Kalkulation - Abwasser

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Re: Kalkulation - Abwasser

Beitragvon Romulus am Sa 16. Jun 2018, 13:43

Hallo Hansa!
Meinen Respekt für Deine Ausführungen. Das ist doch tatsächlich etwas, worüber man einen vernünftigen Diskurs führen kann.
Ganz besonders ist Dir zu danken, dass Du Dich sehr bemühst, die Sachverhalte auch für Laien verständlich zu erklären und Hintergrundinformationen zusätzlich lieferst.
Die von Dir geführte Argumentationskette ist mir wohlbekannt und wird ja auch durch die Judikatur mehr oder weniger gestützt. Herrschende Meinung ist sie allerdings nicht. Schaue nur in andere Bundesländer, die natürlich derselben Finanzverfassung unterliegen.
Du argumentierst mehr formal-juristisch. Wenn das Prinzip der Gesamtdeckung uneingeschränkt Gütigkeit besäße, könnte man konsequenterweise die Beiträge und Gebühren abschaffen.... Aber, ich wiederhole mich hier.
Die Ansichten des Staatsminister kollidieren auch mit dem säschsKAG. Der uneingeschränkte Grundsatz der Gesamtdeckung passt nicht zur Vorschrift, dass Abschreibungsgegenwerte, die aus Wiederbeschaffungszeitwerten resultieren, zwingend einer Rücklage zuzuführen sind, damit Mittel zum Zeitpunkt der Ersatzbeschaffung zur Verfügung stehen. Warum sind die meisten Bundesländer und Kommunen hochverschuldet? Nicht weil sie ein Einnahmeproblem haben, sondern weil sie ein Ausgabeproblem haben und die Zweckbindung von Beiträgen und Gebühren nicht wahr haben wollen. Diese Leugnung wird durch das Prinzip der Gesamtdeckung gestützt.
Ich vermute einmal, dass wir beide uns letztlich nicht einig werden, was ich aber respektiere. Als teilweise Radikaler, ich vertrete z. B. den Standpunkt, dass natürliche und juristische Personen, die keine Überschüsse erzielen können oder dürfen, auch keine Schulden machen dürfen, denn sie haben die allergrößten Schwierigkeiten die Annuität zu bedienen.
Keine Regel ohne Ausnahme: Der Staat darf in konjunkturschwachen Zeiten Kredite aufnehmen, um die Binnennachfrage zu erhöhen, muss aber bei einer guten oder gar überhitzten Konjunktur massiv tilgen.
Das ist aber ein neues Thema und eine Außenseiterposition, die allerdings auch von einem Verfassungs- und Steuerrechtler vertreten wird. Nun weißt Du wie ich ticke.
Ein schönes Wochenende an die Küste und immer eine Handbreit Wasser unterm Kiel
Romulus
Romulus
 

Re: Kalkulation - Abwasser

Beitragvon Hansa am So 17. Jun 2018, 14:45

Hallo Romulus.
Da bin ich ganz bei Dir wenn darüber zu sprechen ist, ob und inwieweit wir alles als Gegeben dahinstehen lassen müssen. Das sollten wir nicht, denn einiges befindet sich ganz offensichtlich in einer "Endzeitstimmung". Wenn erst einmal das Fass zum Überlaufen gebracht worden ist, wird es zu spät sein. So haben wir vor 15 Jahren kein Festgeld angelegt, wenn wir nicht mindestens 3.5 % Zinsen erhielten. Heute sind wir froh, wenn die Negativzinsen nicht so hoch sind, der Euro noch nicht zusammengebrochen und bei einem Währungsschnitt das bissel verbliebene Sicherheit der Menschen nicht ganz den Bach herunter gegangen ist. Heute sind wir froh, wenn das Land gerade noch so regierbar geblieben ist und die Regierung ab nächster Woche nicht doch noch das Handtuch wirft.

Ja, Du hast mit deinen Gedanken Recht - wir befinden uns nicht nur in Deutschland und Europa in einer gewissen Endzeitstimmung - die nicht nur gutes verheißt. Das halte ich nicht für EXTREM und auch für keine EXTREME Anschauung. Ich halte es für EXTREM, wenn wir nicht dafür sorge tragen, dass das Fass überläuft UND ALLES SO LAUFEN LASSEN WIE ES IST: In vielen Bereichen unserer Gesellschaft steht das Wasser bereits Unterkante - Oberkante. Es schwappt schon hin und wieder über.

Aber:
Was Deine Frage zur Zweckbindung angeht, bleibt uns nicht viel anderes Übrig, als dem Staatsminister einmal Recht zu geben. Das alles ist auch keine Frage der formal juristischen Einschätzung oder der überwiegenden Rechtsprechung.

Schauen wir z. B. in die Kommunalhaushaltsverordnung des Freistaates Sachsen:

§ 18
Grundsatz Gesamtdeckung

(1) Soweit in dieser Verordnung nichts anderes bestimmt ist, dienen
1.
die Erträge des Ergebnishaushalts insgesamt zur Deckung der Aufwendungen des Ergebnishaushalts und
2.
die Einzahlungen des Finanzhaushalts insgesamt zur Deckung der Auszahlungen des Finanzhaushalts.
(2) Die Inanspruchnahme von Deckungsfähigkeiten (§ 19 Absatz 2 und § 20) und die Übertragung (§ 21) sind nur zulässig, wenn das geplante Gesamtergebnis nicht gefährdet ist und die Vorschriften des § 82 der Sächsischen Gemeindeordnung beachtet werden.

§ 19
Zweckbindung und unechte Deckungsfähigkeit

(1) Erträge sind auf die Verwendung für bestimmte Aufwendungen zu beschränken, soweit sich dies aus rechtlicher Verpflichtung ergibt. Sie können auf die Verwendung für bestimmte Aufwendungen beschränkt werden, wenn
1.
die Beschränkung sich aus der Herkunft oder Natur der Erträge ergibt oder
2.
ein sachlicher Zusammenhang dies erfordert und durch die Zweckbindung die Bewirtschaftung der Mittel erleichtert wird.
Zweckgebundene Mehrerträge dürfen für entsprechende Mehraufwendungen verwendet werden.
(2) Innerhalb eines Budgets können Mehrerträge die Ansätze für Aufwendungen im Ergebnishaushalt erhöhen, soweit im Haushaltsplan nichts anderes bestimmt ist. Im Haushaltsplan kann ferner bestimmt werden, dass Mehrerträge bestimmte Aufwendungsansätze des Ergebnishaushalts erhöhen oder Mindererträge bestimmte Aufwendungsansätze vermindern, wenn sie sachlich zusammenhängen. Von den Regelungen in den Sätzen 1 und 2 ausgenommen sind Erträge aus Steuern, allgemeinen Zuweisungen und Umlagen.
(3) Mehraufwendungen nach den Absätzen 1 und 2 gelten nicht als überplanmäßige Aufwendungen.
(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten für die Einzahlungen und die Auszahlungen des Finanzhaushalts entsprechend.

Also nach meiner festen Überzeugung konnte der Staatsminister keine andere Antwort geben. Er hätte in anderem Fall gleich dazusagen müssen, dass er sich nicht mehr an deutsches und sächsisches Gesetz gebunden fühlt. Und - da sind wir bei dem eigentlichen Problem. Aus meiner Sicht lag es an der Fragestellung selbst. Da muss man mehr erwarten können - wenn die Opposition in schwierigen Zeiten Fragen zu stellen hat, die die Regierenden tatsächlich in Erklärungsnot bringt. Für den Bereich des Abwassers gibt es eine Vielzahl von Fragen, die da tatsächlich gestellt werden müssen, sodass das Fass nicht ganz schnell überläuft. ;)
Hansa
 
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Re: Kalkulation - Abwasser

Beitragvon Hansa am Mo 18. Jun 2018, 10:16

Entschuldigung, das Problem des KAG hatte ich vergessen.

Was das SächsKAG betrifft, kann ich Deine Auffassung zu den Rücklagen so nicht teilen. Zunächst muss man erst einmal schauen, ob Rücklagen gebildet werden dürfen. Das ist ein hoch sensibles Thema, denn durch Rücklagen können Gewinne „verdeckt“ werden, welche u. a. durch die Gebühren und Beiträge im Abwasserrecht nicht statthaft sind. Hier ist also zunächst Vorsicht geboten.

Andererseits ist natürlich zu schauen, ob und in welcher Höhe Rücklagen gebildet werden können. Lässt z. B. die wirtschaftliche Situation die Rücklagenbildung nur bedingt oder nicht zu, dann werden objektive Probleme bei der Rücklagenbildung entstehen.

Zunächst ist erst einmal festzustellen, dass die Begriffe und Prinzipien des kommunalen Haushaltsrechts, u. a. betreffend der Rücklagen nicht kritiklos auf das Kommunalabgabenrecht übertragen werden dürfen, siehe auch SächsOVG, Urteil vom 21. April 2010 – Az. 5 D 15/04 und Beschluss vom 18. Dezember 2013 – Az. 4 A 271/12. Eine sorgfältige Beachtung dieses Grundsatzes ist vor allem dann wichtig, wenn in beiden Rechtsgebieten dieselben Begriffe Verwendung finden.
Beispielsweise ist kommunalhaushaltsrechtlich eine Rücklagenbildung generell zulässig, siehe § 85 SächsGemO und § 12 Abs. 1 Satz 1 SächsEigBVO, während gebührenrechtlich wegen des Kostenüberschreitungsverbots (hatte ich oben bereits erwähnt) nur dann Rücklagen gebildet werden dürfen, wenn das Gesetz dies ausdrücklich gestattet (Nachzulesen ist da u. a. beim SächsOVG, Urteil vom 3. Dezember 2008 – Az. 5 D 15/06). Deshalb hatte ich von Beginn an gesagt, bitte einmal "Butter bei die Fische", sodass wir einen Schritt weiter sind und wissen, wo das gesetzlich explizit verankert ist.

Wo sind Rücklagen nach KAG zu bilden:

§ 11 Abs. 2 Nr. 4 Satz 1 SächsKAG schreibt vor, Rückstellungen für den Nachsorge- und Rekultivierungsaufwand von Anlagen der Ver- und Entsorgung zu bilden. Der „Barwert des später anfallenden Nachsorge- und Rekultivierungsaufwands“ ist der Kapitalbetrag, der jedes Jahr erforderlich ist, um – zusammen mit den daraus zu erwartenden Zins- und Zinseszinseinnahmen – den anteiligen Nachsorge- und Rekultivierungsaufwand im Jahr des Anfalls der Ausgaben zu finanzieren. Die jährlich erforderlichen Barwerte sind nach finanzmathematischen Grundsätzen zu ermitteln. Die gebührenrechtlichen Rückstellungen sind auf der Basis möglichst realistischer Zinsprognosen zu berechnen. Ergeben sich daraus Abweichungen gegenüber dem Haushaltsrecht (siehe § 253 Abs. 2 des Handelsgesetzbuchs [HGB] in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 4100-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, das durch Artikel 13 des Gesetzes vom 15. Juli 2014 [BGBl. S. 934, 950] geändert worden ist), ist dies hinzunehmen.

Rücklagen zu Mehreinnahmen aus Kalkulationen mit Wiederbeschaffungszeitwerten?

Die Frage ist zunächst mit NEIN zu beantworten. Kommunalhaushaltsrechtlich sind die durch die Kalkulation mit Wiederbeschaffungszeitwerten erzielten Mehreinnahmen in der Doppik nicht der Rücklage zuzuführen, sondern in einen -Sonderposten für den Gebührenausgleich- einzustellen und zum Zeitpunkt ihres Einsatzes zur Finanzierung einer Ersatzinvestition in den -Sonderposten für erhaltene investive Umlagen- umzubuchen.

ABER:

Es ist natürlich erst einmal zu schauen, ob es tatsächlich durch die kalkulatorischen Abschreibungen überhaupt zu Mehreinnahmen kommt. Genau hier kommt das Problem der Tätigkeit der Organe. Hier ist auch für mich ein Ansatzpunkt, wo Veränderungen erforderlich werden könnten. Hier müssten in den Gemeinden und bei den Bürgermeistern „zwei Herzen in einer Brust“ vorhanden sein, was eben praktisch oft nur schwer oder eben nicht funktionieren kann - und das weiß man auch seit langem - hat aber bisher die notwendigen Änderungen nicht erwogen oder vollzogen. Es handelt sich um zwei unterschiedliche Wirtschaftskreise - die in ihrer Zweigestaltigkeit, nach meiner Auffassung einem "Konstruktionsfehler", bezüglich ihrer wirtschaftlichen Abgrenzung unterliegen. In den zwei Wirtschaftskreisen können unterschiedliche oder eben auch entgegenstehende Interessenlagen entstehen, die grundsätzlich voneinander abzugrenzen wären.

So kann man die "Gesellschafter" des Abwasserbetriebes von bestimmten Pflichten, wie z. B. der Nachschusspflicht möglichst "fernhalten" und den Bürger "zusätzlich" in die Pflicht nehmen. Und genau da, wäre ich z. B. wieder ganz bei Dir - ROMULUS. Und hier käme die Gesetzgebung von Bund - und Ländern in Betracht.

Mit dem Thema der Rücklagen lösen wir die eigentlichen Probleme noch nicht, die liegen tiefer. Deshalb war die Antwort des Staatsministers auch einfach. Die eigentlichen Probleme musste er mit der Fragenbeantwortung nicht lösen.
Hansa
 
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Re: Kalkulation - Abwasser

Beitragvon c_g am Di 19. Jun 2018, 08:14

frst hat am 31.5.18 geschrieben:“ …Wie hätte denn der Staatsminister aus deiner Sicht formulieren sollen?....
Ich hätte diesen letzten Satz in der kleinen Anfrage nicht geschrieben, es hätte die Beantwortung nicht schlechter gemacht!
Er ist aus meiner Sicht auch gefährlich:
1.
Die Beitragszahler könnten dazu sagen: „Wenn keine Verpflichtung der Aufgabenträger besteht Mittel für künftige Investitionen anzusparen, dann zahlt doch die Beiträge zurück. Ohne Beiträge keine refinanzierten Beiträge und damit keine Mittel (die ja Steuern sind) zur beliebigen Verwendung im Haushalt.
2.
Folgt man der Logik dieses Satzes, so ergibt sich: „Sind keine liquiden Mittel für künftige Investitionen angespart, also nicht vorhanden, dann können die nicht vorhandenen Mittel auch nicht zur Zinssenkung in der nächsten Anlagengeneration verwendet werden, was aber die Funktion der (refinanzierten) Beiträge als Kapitalzuschüsse ausmacht. Die Funktion der Beitragsverwendung würde damit untergraben!

frst hat am 1.6.18 geschrieben: ….„Nur - was sollte denn der Staatsminister in diesem Falle wirklich sagen?....“
Im Zusammenhang mit der Beantwortung der Kleinen Anfrage - Frage 5, bleibt festzustellen, dass das im kommunalen Haushaltsrecht geltende Gesamtdeckungsprinzip nicht mit dem Kostendeckungsprinzip im Kommunalabgabengesetz zusammen passt, speziell deshalb nicht, weil die refinanzierten Beiträge Ansparungen (für die nächste Anlagengeneration), aber keine freien Mittel sind.
Wird im sächs. KAG der verfassungsrechtliche Fehler behoben und Beiträge zu Ertragszuschüssen erklärt (oder keine Beiträge erhoben) fallen auch im Haushalt keine refinanzierte Beiträge als liquide Mittel zur allgemeinen Deckung an.
Meine Kommentierung: die Diskussion um dem letzten Satz der Kleinen Anfrage wird geführt, weil hier die „Rache einer bösen Tat“ sichtbar wird. Ich meine damit §1372 sächs. KAG: Beiträge nach §§ 17 bis 25 sind Kapitalzuschüsse! Keine Wirkung ohne Gegenwirkung!
Wenn wir den Misswirtschaftlern von gestern und heute nicht in die Arme fallen, werden sie morgen und in der Zukunft mit Sicherheit weiter Verschwendung und Ineffizient betreiben.
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Re: Kalkulation - Abwasser

Beitragvon frst am Di 19. Jun 2018, 10:31

Mahlzeit c_g.

Jetzt müssen wir aufpassen, dass wir nichts durcheinanderbringen.

Worum geht es beim Kostendeckungsprinzip:

Das Kostendeckungsprinzip im KAG besagt, dass die Höhe der Gebühren die Ausgaben decken sollen. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass ein Gewinn gerade nicht erzielt werden soll. Was bei den Kosten angesetzt werden kann, ist auch im SächsKAG – nicht abschließend- geregelt. Es geht also zunächst nicht um die Beitragszahler. Die Erläuterungen von Hansa fand ich dazu sehr einleuchtend und auch schlüssig. Deshalb braucht man diese auch nicht zu wiederholen.

Worum geht es Dir beim vermeintlichen "Wiederspruch zwischen Kostendeckungsprinzip des KAG und dem haushaltsrechtlichen Prinzip der Gesamtdeckung"?

Für mich erschließt sich bisher nicht, warum das Kostendeckungsprinzip des KAG mit dem haushaltsrechtlichen Prinzip der Gesamtdeckung "kollidieren" soll und was Du mit der "Reche der bösen Tat" in diesem Bezug eigentlich wirklich meinst.

Welchen verfassungsrechtlichen Fehler im KAG meinst Du genau?
frst
 
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Re: Kalkulation - Abwasser

Beitragvon Romulus am Sa 23. Jun 2018, 11:15

Hallo Hansa!
Jetzt bringst Du einiges durcheinander. Mache Dir bitte den Unterschied von Rücklagen und Rückstellungen klar. Dieser ist gewaltig. Rücklagen sind immer Eigenkapital. Rückstellungen sind immer Fremdkapital.
Der Sonderposten für den Gebührenausgleich ist eine unglückliche Bezeichnung in Gemeindehaushaltsverordnungen, die in einigen Bundesländern bereits korrigiert wurde. Zuviel eingenommene Gebühren sind zur späteren Verrechnung/Erstattung diesem Sopo zuzuführen. Dieser Sopo hat also eindeutig Fremdkapitalcharakter, ist also eine Rückstellung und eben kein Zwitter oder Sonderposten. Abschreibungsgegenwerte, die der Wiederbeschaffung dienen, sind eindeutig Eigenkapital und damit eine Rücklage und kein Zwitter, wie beispielsweise erhaltene Investitionszuschüsse (Sonderposten).
Der sächsische Gesetzgeber hat hier schlampig gearbeitet.

Gruß
Romulus
Romulus
 

Re: Kalkulation - Abwasser

Beitragvon Hansa am Mi 27. Jun 2018, 10:27

Hallo Romulus. Gut aufgepasst. In der Eile passiert so etwas manchmal. ;) An der dargestellten Sache ändert das aber nichts.
Hansa
 
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Re: Kalkulation - Abwasser

Beitragvon Romulus am Mi 27. Jun 2018, 13:50

Hallo Hansa und andere Kalkulationsfans!

Nehmen wie an:
Ein Rohrkanal wird Ende des Jahres 0 angeschafft/hergetellt (Erstinvestition).
Die Anschaffungs- und Herstellungskosten (AHK) betragen € 100.000,00.
Es gab weder Fördermittel noch Beiträge zum Betriebskapital (Vereinfachung).
Die € 100.000,00 wurden durch Eigenkapital finanziert (Vereinfachung).
Eine Eigenkapitalverzinsung fand nicht statt (Vereinfachung).
Das Jahr 1 ist das erste volle Jahr der Nutzung.
Preisindex für Rohrkanäle (i) lt. DESTATIS, Fachserie 17, Reihe 4, Feb. 2018, v. 09.4.2018, S. 26.
Abschreibungsmethode: linear.
Nutzungsdauer in Jahren 10.
Insgesamt über Gebühren verdiente Abschreibungen € 115.800,00.
Nur die Erlöse aus den verdienten Mehrabschreibungen € 15.800,00 wurden gemäß Sachsenrecht einer Rücklage zugeführt.
Wiederbeschaffungskosten zu Beginn des Jahres 11 € 115.800,00
Wie geht es im Jahr 11 weiter (Investition und Finanzierung des Ersatzes, Abschreibung und Abschreibungserlöse des Ersatzrohrkanals)?
Gruss
Romulus
Romulus
 

Re: Kalkulation - Abwasser

Beitragvon frst am Do 28. Jun 2018, 10:51

Hallo Romulus.

Du gehst davon aus, dass die Gebühren überwiegend kostendeckend erhoben werden. So sollte oder besser muss das vom Gesetz her auch sein. Nach der mir hier vorliegenden Statistik ist das aber nicht so. Insbesondere im ländlichen Räumen werden überwiegend NICHT - kostendeckende Gebühren erhoben. Das ist u. a. dann der Fall, wenn wirtschaftlich nicht zu rechtfertigende Leitungssysteme verlegt werden müssen, um die Anschlüsse auch 100 %-ig realisieren zu können. Auf diese Situation ist aber bereits reagiert worden, indem auch dezentrale Anlagen wieder gefördert werden. Leider reagieren die AZV darauf mit noch mehr Wettbewerbsdruck und Anschlusszwang, ohne zu erkennen, dass ihnen die unwirtschaftlichen Anlagen bereits mittelfristig "auf die Füße" fallen werden. Und in dieser Situation stecken wir gegenwärtig. Wird die Gebühr NICHT - kostendeckend erhoben (weil z. B. mit Macht nachgewiesen werden soll, dass die zentrale Entsorgung IMMER wirtschaftlicher ist oder eben weil man den Anschlusszwang - koste es was es wolle - durchsetzen möchte), dann geht das ganz schnell schief.

Es tritt noch hinzu, dass man lange Zeit geglaubt hat, dass zentrale Anlagen IMMER von der Abwassereinigungsqualität her besser sind, als dezentrale Anlagen. Es bestehen seit über 10 Jahren ernst zu nehmende Gutachten, die den zentralen Entwässerungsanlagen eine nur mittelmäßige bis schlechte Umweltverträglichkeit bescheinigen und der naturnahen Abwassereinigung im ländlichen Raum den Vorrang einräumen.
frst
 
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Re: Kalkulation - Abwasser

Beitragvon Romulus am Do 28. Jun 2018, 15:21

Hallo frst,
von Kostendeckung muss ich auch ausgehen, weil die Sollvorschrift ein MUSS ist. Es ist auch gerade eine Aufgabe der Daseinsvorsorge, lebensnotwendige Dinge und Leistungen bereitzustellen, die monetär betrachtet unwirtschaftlich sein können.
Bezüglich der Kostendeckung gibt es allerdings auch Ausnahmen. Benutzungsgebühren (z.B. Kita, Bibliotheken ...) dürfen in Ausnahmefällen auch sozialverträglich gestaltet werden oder eine Lenkungsfunktionen haben. Die Lücke muss dann über Steuern finanziert werden und nicht über andere Benutzungsgebühren. = Verbot der Quersubventionierung! Die Ver- und Entsorgung von Wasser und Müll erfolgt i.d.R. kostendeckend oder mit regelkonformen Produkt-Haushaltsüberschüssen aus der kalkulatorischen Verzinsung und/oder aus dem Ansatz von Wiederbeschaffungszeitwerten. Siehe Land auf und ab in die entsprechenden Produkthaushalte der Kommunen bzw. der Jahresabschlüsse von Eigenbetrieben, öffentlichen Versorgungsunternehmen etc.
Gruss
Romulus
Romulus
 

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