Kalkulation - Abwasser

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Re: Kalkulation - Abwasser

Beitragvon Grünrock am Mi 3. Dez 2008, 16:23

Exakt! @c-g
Die betriebswirtschaftliche und volkswirtschaftliche Betrachtung darf in keinem Falle die Umweltgesichtspunkte außer acht lassen. Hier schaffen wir uns durch zentrale Abwasseranlagen u. U. gesellschaftliche Kosten, dessen Beseitigung mit eingerechnet werden müssten. Das ist ähnlich wie bei Kraftwerken.
Dort wo wir eine sehr hohe Zersiedlung zu verzeichnen haben, also die Investitionskosten pro Anschluss sehr hoch sind und aus demogaphischen Gesichtspunkten eine weitere Ausdünnung der Bevölkerung zu erwarten ist, machen dezentrale Anlagen bereits Sinn. Nicht anders ist auch die Förderung der KKA zu verstehen.
Der Gesichtspunkt der Rückgewinnung von Brauchwasser ist nicht von der Hand zu weisen. Gerade im ländlichen Raum macht das sehr viel Sinn. Es ist nicht mehr vertretbar, dass zur Bewässerung von großen Flächen wertvolles Trinkwasser verwendet wird. Eine gute und zweckmäßige Mischung von zentralen Anschlüssen und Dezentralen ist sicher nützlich.
Letztlich ist natürlich auch die Frage zu stellen, geht es den AZV's um das Gemeinwohl (wofür sie einst erdacht wurden) oder geht es um das Nichteingestehen früherer Fehler (also um die Frage wer soll die Fehler jetzt bezahlen). Haben wir, insbesondere In Sachsen die zentralen Abwasseranlagen nicht von Anfang an zu groß konzipiert? Folge dessen ist nun, dass die Auslastung kommen muss und dies auf Teufel komm raus. Das läßt sich ja bei den AZV's genau ermitteln, ab welchen Anschlussgrad und Auslastungsgrad die Investition ordnungsgemäß realisiert werden kann. @c-g schau da mal bei Deinem AZV genau hin. Du wirst sehen, da liegt der Hase im Pfeffer. Der AZV kann Dir genau errechnen, ab welchem Auslastungsgrad die Anlage effektiv arbeitet.
Nun hat wegen der Kosten des Abwassers auch die Frischwassermenge erheblich abgenommen. Eine Abwärtsspirale der AZV's hat begonnen.Die AZV's laufen den Dingen hinterher. Sie brauchen nun eine viel größere Menge zu klärenden Wassers. Die Frischwassermenge nimmt ab und die Anschlusskosten für weitere, eigentlich nicht mehr rentable Anschlüsse nehmen zu. Wo endet das?
Richtig :cry:
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Re: Kalkulation - Abwasser

Beitragvon Seife am Mi 3. Dez 2008, 17:32

Grünrock hat geschrieben:Haben wir, insbesondere In Sachsen die zentralen Abwasseranlagen nicht von Anfang an zu groß konzipiert? Folge dessen ist nun, dass die Auslastung kommen muss und dies auf Teufel komm raus.


Sicher sind die Anlagen zu groß. Bei der demografischen Entwicklung werden sie es auch bleiben. Die Frage ist nun aber, wie kriegen wir das wieder hin? Eine Idee wäre es ja, die Abschreibungen mit Wiederbeschaffungszeitwerten für kleinere Anlagen zu planen. Dann wären auch die Gebühren geringer. Was haltet ihr davon?
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Re: Kalkulation - Abwasser

Beitragvon Grünrock am Mi 3. Dez 2008, 18:15

Seife hat geschrieben:
Grünrock hat geschrieben:Haben wir, insbesondere In Sachsen die zentralen Abwasseranlagen nicht von Anfang an zu groß konzipiert? Folge dessen ist nun, dass die Auslastung kommen muss und dies auf Teufel komm raus.


Sicher sind die Anlagen zu groß. Bei der demografischen Entwicklung werden sie es auch bleiben. Die Frage ist nun aber, wie kriegen wir das wieder hin? Eine Idee wäre es ja, die Abschreibungen mit Wiederbeschaffungszeitwerten für kleinere Anlagen zu planen. Dann wären auch die Gebühren geringer. Was haltet ihr davon?


Ja, Ja, dass hatte ich mir gedacht!
Das löst aber das eigentliche Problem noch nicht, weil dass die meisten AZV schon machen oder aber die kalkulatorischen Kosten anderweitig, künstlich senken. Die "politischen Gebühren", nämlich die konstante Unterdeckung der tatsächlich benötigten Gebühren verschärft darüber hinaus das Problen.

Zumächst stehen die viel zu großen Kläranlagen und fabrizieren Betriebskosten, z. B. die immer teurer werdende Elektroenergie. Dann werden heute Rohrnetze aufgebaut, die diesen zu groß geratenen Kläranlagen entsprechen sollen. Was sollten die AZV sonst auch in Ihrer Not tun? Ja, z.B. kann man noch Niederschlagswasser "gesetzlich" in die auf Wasser hoffende Kläranlage einführen. Oh - lieber Gott - lasse es endlich regnen!

Der Schaden mit den zu großen, zentralen Anlagen lässt sich betriebswirtschaftlich nicht wegmogeln, der ist da. Ich bin für das Verursacherprinzip.

Möglichkeit: 1 Drittel das Land, 1 Drittel die AZV's, 1 Drittel die Mitgliedskommunen. So in Ordnung? :lol:

Oder anderer Vorschlag: Sofort wegsprengen und kleiner bauen? Damit hast Du aber das Kapital der Angeschlossenen gleich mit in die Luft gesprängt. Tja, ich denke das ist eine sog. "AZV - Blase" welche früher oder später platzen kann, wenn tatsächlich nicht angemessen reagiert wird. :evil:
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Re: Kalkulation - Abwasser

Beitragvon c_g am Mi 3. Dez 2008, 20:15

Grünrock hat geschrieben:
Seife hat geschrieben:
Grünrock hat geschrieben:

Oder anderer Vorschlag: Sofort wegsprengen und kleiner bauen? Damit hast Du aber das Kapital der Angeschlossenen gleich mit in die Luft gesprängt. Tja, ich denke das ist eine sog. "AZV - Blase" welche früher oder später platzen kann, wenn tatsächlich nicht angemessen reagiert wird. :evil:


teuer wird es auf jeden Fall, da gebaut wurde muß auch bezahlt werden. Nur wer, da wird man sich streiten.
Ist diese "AZV-Blase" in Sachsen flächendeckend? Wird das zum selben Problem wie bei den Amis mit den Immobilien?
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Re: Kalkulation - Abwasser

Beitragvon mod am Mi 3. Dez 2008, 20:26

Prima gemacht, Dank an alle!
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Re: Kalkulation - Abwasser

Beitragvon Grünrock am Mi 3. Dez 2008, 20:49

Ist diese "AZV-Blase" in Sachsen flächendeckend? Wird das zum selben Problem wie bei den Amis mit den Immobilien?, schrieb @c-g

Das hat sicher einen anderen, vergleichsweise geringen Stellenwert. Aber die Menschen wird es trotzdem sehr bewegen. Da möchte ich nicht in der Haut der Bürgermeister oder der Geschäftsführer der AZV's sein. Es ist zu hoffen, dass man das Problem noch rechtzeitig erkennt und gemeinsam mit den Bürgern nach Wegen sucht. In anderen Bundesländern tut man das schon. Auch in Sachsen ist bereits erkannt, dass der Weg so nicht weiterbeschritten werden kann. Die Fördermittel für zentrale Anlagen wurden wesentlich zugunsten der KKA gekürzt. Einen wesentlich höheren Anschlussgrad wird man daher nicht mehr erreichen. Unser sehr populäres Forum trägt ja auch dazu bei, dass endlich Normalität in die Dinge kommt und die Menschen besser informiert sind.
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Re: Kalkulation - Abwasser

Beitragvon Heinze am Do 4. Dez 2008, 09:36

Moin, Moin,
hab für Euch mal ein "Anschauungsbeispiel", für die Auflösung eines AZV in Sachsen Anhalt. Wer wird's bezahlen? Ich glaube das Land möchte das nicht. Na ja, sind ja halt nur "Einzelfälle".

Hingeschaut und aufgepasst: https://www.mz-web.de/servlet/ContentSe ... 8348861777
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Re: Kalkulation - Abwasser

Beitragvon Seife am Do 4. Dez 2008, 09:51

Heinze hat geschrieben:Moin, Moin,
hab für Euch mal ein "Anschauungsbeispiel", für die Auflösung eines AZV in Sachsen Anhalt. Wer wird's bezahlen? Ich glaube das Land möchte das nicht. Na ja, sind ja halt nur "Einzelfälle".

Hingeschaut und aufgepasst: https://www.mz-web.de/servlet/ContentSe ... 8348861777


Hmmmm,

und wer bezahlt eigentlich die Altschulden die dann übrig bleiben? Ich denke mal die Kommunen und damit die Bürger. Zum Schluss wills hier eben auch keiner gewesen sein. Von wegen Verursacherprinzip.

Hier mal mein Link. Bitte runterskrollen, da war ein Bild dazwischen: http://www.volksstimme.de/vsm/nachricht ... nt=1225161
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Re: Kalkulation - Abwasser

Beitragvon jop am Do 4. Dez 2008, 10:20

Seife hat geschrieben:
Heinze hat geschrieben:Moin, Moin,
hab für Euch mal ein "Anschauungsbeispiel", für die Auflösung eines AZV in Sachsen Anhalt. Wer wird's bezahlen? Ich glaube das Land möchte das nicht. Na ja, sind ja halt nur "Einzelfälle".

Hingeschaut und aufgepasst: https://www.mz-web.de/servlet/ContentSe ... 8348861777


Hmmmm,

und wer bezahlt eigentlich die Altschulden die dann übrig bleiben? Ich denke mal die Kommunen und damit die Bürger. Zum Schluss wills hier eben auch keiner gewesen sein. Von wegen Verursacherprinzip.

Hier mal mein Link. Bitte runterskrollen, da war ein Bild dazwischen: http://www.volksstimme.de/vsm/nachricht ... nt=1225161


Also Ihr lieben - so einfach geht das wohl nicht. Ert einmal die Fördermittel zurück zahlen. Das Land ist nicht Schuld, die haben das ja gleich gemerkt und immer gesagt. Fördermittel waren halt nur, wenn gleich ein etwas teurer Kredit. Für die Bürger nicht schlimm. Man leistet sich ja sonst nicht.

LIes mal einige Auszüge:
--------------------------------------------------------------------------------
Land trägt erhebliche Mitschuld an Misere des AZV Bodeniederung


Bei allen Gelegenheiten versucht das Land seine Mitschuld an der heutigen Misere des AZV Bodeniederung abzustreiten. Im Gegenteil, es hat immer gewarnt,.... hat immer resolut kostendeckende Gebühren verlangt, nie Unzuläng-lichkeiten geduldet und darüber hinaus sogar enorme Finanzspritzen in den AZV Bode-niederung getätigt. Die Hauptursache lag angeblich im Verband selbst, der viel zu spät kostendeckenden Gebühren erhoben hat. War es wirklich so? Da man sich in der Politik oftmals auf die Vergesslichkeit der Menschen verlassen kann, fallen solche einseitigen Behauptungen auf fruchtbaren Boden. .....

....die Refinanzierung des Projektes nicht schlüssig gewesen sein. Bis ins Jahr 1995 betrugen die Abwassergebühren nur niedrige 0,93 Euro/m3 , was politisch so gewollt war. Wie die Investitionskosten mit diesen niedrigen Gebühren finanziert werden sollten, ist nicht nachvollziehbar! Bis Mitte 1995 war bereits die Hälfte der Investition von insgesamt 110 Mio. Euro getätigt. Jeder, der schon einmal einen Kredit aufgenommen hat, weiß, dass ohne Tilgungszahlung die Kreditlast durch die anfallenden Zinsen und Zinseszinsen sehr schnell erheblich größer wird.

....Eine weitere wesentliche Ursache für die eingetretene Misere besteht darin, dass während der gesamten Zeit des AZV Bodeniederung es keine Führung gab, die die Geschicke des Verbandes richtig lenken konnte. Das Personal war den Anforderungen meist nicht gewachsen. Von 1991 bis 2006 mussten 51 Satzungen bzw. Änderungen erlassen werden, um inhaltliche Fehler und Fehler in Veröffentlichung zu korrigieren. Die Niederschlagswassergebührenerhebung wurde ab 1997 in die Satzung aufgenommen, scheiterte aber diletantisch, als nach einer falschen Veröffentlichung des Gebührensatzes ohne Korrektur trotzdem die Gebührenbescheide erlassen wurden. Danach wurde Niederschlagswassergebühren nicht flächendeckend erhoben. In diesem Zusammenhang sei daran erinnert, dass 3mal Datenerhebungen zur Niederschlagswasserbeseitigung durchgeführt wurden, natürlich zu Lasten der Gebührenzahler. Ende 1999 bis Anfang 2000 war eine Managementunterstützungsgruppe des Umweltministeriums im AZV tätig, was aber leider auch keine nachhaltige Verbesserung in der Arbeit des Verbandes brachte.

....Die vom Land ab Anfang 2000 in den Verband gesteckten Teilentschuldungshilfen in Höhe von 36,4 Millionen Euro dienten letztlich nur noch zur Erhaltung der Liquidität des Verbandes. Diese Mittel einige Jahre früher als Investivkapital eingesetzt, hätte zu einer deutlich geringeren Gebührensituation als heute geführt.

Der Bericht des Landesrechnungshofes über den AZV Bodeniederung zeigt in über 100 Seiten das totale Versagen des Landes, seiner Behörden und des Abwasserzweckverbandes. Eine Aufarbeitung erfolgte in keinem einzigen Gremium, zumindest nicht öffentlichkeitswirksam. Zu erdrückend sind die Vorwürfe! Viel zu spät durchgeführte interne Prüfungen stellten oftmals nur noch Verjährungen zu zahlreichen Tatbeständen fest. Ein Schelm, der Böses dabei denkt!

Noch ein letzter Gedanke: Wir befinden uns hier in der Bundesrepublik Deutschland mit einem entsprechend umfangreichen Staatsapparat, der zahlreiche Aufgaben zu erfüllen hat und von den Steuergeldern seiner Bürger finanziert wird! Da kann man schon Leistung erwarten und bei solch einem enormen Schaden gemäß dem Verursacherprinzip Ersatz verlangen!


Dr. Bernhard Pech, 1. Vorsitzender „Verein Bezahlbares Abwasser“
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Re: Kalkulation - Abwasser

Beitragvon Reineke Fuchs am Do 4. Dez 2008, 11:49

Also wie Ihr wisst, bin ich, was AZV's betrifft auch sehr kritischen eingestellt. Das hat seine Gründe und für mich selbst eine gewisse Berechtigung. Ich bin bereits AZV "geschädigt" und das hat mir sehr viel Nerven, Mühen und auch Geld gekostet. Trotz alledem sage ich, in gewisser Weise haben die AZV an vielen Standorten Ihre Berechtigung. Ich denke hier an Ballungsgebiete, wo es sehr vernünftig und kostengünstig sein kann, das Abwasser gemeinschaftlich zu entsorgen. Da macht es Sinn, hohe Anschlussdichte, Konzentration von Kapital mit hohen Nutzwert, Bewirtschaftung sehr rentabel.

Ernste Bedenken habe ich, wenn die Einwohnerdichte sehr gering ist, die Leitungsnetze kilometerweit von einem Gundstück zum anderen Grundstück verlegt werden müssen, die Investitions- und Betriebskosten nicht mehr der eigentlichen Sache entsprechen und nur noch aus Prinzip und ohne Vernunft der Anschlusszwang durchgeseztzt wird. Wie Ihr eben schon sagt, koste es was es wolle. Das ist schlecht. Hier sollte man sich rechtzeitig mit den Bürgern zusammen (nicht auseinander) setzen und gemeinsame Lösungen finden. Auch hier kann der AZV seine Aufgabe haben. Die Lösung ist nicht, "Entweder zentraler Anschluss - oder Feind"). Das ist sicher nicht besonder klug.
öffentlich und dann auch noch rechtlich?
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