte darüber, dass die neue US-Administration „die amerikanische Außenpolitik der vergangenen 70 Jahre infrage zu stellen scheint“. Belege für eine solche Politik nennt Tusk nicht. Warum stoppt die deutsche Kanzlerin den Briefeschreiber Tusk nicht? Oder wusste sie gar nichts von der Tusk-Prosa?
Der Pole sollte als Vorsitzender der EU-Regierungschefs der erste Ansprechpartner der Europäer für Washington sein, eine Brücke nach Europa. Momentan sieht es aber eher so aus, dass ausgerechnet die britische Premierministerin Theresa May, deren Land demnächst aus der EU austreten will, in den kommenden Jahren die Vermittlerrolle zwischen beiden Seiten des Atlantiks einnehmen wird.

Nicht Trump spaltet die EU, sondern sie sich selbst

Warum wählt Tusk nicht eine andere Strategie? „Einen Backstein hinwerfen, um einen Jadestein zu erlangen“ lautet das 17. sogenannte Köder-Strategem aus dem chinesischen Buch der Kriegskunst.

Aber auch die Urteilskraft von Experten in Thinktanks scheint das aggressive und schwer verdauliche Auftreten von Trump ein wenig einzutrüben. So diagnostizierte Almut Möller vom European Council of Foreign Relations kürzlich: „Die Spaltung der EU wird von Washington aus betrieben.“ Geht es noch?

Die Spaltung der EU ist hausgemacht und der Erosionsprozess der Europäischen Union geht vor allem von den Mitgliedstaaten aus – Trump könnte die agonale Atmung der EU, ebenso wie die Brexit-Verhandlungen, allerdings beschleunigen. Er dürfte die Probleme der Europäer untereinander noch weiter verschärfen.
Dabei geht es auch um Grundsatzfragen. Ist der Nationalstaat wichtiger als Europa? Ist Bilateralismus nicht besser als Multilateralismus? Früher waren die Antworten klar, seit ein paar Jahren wird darüber aber heftig gestritten innerhalb der Union.

Feiern und Appelle werden nicht weiterhelfen

Da nützen auch die ewigen Appelle nichts, die zur „Einheit“ und „Solidarität der Europäer“ aufrufen. Ebenso wenig wie ein neues „Weißbuch“ zur Zukunft der EU oder eine feierliche Erklärung anlässlich des 60. Geburtstages der Römischen Verträge im März – es sind meistens nur die Verfasser derartiger Elaborate, die sich daran erwärmen können.
Die EU befindet sich in einem Zustand schwerwiegender wirtschaftlicher Ungleichgewichte, zunehmend auseinanderlaufender Interessen und mangelnden Gemeinsinns. Diese Entwicklung geht von den Regierungseliten in den Mitgliedsländern aus.

Und da reicht es nicht, Populisten und Nationalisten als Gefahr für die Demokratie und das europäische Projekt zu stigmatisieren. Le Pen & Co. sind vor allem das Produkt unzureichender politischer Führung und einer verkorksten Wirtschaftspolitik, die Verlustängste bis in bürgerliche Mittelschichten hinein erzeugt.
Es ist richtig, dass die EU den neuen US-Präsidenten als „Weckruf“ für mehr politische Einflussnahme, mehr finanzielles Engagement in Sicherheitsfragen, mehr Zusammenhalt untereinander und mehr europäische Stärke begreifen sollte.

Die Maschine läuft einfach weiter

Aber es gibt wenig Hoffnung, dass das passieren wird und die Europäer endlich mehr auf eigenen Beinen stehen. Vielmehr ist zu erwarten, dass die Union weiter vor sich hin dümpelt, getragen durch das Korsett der EU-Institutionen, die nach klar definierten Verfahren einfach weiterarbeiten.
Dabei werden die Regeln der EU-Rechtsgemeinschaft immer häufiger nach Gutdünken und politischer Opportunität ausgelegt. Das ist ein Riesenproblem für die Legitimität Europas. Die anhaltende Konkursverschleppung Griechenlands, das trotz verfehlter Auflagen permanent neue Milliarden erhält, ist eine Zumutung für alle Seiten.
Der Stabilitätspakt wiederum ist so flexibel geworden, dass er seine Ordnungsfunktion weitgehend verloren hat. Und was von den soeben vereinbarten Regeln zur Bankenunion zu halten ist, wenn es ernst wird, zeigt der traurige Fall der italienischen Bank Monte dei Paschi: gar nichts.
Stattdessen entwerfen die Rettungseuropäer schon wieder neue, schwer durchschaubare Konstrukte, wie „European Safe Bonds“ und einer „Bad Bank“ für ganz Europa, die Eigenverantwortung verwischen zugunsten einer ungerechten Kollektivhaftung der europäischen Steuerzahler. Weniger Europa bei Haftungsfragen in der Währungsunion wäre ein gewaltiger Fortschritt.

Es ginge noch was, aber es passiert nichts

Andererseits gibt es durchaus Themen, bei denen die Europäische Union einen echten Mehrwert schaffen könnte. Trotz des europaweiten Terrors tun sich die Mitgliedstaaten aber immer noch schwer, Geheimdienstinformationen auszutauschen und in Terrorfragen ausreichend zu kooperieren.
Auch eine „Sicherheits- und Verteidigungsunion“ hat Sinn – die vereinbarte bessere Planung von EU-Missionen und ein bisschen mehr Rüstungskooperation reichen aber bei Weitem nicht aus, um dieses Ziel auch nur ansatzweise zu erreichen.
Auch in der Migrationskrise könnten die Europäer gemeinsam mehr erreichen. Aber es passiert zu wenig. Die Verteilung von Flüchtlingen ist nach wie vor völlig ungeklärt. Der Schutz der Außengrenzen lässt sich mit 1500 zusätzlichen europäischen Grenz- und Küstenschützern – in Brüssel als großer Erfolg gefeiert – im Ernstfall nicht bewerkstelligen.

EU-Romantiker träumen ewig

Und die Vorstellung, durch den Bau von „angemessenen Aufnahmeeinrichtungen“ im Kriegsland Libyen und anderen nordafrikanischen Staaten wie Tunesien, die Flüchtlingskrise im Süden in den Griff zu bekommen, ist naiv.
Das klingt alles gut, kann aber nur gelingen, wenn sich die Nato in dieser Region viel stärker engagieren würde und Stabilität garantiert. Davon wollen aber ausgerechnet Berlin und Paris nichts wissen. So aber birgt das neue Flüchtlingskonzept der Europäer die Gefahr, dass Staaten wie Libyen durch groß angelegte Flüchtlingslager noch mehr kollabieren.

Europa-Romantiker mögen diese EU gerade im Zeitalter von Trump immer noch für die beste aller Welten halten. Das ist nicht so.
Diese EU ist in Teilen dysfunktional und im Kern nicht mehr reformfähig. Sie hat ausgedient. Sie muss neu aufgebaut werden. Sie muss deutlich kleiner, effizienter und wettbewerbsorientierter werden.
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Re: Die Krise in Europa und die öffentliche Hand

Beitragvon Peter am So 2. Apr 2017, 17:59

Die neue US-Regierung wird ihren Handelskrieg gegen Deutschland auf mehreren Ebenen auszutragen versuchen. Das Ziel: Deutschland und die EU zu schwächen. Denn auch wenn viele Politik-Felder noch unklar sind wie etwa jene der Einwanderungspolitik; ober aber erst in ersten Konturen zu erkennen sind, wie in der Außenpolitik: Es ist unübersehbar, dass die Republikaner mit Donald Trump angetreten sind, um ihre Wirtschaftspolitik als lupenreinen Merkantilismus zu betreiben. Die Regierung will mit dirigistischen Maßnahmen versuchen, den Verfall der US-Industrie zu stoppen und den amerikanischen Unternehmen Wettbewerbsvorteile auf den globalen Märkten zu verschaffen.
Vielfach wurde das Konzept als Protektionismus bezeichnet, und, vor allem von Bundeskanzlerin Angela Merkel, als Anti-Modell zum Freihandel gebrandmarkt. Doch diese ideologische Herangehensweise wird den Plänen der Republikaner nicht gerecht. Natürlich wollen diese die Globalisierung nicht zurückdrehen – sie profitieren ja gemeinsam mit der US-Wirtschaft am meisten davon.
Die US-Regierung will den US-Unternehmen an den globalen Märkten zu einem solch nachhaltigen Durchbruch verhelfen, dass die US-Dominanz auf Generationen gefestigt und alle noch existierenden Mitbewerber marginalisiert werden. Der Angriff gilt vor allem Deutschland und China. Deutschland hat eine starke Autoindustrie, einen exzellenten Maschinenbau und ist weltweit führend bei Industriegütern. China ist der beste und billigste Billig-Produzent für Consumer-Electronics und hat einen wachsenden Konsumentenmarkt. China breitet sich heute schon weltweit aus, indem es Importe behindert und Exporte subventioniert. Deutschland dagegen profitiert vom niedrigen Euro und kann sich auf dem großen, europäischen Markt nach Herzenslust bewegen. Diese beiden Widersacher wollen die Amerikaner in die Knie zwingen. Dazu werden sie alle Werkzeuge einsetzen, die sie haben.
Im Bereich Wirtschaftsspionage sind die Amerikaner weltweit führend. Durch die rechtlichen Möglichkeiten können die Amerikaner faktisch jedes deutsche Unternehmen ausspionieren. Sie haben bei Siemens gezeigt, wie das geht. Dabei zielen die US-Dienste nicht nur auf Patente oder Fertigungsmethoden. Viel wichtiger ist die Möglichkeit, die Unternehmen durch das Aufdecken von Skandalen sturmreif zu schießen.
Mit dem Mittel der Sanktionen und dem Dollar als Weltwährung können die Amerikaner schon heute die Rahmenbedingungen bestimmen, was erlaubt und was verboten ist. Sie sind globaler Detektiv, Staatsanwalt, Finanzbehörde, Gericht und Vollstrecker in einem. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Wenn das FBI erst einmal in der Marmorhalle eines Konzerns einreitet, ist es zu spät.
Die Kritik der US-Regierung am schwachen Euro ist ein Schaukampf: Denn der schwache Euro hat für US-Unternehmen einen großen Vorteil. Europäische Unternehmen können billiger übernommen werden. Zugleich schützt der starke Dollar US-Unternehmen vor Übernahmen. Gerade in einer globalen Konsolidierungsphase kann dieses Ungleichgewicht ein strategischer Vorteil sein.
Schon in den vergangenen Jahren haben die Amerikaner den Boden bereitet und unablässig den Dollar mit militärischen Mitteln verteidigt. In der Phase II der Plünderung der Welt werden nun aktiv die anderen Währungen angegriffen. Den amerikanischen Ambitionen kommt die Schwäche der EU zugute: Eigentlich wäre der Euro robust genug, um jeder anderen Währung die Stirn zu bieten. Doch der Austritt Großbritanniens aus der EU zeigt sich in diesem Zusammenhang als gezielte Schwächung der EU. Die alten Nationalismen brechen sich wieder Bahn. Die EU ist führungs- und orientierungslos. Sie hat sich mangels von politischen Bodentruppen auf bürokratische Petitessen und ideologische Auto-Aggression verlegt. In China ist die Lage anders: Die Chinesen sind, wie die Deutschen, auch Merkantilisten. Doch sie haben eine funktionierende politische Führung. Vorausgesetzt, es gelingt den Chinesen, die Korruption und das Funktionärsmittelmaß zurückzudrängen, kann Peking eine Allianz anführen, die nicht ganz so einfach plattzumachen ist. China hat in seiner langen Geschichte außerdem immer auf Handel statt auf Krieg gesetzt – und ist damit nachhaltig stabil geblieben.
Die EU hat bereits begonnen, den Rechtsweg gegen die US-Pläne zu ventilieren: EU-Juristen prüfen Klagen gegen den USA nach den Regeln der WTO. Damit könnten die Europäer theoretisch Vergeltungs-Zölle verhängen und das Ganze zu einem Nullsummenspiel entschärfen. Der Haken bei der Sache: Allein ein kleiner WTO-Streit zwischen den USA und Korea dauert nun bereits 20 Jahre. Und genau das ist das Kalkül der Amerikaner und, in ihrem Sog, der Briten: Sie werden es darauf anlegen, dass es Streit gibt. Doch bis die Gerichte entschieden haben, können die Mitbewerber in Deutschland und Europa ausgeschaltet sein. In der Technologiebranche haben es die Amerikaner bereits vorgemacht: Die USA haben Tesla, Apple, Google, Amazon, Palantir. Deutschland hat ARD und ZDF, die Deutsche Telekom und Volkswagen. Mit einigen kleinen Regulierungskniffen können die Amerikaner die Ertragskraft ihre Banken so aufpumpen, dass sie alles in Europa übernehmen, was nicht niet- und nagelfest ist. Die USA als riesiger Hedge Fonds, mit der Expertise von Goldman Sachs und dem Turbo einer die Weltregeln bestimmenden Supermacht.
China dürfte für den Kampf vergleichsweise gut gerüstet sein. Die Chinesen haben sich der Ideologie des „Freihandels“ nie verschrieben: Sie nutzen ihre nationale Stärke gnadenlos aus und bestimmen die Regeln für wichtige Branchen – etwa die Automobilbranche. Genau in diesem Bereich ist Deutschland nach der Abgasaffäre unter Druck. Auch die Euro-Krise und vor allem der Brexit schwächt Deutschland. Hinzu kommt, dass Deutschland im Inneren enorm geschwächt ist. Die Erfolge durch den billigen Euro haben die Politik selbstgefällig und die Wirtschafts innovationsfeindlich werden lassen. Man kann kaum erkennen, wie Deutschland diesen ungleichen Kampf gewinnen soll.
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Re: Die Krise in Europa und die öffentliche Hand

Beitragvon Grünrock am Di 27. Jun 2017, 16:23

USA wollen ein anderes Europa als Deutschland

US-Geopolitiker George Friedman sieht einen grundlegenden Interessenkonflikt zwischen den USA und Deutschland

Der Chef des US-Informationsdiensts "Geopolitical Futures" führte kürzlich in seiner Analyse aus, dass die USA und Deutschland zwei gegensätzliche Vorstellungen für Europa haben. Das sei im Grunde der Kern der Meinungsverschiedenheiten zwischen Donald Trump und Angela Merkel.

Die objektive Realität sei, dass Europa gespalten und wirtschaftlich gefärdet sei. Gleichwohl wichen die Interessen Europas von denen der USA grundsätzlich ab. Trump vertrete die rationale Ansicht, dass die NATO geschaffen wurde, um das Eindringen der Sowjetunion in Europa zu verhindern. Doch das Bündnis würde heute nur noch wenig Sinn machen, denn ohne einen potentiellen Gegner habe die NATO keine vernünftige Mission mehr. Friedman meinte wörtlich: „Sie (also die Amerikaner) verstanden auch, dass die NATO nicht mehr sehr wichtig war für die Probleme, denen sie gegenüberstanden ...". "Die USA näherten sich dagegen Großbritannien und den osteuropäischen Staaten an. Es wurde für die Amerikaner immer schwieriger, an Europa als Ganzes zu denken: Europa verhielt sich nicht wie ein Ganzes und die europäisch-amerikanische Allianz erstreckte sich nicht über die Mission der NATO hinaus – eine Mission, die abgelaufen ist...“.

Friedman meint weiter: „Im Jahr 1991 sei Deutschland in eine neue Ära eingetreten und gab sich trotz seiner schwachen geografischen Position konfliktscheu...".

Die Differenzen zwischen Deutschland und den USA wären auch ohne Trump zutage getreten, meint Friedman. „Amerika und Deutschland haben ganz andere Imperative und Erfahrungen. Während der eine nur Triumph und verhältnismäßig kleine Niederlagen kennt, wurde der andere immer wieder durch seine eigenen Handlungen verwüstet. Die USA sind weitaus mächtiger und geografisch sicherer als es Deutschland jemals war“, so Friedman weiter.

Unter „Allianz“ verstehen die Amerikaner heute aber nicht mehr, dass sie einen Verbündeten hätten, der US-Soldaten und Technik anfordere und den globalen Schutzschirm der USA kostenfrei nutze, alle gebotene Hilfe und Vorteile der USA eigennützig in Anspruch nehme aber im Gegenzug kaum etwas selbst leiste. Im Gegenteil, man schade zunehmend der US-Wirtschaft. Die USA würden sich nicht wie die damalige Sowjetunion verhalten, alle Verbündeten mit Freundschaftsdiensten kostenfrei unterstützen und daran zum Schluss selbst wirtschaftlich zu Grunde gehen. Europa und Deutschland habe nun in Donald Trump einen neuen Gorbatschow gefunden, der mehr Klarheit und Offenheit in allen Dingen ohne ideologische Verklärung fordere und die Anpassung der eigenen Wirtschaftsstruktur ausführe. Er ist der Meinung, dass man die Probleme in der Welt nicht durch die eigene Presse schön reden könne und selbstgefällig werde. Wer beim erkennen und lösen der Probleme zu spät komme, den bestrafe sehr bald die Wirklichkeit des Lebens. Das treffe auch für die EU und Deutschland zu.

Die Amerikaner und Deutschen würden nach Meinung Friedmans „nicht mehr an derselben Diskussion“ teilnehmen. Deutschland habe zwar an das Selbstvertrauen der Europäer appeliert, damit Europa seinen eigenen Weg gehen könne, allerdings sei völlig unklar, wer oder was Europa heute noch sei und welcher Weg damit gemeint war. Man verschätze in Deutschland die wirkliche Lage und die sich herausbildenden, verändernden Kräfteverhältnisse in der Welt und sehe nicht, dass sich Europa zunehmend selbst destabilisiere. Daran sei Deutschland nicht schuldlos.
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Re: Die Krise in Europa und die öffentliche Hand

Beitragvon Hansa am Mo 11. Jun 2018, 15:48

Rezension von „Der Zerfall“
Experte erhebt schwere Vorwürfe: Deutsche Selbstsucht droht Europa zu zerreißen


Auf dem Papier stehen die traditionellen außenpolitischen Positionen auch heute noch geduldig aufgeschrieben. Die neue Nationale Sicherheitsstrategie der USA, die erste unter Präsident Trump, klingt in den meisten Passagen nach althergebrachter amerikanischer Außen- und Sicherheitspolitik.
Das feste Fundament der NATO; die Herausforderung durch Russland; die Konkurrenz zu China; die Führungsrolle der USA im Westen. Vor allem sind aus europäischer Sicht bedeutsam: die Unterstützung des europäischen Einigungsprozesses und das enge transatlantische Verhältnis.
Wo stehen die USA?
Doch als der Präsident das Strategie-Papier vorstellte, klang er ganz anders. Selbstbezogenheit statt Führung und auf der Suche nach verbesserten Beziehungen zu Russland. Was stimmt denn nun? Das fragen sich die Verantwortlichen in den anderen Regierungen, die täglich die Doppelgesichtigkeit amerikanischer Politik vermessen. Und: Ist Trump ein vorübergehendes Phänomen? Wird es nach ihm wieder so sein wie zuvor? Oder ist das jetzt das neue Amerika, auf das sich alle anderen und allen voran die europäischen Verbündeten einzustellen haben?

Der Zerfall
Das ist der Hintergrund, vor dem William Drozdiak, erfahrener Beobachter des transatlantischen Verhältnisses und der europäischen Staaten seine Berichte vom „Zerfall“ schreibt. Dem Zerfall der Europäischen Union und dem Zerfall des Westens und der von ihm gestützten internationalen Ordnung.

Schon der Schutzumschlag bringt den doppelten Zerfall ins Bild. Da wehen die amerikanische und europäische Flagge parallel vor ruhiger See; aber die europäische ist arg zerrupft, verschlissen und reißt in Teilen ab. Aber es sind noch beide da. Wenn sich die USA von Europa jedoch abwenden und die europäische Einigung nicht weiter unterstützen, werden die europäischen Zentrifugalkräfte derart stark auf die Integrationsgemeinschaft wirken, dass sie auseinandergerissen werden könnte. Das ist die Kernbotschaft des Buches, das endet: „Es ist nur schwer vorstellbar, wie Europa ohne Mut, Staatskunst und den aktiven Beistand der Vereinigten Staaten seine Differenzen ausräumen und dem Traum eines vereinten Kontinents neues Leben einhauchen kann.“

Staatskunst und Mut
Mut und Staatskunst weisen dabei vor allem auch nach Europa und auf die europäischen Regierungen. Diese Eigenschaften fehlen ihnen Drozdiaks Analyse zufolge nämlich arg. Dabei stimmt William Drozdiak mit der Aussage der Kanzlerin überein, dass es an der Zeit sei, „unser Schicksal in die eigenen Hände zu nehmen.“ Abgesehen davon, dass die Mehrzahl der Regierten wahrscheinlich dachte, dass das eigentlich genau die Aufgabe einer Regierung sei, muss man den Satz erklären.
Denn folgt man Drozdiaks Schilderung entstammt er dem staunenden, erschütterten und kopfschüttelnden Erschrecken über das Auftreten Präsident Trumps auf den ersten gemeinsamen Treffen von NATO und G7. Dabei sei deutlich geworden, dass die USA die Führungsrolle des Westens nicht weiter schultern möchten. Ratspräsident Tusk, so schreibt er, habe nach seinem ersten Gespräch mit Präsident Trump die Abkehr der amerikanischen Außenpolitik von Europa als geopolitische Herausforderung auf eine Ebene mit der aggressiven Politik Russlands gestellt. Da, so könnte man folgern, kommt es nun auf die Europäische Union an.
Im Video: Dank Trumps Steuer-Reform: Größter US-Arbeitgeber erhöht Stundenlohn massiv

Die gebeutelte EU
Das ist so richtig wie tragisch, denn die EU schwankt aus vielen Gründen eher am Abgrund, als dass sie Dynamik versprüht. Hier werden die Krisen der letzten zehn Jahre aufgezählt und immer wieder schlägt William Drozdiak den gleichen Akkord an: Deutschland verhindert mit seiner selbstsüchtigen Politik die Integration in Europa. Mehr noch: es sorgt dafür, dass einige der EU-Mitgliedstaaten unter Bedingungen leben, die ihnen schaden.

1. Finanzkrise
Erstes Beispiel: Die Finanzkrise. Da habe Deutschland, unterstützt von einigen anderen Staaten, Griechenland und die anderen Südstaaten der EU derart unter Druck gesetzt, dass diese in der Gefahr stehen, daran zu zerbrechen. Der Aufstieg der Links- und Rechtspopulisten in Griechenland, hohe Jugendarbeitslosigkeit und niedriges Wachstum und verschärfte soziale Probleme seien die Folge dieser Politik. Nicht nur in Griechenland, auch in Italien, Spanien, Frankreich... Und die Krise sei noch nicht zu Ende, sie könne wegen der maroden Banken in einigen dieser Staaten schlagartig wieder aufflammen.

2. Sanktionen gegen Russland
Zweites Beispiel: Die Russlandsanktionen. Hören wir den Autor selbst: „Beim letzten EU-Gipfeltreffen des Jahrs 2015 ... schockierte (der damalige italienische Ministerpräsident) Renzi seine Kollegen, als er Merkel in der Frage der Russland-Sanktionen pure Heuchelei vorwarf ... Merkel hatte Italien, Bulgarien und andere Staaten gedrängt, die South-Stream-Pipeline aufzukündigen, die russisches Gas nach Südeuropa liefern sollte... Doch dann, kurz vor dem Treffen in Brüssel, erfuhr Renzi, dass Merkel still und heimlich eine zweite North-Stream-Pipeline abgesegnet hatte, die Gas aus Sibirien direkt in den deutschen Hafen Greifswald liefern sollte – ohne die anderen EU-Regierungen darüber auch nur zu informieren.“

3. Flüchtlingskrise
Drittes Beispiel: Die Flüchtlingskrise. Drozdiak schreibt: „Merkel dachte nicht daran, sich mit anderen europäischen Regierungschefs zu beraten, bevor sie entschied, Deutschlands Tore zu öffnen... dann wurde Merkel von ihren europäischen Kollegen, die von ihrem Handeln überrascht und darüber verärgert waren, mit Warnungen überschüttet. Sie warnten, dass ihre unilaterale Entscheidung fehlschlagen und die Flüchtlingskrise so verschärfen würde, dass dies ganz Europa politisch und wirtschaftlich beschädigen könnte.“
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Re: Die Krise in Europa und die öffentliche Hand

Beitragvon Peter am Mo 11. Jun 2018, 16:21

Da war wohl 1990 einiges zu kurz gedacht.

Die ehemalige Sowjetunion war nicht mehr in der Lage, die "Verbündeten" angemessen zu unterstützen und seine eigene wirtschaftliche Entwicklung zu steuern. Interessen, die Nachkriegsordnung zu erhalten, schwanden. Ein Staats- und Wirtschaftssystem stürzte unter kräftiger Mithilfe des verbleibenden Systems in sich zusammen.

Das alte kapitalistische System entwickelte sich "grenzenloser". Die sog. Parteiendemokratien werden in den Nationalstaaten zunehmend in Frage gestellt. Es bilden sich in vielen Ländern (USA, Frankreich, Italienen usw.) sog. Bewegungen mit unterschiedlichen politischen Konzepten heraus. Zusammenschlüsse, wie die EU, werden zunehmend abgelehnt. Die Interessen der USA an Europa schwinden, wie damals die der Russen an Europa. Die USA kann und will ihr finanzielles Engagement in Europa und in der NATO nicht weiter betreiben und stellt eigene Interessen in den Vordergrund, um eigenes Scheitern noch 5 vor 12 abzuwenden. Das ähnelt dem Vorgehen der ehemaligen Sowjetunion sehr. Der Kampf der Weltmärkte verschärft sich zunehmend und die Welt steht vor Handelskriegen, die schnell in einen militärischen Krieg überzugehen drohen. Staaten, die Abhängigkeiten von den "Supermächten" weitestgehend vermieden (z. B. China), bauen Ihre Positionen weiter aus. Staaten mit Abhängigkeiten zu den USA oder/und solch mit enormen Handelsüberschüssen (z. B. Deutschland), werden zukünftig zu den großen Verlierern gehören.

Offensichtlich steht die Welt vor dem Ausbrechen einer großen Weltwirtschaftskrise, die alles mit sich reißen kann. Bereits jetzt wird nach Möglichkeiten gesucht, wie man eine solche überwinden kann.

Entweder wird die Welt in einem nicht begrenzbaren Krieg untergehen - oder es wird sich eine völlig neue Gesellschafts- und Wirtschaftsform herausbilden.
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Re: Die Krise in Europa und die öffentliche Hand

Beitragvon Kaktusblüte am Fr 30. Aug 2019, 08:24

Negativzinsen sind der Untergang: Zentralbank beendet die freie Marktwirtschaft

Boris Roessler/dpa
FOCUS-Online-Experte Thorsten Polleit
Samstag, 17.08.2019, 18:08

Der Rat der EZB hat auf seiner letzten Sitzung am 25. Juli 2019 die Leitzinsen zwar unverändert gehalten. Doch gleichzeitig hat EZB-Präsident Mario Draghi den Boden bereitet, um die Zinsen in den kommenden Monaten noch weiter abzusenken. Was ist der Grund?
Wer gehofft hat, es könnte nicht schlimmer kommen mit der Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB), der sieht sich getäuscht: Der Hauptrefinanzierungszins wurde bei 0,0 Prozent, der Einlagenzins bei minus 0,40 Prozent belassen.
Die Inflation“ falle zu niedrig” aus, so der EZB-Rat, und die Wirtschaft sei zu schwach. Mit eben dieser Einschätzung wurde den Märkten signalisiert, dass sie mit einer baldigen Leitzinssenkung zu rechnen haben: Es ist sehr wahrscheinlich, dass der Einlagenzins auf der nächsten EZB-Sitzung im September um 0,2 Prozentpunkte auf minus 0,60 Prozent abgesenkt wird; und sogar der Hauptrefinanzierungszins könnte auf minus 0,20 Prozent fallen. Der fortgesetzte Weg in die Negativzinswelt hat dramatische Folgen.

Das Wesen des Zinses
Das wird einsichtig, wenn man sich klarmacht, was der Zins eigentlich ist. Kurz gesprochen steht er für den Wertabschlag, den ein gegenwärtig verfügbares Gut gegenüber einem erst künftig verfügbaren Gut (unter sonst gleichen Umständen) erleidet. Der Zins – oder besser: „Urzins“ – ist dabei immer und überall positiv. Er kann im freien Markt nicht verschwinden, kann nicht auf null geschweige denn unter die Nulllinie fallen. Der Zins lässt sich aus dem menschlichen Handeln und seinen Werten nicht wegdenken.

Nun gibt es allerdings die Theorie, der „neue natürliche Zins“ – der „volkswirtschaftliche Urzins“ – sei negativ geworden. Und obwohl das eine falsche Theorie ist, hat sie bereits Eingang in die Geldpolitik gefunden – denn sie ist für Regierungen und etablierte Interessengruppen höchst attraktiv: Wenn die Zentralbank den Zins in den Negativbereich zwingt, wird das Neuverschulden gewinnträchtig; und strauchelnde Staaten und Euro-Banken können sich auf Kosten der Gläubiger gesunden.

Dass viele Marktzinsen sich derzeit im Negativbereich befinden, ist kein Beweis für die Richtigkeit der „neuen Zinstheorie“. Denn die Marktzinsen sind manipuliert. Sie werden von den Zentralbanken diktiert, nicht nur die Kurz-, sondern auch die Langfristzinsen: Die Geldbehörden kaufen Schuldpapiere und erhöhen dadurch deren Kurse und senken die Renditen. Das ist der Grund, warum viele Zinsen negativ sind, und das ist nicht „natürlich“: Die Zentralbanken haben sie dorthin getrieben.

Negativzins für alle
Ist es denkbar, dass bald auch Konsum-, Hausbau- und Unternehmenskredite mit einem Negativzins angeboten werden? Ja, durchaus. Um zu verdeutlichen, wie das gehen kann, nehmen wir an, die Euro-Banken bekommen Kredit bei der EZB für minus 2 Prozent pro Jahr: Sie leihen sich 100 Euro und zahlen nach einem Jahr 98 Euro zurück. So erzielen die Banken mühelos einen Gewinn von 2 Euro. Die EZB wird aber Kredite zu Minuszinsen nur unter der Bedingung vergeben, dass die Banken das Geld weiterverleihen.

Um in unserem Beispiel zu bleiben: Die Bank beschafft sich 100 Euro für ein Jahr zu minus 2 Prozent pro Jahr bei der EZB. Sie verleiht das Geld an Konsumenten zu einem Zins von, sagen wir, minus ein Prozent (sie verleiht also 100 Euro und erhält nach einem Jahr 99 Euro zurück). Insgesamt gesehen macht die Bank einen Gewinn von 1 Euro: Sie verdient durch die Kreditaufnahme bei der EZB 2 Euro, notgedrungen verliert sie im Kreditgeschäft 1 Euro. Eine irre Welt! Für den Wohlstand der Volkswirtschaften bedeutet das nichts Gutes.

Weg in die Planwirtschaft ?
Wenn jedermann plötzlich einen Kredit mit Negativzinsen bekommen kann, dann ist zu erwarten, dass die Kreditnachfrage außer Rand und Bank gerät. Daher muss die EZB zur Kreditrationierung greifen: Sie bestimmt vorab, wieviel neue Kredite es geben soll, und danach teilt sie diese Kreditmenge zu. Nicht mehr der Kreditmarkt entscheidet, wer wann welchen Kredit zu welchen Konditionen bekommt, sondern diese Entscheidungen trifft die EZB.
Nach welchen Kriterien sollen die Kredite zugeteilt werden? Sollen alle, die Kredit nachfragen, etwas bekommen? Oder sollen beschäftigungsintensive Wirtschaftssektoren bevorzugt werden? Oder sollen die Kredite nur an Zukunftsbranchen gehen? Oder sollen schwächelnde Industriezweige mit zusätzlichen Krediten gestützt werden? Oder soll der Süden Europas mehr als der Norden bekommen? Diese Fragen lassen bereits erkennen: Mit der Negativzinspolitik kommt die Planwirtschaft.

Die EZB entscheidet damit, wer was wann und wo finanzieren und produzieren kann. Wie eine Zentralplanungsbehörde befindet sie – beziehungsweise die Interessengruppen, die sie beherrschen – über die Geschicke der Volkswirtschaften: Welche Industrien gefördert oder zurückgedrängt werden; welche Volkswirtschaften stärker und welche schwächer wachsen dürfen; welche Banken in welchen Ländern überleben dürfen und welche nicht. Willkommen in der Planwirtschaft im Euroraum. Doch damit nicht genug!

Spekulationsblase
Durch die fortgesetzten Zinssenkungen blähen sich die Preise für das Bestandsvermögen auf: Aktien, Häuser und Grundstücke, alles wird teurer. Denn je niedriger der Zins ist, desto höher fallen auch die Barwerte der künftigen Zahlungen und damit auch die Marktpreise der Vermögensgüter aus. Die Niedrig- und Negativzinspolitik der Zentralbanken sorgt so gesehen für eine fulminante Preisaufblähung auf den Vermögensmärkten; eine gigantische Spekulationsblase wird so aufgepumpt.

Das beschert den Investoren zunächst hohe Renditen. Doch gleichzeitig verschlechtern sich dadurch die künftigen Renditeaussichten. Das erklärt sich wie folgt: Die Null- und Negativzinsen lassen die Preise von Aktien und Häusern so weit ansteigen, bis die erwartete Rendite, die diese Anlageklassen versprechen, sich dem Niedrig- beziehungsweise Negativzins, den die Zentralbank setzt, angenähert hat. Im Extremfall fallen die erwarteten Marktrenditen sogar auf oder gar unter die Nulllinie.

Wenn aber die Zentralbankpolitiken erst einmal alle Rendite auf oder unter die Nulllinie gedrückt haben, steht die freie Marktwirtschaft vor dem Aus. Ohne einen positiven Zins, ohne eine positive Rendite in Aussicht zu haben, hört das Sparen und Investieren auf. Die arbeitsteilige Volkswirtschaft kommt zu Erliegen. Ersatz- und Erweiterungsinvestitionen hören auf, Kapitalverzehr setzt ein, und die moderne Volkswirtschaft fällt zurück in eine primitive Subsistenzwirtschaft.

Ende der Wohlfahrtsdemokratie
Die Geldpolitik der Null- und Negativzinsen führt – wenn man sie konsequent zu Ende denkt – zum Untergang der freien Gesellschaft, wie man sie in der westlichen Welt bisher gekannt hat. Ihre zerstörerische Wirkung wird jedoch nicht für jedermann sofort ersichtlich, weil die Null- und Negativzinsen zunächst einen künstlichen Konjunkturaufschwung in Gang halten, der die Volkswirtschaft eine ganz Zeit lang quasi ungestraft aus der Substanz leben lässt.
Erst nach und nach werden die Schäden sichtbar. Der Wohlstandszuwachs schwindet; die politischen Verteilungskämpfe nehmen zu; der Staat wird immer mächtiger; die Freiheitsgrade für Bürger und Unternehmen nehmen ab; und irgendwann kollabieren auch die Vermögenspreise, platzt die Blase, weil die Leistungsfähigkeit der Volkswirtschaft immer stärker beeinträchtigt wird: Unternehmen machen weniger Gewinn, Arbeitsplätze gehen verloren, Konsumenten müssen ihre Nachfrage einschränken.

Das alles führt zu wirtschaftlicher Verarmung und sehr wahrscheinlich auch zu politischem Chaos. Die Null- und Negativzinspolitik sägt sprichwörtlich den Ast ab, auf dem die Wohlfahrtsdemokratie der westlichen Welt Platz genommen hat. Ihre katastrophalen Wirkungen sind schon heute einsehbar. Dass den Zentralbanken nicht das Handwerk gelegt wird – nicht von den Ökonomen, nicht von der Politik, nicht von den Bürgern –, ist eine der ganz großen Tragödien unserer Zeit.
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